Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Das Tätigwerden des Gerichts setzt ein entsprechendes Ersuchen durch die Finanzbehörde voraus. An dieses Ersuchen ist das Gericht grundsätzlich gebunden. Es hat aber zu prüfen, ob das Ersuchen der Finanzbehörde den formellen Anforderungen genügt (BFH v. 26.09.1995, VII B 148/95, BFH/NV 1996, 200 m. w. N.). Das FG braucht dem Ersuchen z. B. dann nicht zu folgen, wenn die Finanzbehörde eine eidliche Vernehmung einer Person verlangt, die entweder nicht auskunftsfähig ist oder der die Eidesfähigkeit fehlt (§ 393 ZPO i. V. m. § 82 FGO). Nicht Gegenstand der formellen Prüfung ist, ob die begehrte eidliche Vernehmung sinnvoll erscheint und ermessensgerecht ist. Die Würdigung der Vernehmungsergebnisse obliegt der FinVerw im Rahmen des Besteuerungsverfahrens. Einwendungen dagegen kann der Stpfl. im dagegen gerichteten Rechtsbehelfsverfahren geltend machen.

 

Tz. 6

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Zuständig ist primär das für den Wohnsitz oder Aufenthaltsort der zu vernehmenden Person zuständige Finanzgericht, d. h. dasjenige Finanzgericht, in dessen Bezirk sich Wohnsitz oder Aufenthaltsort der zu beeidigenden Person befindet. Um dem Betroffenen weite Reisen zu ersparen, lässt § 94 Abs. 1 Satz 2 AO zu, dass das zuständige Amtsgericht um die eidliche Vernehmung ersucht wird, wenn sich der Wohnsitz oder Aufenthaltsort der zu beeidigenden Person nicht am Sitz eines Finanzgerichts oder eines besonders errichteten Senats befindet. Ob die Finanzbehörde von dieser Möglichkeit nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen Gebrauch macht, wird unter Abwägung aller Umstände zu entscheiden sein. Insbesondere wird dabei zu berücksichtigen sein, ob nach Art und Umfang des aufzuklärenden Sachverhalts die besondere Sachkunde des Finanzgerichts der Wahrheitsfindung dienlicher ist.

Innerhalb des ersuchten Finanzgerichts richtet sich die Zuständigkeit nach der Geschäftsverteilung. Der zuständige Richter – nicht der Senat – führt die Einvernahme durch und hat infolgedessen auch Terminbestimmung und Ladung vorzunehmen (s. § 158 FGO). Desgleichen hat er die Auskunftsperson zu beeidigen. Ob über die Rechtmäßigkeit einer Verweigerung des Zeugnisses oder der Eidesleistung der Einzelrichter oder der Senat entscheidet (§ 158 Satz 2 FGO), ist umstritten; hierzu s. Rz. 9.

Die eidliche Vernehmung vor dem Finanzgericht ist für die damit befassten Richter keine Mitwirkung beim Verwaltungsverfahren i. S. des § 51 Abs. 2 FGO.

 

Tz. 7

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Das an das Gericht zu richtende Ersuchen muss den Gegenstand der Vernehmung sowie die Namen und Anschriften der Beteiligten angeben (§ 94 Abs. 2 Satz 1 AO). Nicht erwähnt, aber selbstverständlich ist auch die Angabe des Namens und der ladungsfähigen Anschrift der zu vernehmenden Person. Bei der Angabe des Gegenstandes der Vernehmung ist eine zu knappe Bezeichnung des Beweisthemas untunlich, weil dem Gericht eine eigenverantwortliche zweckdienliche Ausdehnung der Befragung schon mangels Aktenkenntnis nicht möglich wäre und kaum sinnvoll erscheint. Im Übrigen ist das Gericht auch hinsichtlich des Umfangs der Vernehmung an das Ersuchen der Behörde gebunden, eine eigenständige Sachverhaltsermittlung also nicht möglich. Eine Mitübersendung der Akten ist nicht vorgeschrieben. Sie dürfte jedoch zulässig sein, wenn die besonderen Umstände der Einvernahme es erfordern (z. B. wenn der Auskunftsperson Vorhaltungen hinsichtlich früherer Auskünfte vor der Behörde gemacht werden sollen). In der Aktenüberlassung an das Gericht kann keine Verletzung des Steuergeheimnisses liegen, da die Offenbarung nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 AO gerechtfertigt ist.

 

Tz. 8

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Nach Eingang des Ersuchens hat der zuständige Richter einen Termin zu bestimmen und die zu beeidigende Person zu laden. Die Einhaltung einer Ladungsfrist ist nicht vorgesehen. Ferner sind die Beteiligten und die ersuchende Finanzbehörde vom Termin zu benachrichtigen. Die Ladung der zu beeidigenden Person muss die Namen der Beteiligten und der ersuchenden Finanzbehörde, den Gegenstand der Vernehmung und die Anweisung enthalten, zur Ablegung des Zeugnisses bei Vermeidung der durch das Gesetz angedrohten Strafen in dem nach Zeit und Ort bezeichneten Termin zu erscheinen (entsprechende Anwendung von § 377 Abs. 2 ZPO). Darüber hinaus erfordert die Gewährung des rechtlichen Gehörs den Hinweis, dass die Einvernahme auf einem Ersuchen der Finanzbehörde gem. § 94 AO beruht und die Auskunftsperson ihre Aussage zu beeidigen hat. Die eidliche Vernehmung durch den zuständigen Richter erfolgt unter entsprechender Anwendung der für gerichtliche Zeugenvernehmung geltenden Verfahrensvorschriften (insbes. s. § 82 FGO und die dort aufgeführten Vorschriften der ZPO). Nach § 94 Abs. 2 Satz 3 AO sind die Beteiligten und die ersuchende Finanzbehörde berechtigt, während der Vernehmung Fragen zu stellen. Wegen der Eidesnorm § 392 ZPO, wegen der Eidesformel §§ 481 bzw. 484 ZPO.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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