Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zinsschuldner ist nach § 235 Abs. 1 Satz 2 AO derjenige, zu dessen Vorteil die Steuern hinterzogen worden sind, also der – steuerliche – Nutznießer der Straftat (s. BFH v. 19.03.1998, V R 54/97, BStBl II 1998, 466). Dies ist nicht notwendig der Täter, sondern der Schuldner der hinterzogenen Steuer, auch wenn er an der Tat nicht mitgewirkt hat. Der objektive Vorteil der durch die Steuerhinterziehung bewirkten verspäteten Steuerzahlung kann nicht dadurch als "kompensiert" gelten, dass wirtschaftliche Nachteile mit der Tat eines Dritten für den Steuerschuldner verbunden sind (BFH v. 31.07.1996, XI R 82/95, BStBl II 1996, 554), wie auch andere Vermögenseinbußen mit dem Zinsvorteil nicht verrechnet werden können (BFH v. 19.04.1989, X R 3/86, BStBl II 1989, 596).
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Im Falle einer Steuerhinterziehung in Form der Nichterfüllung einer Verpflichtung zur Abführung einbehaltener Steuern an die Finanzbehörde oder zur Entrichtung von Steuern zulasten eines anderen ist derjenige Zinsschuldner, der die genannten Pflichten verletzt hat (§ 235 Abs. 1 Satz 3 AO). Hiernach ist Zinsschuldner der Arbeitgeber hinsichtlich der von ihm einbehaltenen und vorsätzlich nicht abgeführten LohnSt, der Schuldner der Kapitalerträge hinsichtlich der entsprechenden KapErtrSt u. a. m. Nicht unter § 235 Abs. 1 Satz 3 AO fallen jedoch die gesetzlichen Vertreter usw. (§ 34 AO) und die Verfügungsberechtigten (§ 35 AO), also z. B. nicht der Geschäftsführer einer GmbH, der Steuern zum Vorteil der GmbH hinterzieht (BFH v. 18.07.1991, V R 72/87, BStBl II 1991, 781) und nicht der Geschäftsführer einer KG, der Lohnsteuer vorsätzlich nicht einbehält, anmeldet und abführt (BFH v. 27.09.1991, VI R 159/89, BStBl II 1992, 163; BFH v. 18.06.1993, VI R 83/91, BFH/NV 1991, 708). Unberührt bleibt die in § 71 AO letzter HS angeordnete Haftung derjenigen, die eine Steuerhinterziehung begehen oder an einer solchen Tat teilnehmen für diejenigen Hinterziehungszinsen, für die nach § 235 Abs. 1 Satz 2 oder 3 AO ein anderer Zinsschuldner ist.
Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Wird die Steuer gesamtschuldnerisch geschuldet, ist jeder der Gesamtschuldner auch Zinsschuldner. Bei zusammenveranlagten Ehegatten gilt dies auch dann, wenn nur einer der Ehegatten den Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt hat; gegen die Ehegatten kann daher ein zusammengefasster Zinsbescheid ergehen (BFH v. 13.10.1994, IV R 100/93, BStBl II 1995, 484). Im Rahmen des Auswahlermessens kann das FA auch nur einen der Ehegatten in Anspruch nehmen; allerdings bedarf es stets der Prüfung, ob das FA sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat. Die Inanspruchnahme kann u. U. dann unterbleiben, wenn der abzuschöpfende wirtschaftliche Vorteil nur bei dem anderen Ehegatten eintritt (BFH v. 02.02.2010, II B 46/09, BFH/NV 2010, 837).