1. Ort der Urkundsvorlage
Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ist das Vorlageverlangen nach den § 97 Abs. 1 AO zulässig, sind die Urkunden grundsätzlich an Amtsstelle vorzulegen (§ 97 Abs. 2 Satz 1 AO). Die Vorlage kann durch Übergabe der Unterlagen oder durch deren Übersendung erfolgen. Der Stpfl. hat keinen Rechtsanspruch darauf, dass die Prüfung der vorgelegten Unterlagen in seinem Beisein erfolgt (FG Ha v. 12.02.1981, 134/80, II EFG 1981, 542; FG Ha v. 21.12.1998, VI 170/98 – juris). Vielmehr muss der Stpfl. die Unterlagen der Finanzbehörde ggf. zum vorübergehenden ausschließlichem Gewahrsam zum Zwecke der Prüfung überlassen. Eine Einsichtnahme bei dem Vorlagepflichtigen kommt nur in Frage, wenn dieser einverstanden ist oder die Urkunden für eine Vorlage an Amtsstelle ungeeignet sind. Die letztere Voraussetzung kann z. B. dadurch gegeben sein, dass die Urkunden nur unter Einsatz technischer Hilfsmittel gelesen werden können, die allein beim Vorlagepflichtigen vorhanden sind und mit zumutbarem Aufwand auch nicht an die Amtsstelle verbracht werden können. Hinsichtlich der Besonderheiten bei Datenträgern und Datenfernübertragung verweist § 97 Abs. 2 Satz 2 AO auf den entsprechend geltenden § 147 Abs. 5 AO. Wegen des Rechts, bei fremdsprachlichen Urkunden usw. die Vorlage einer Übersetzung zu verlangen, s. § 87 Abs. 2 AO. Soweit Urkunden durch Dritte vorgelegt sind, kann die Finanzbehörde von diesen nicht die Vorlage einer Übersetzung verlangen oder gar sich auf deren Kosten eine Übersetzung beschaffen (gl. A. Seer in Tipke/Kruse, § 97 AO Rz. 3).
2. Vorlageverlangen
Tz. 9
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Vorlage von Urkunden muss verlangt werden. In dem Vorlageverlangen muss nicht nur deutlich gemacht werden, ob die Urkunden für die Besteuerung desjenigen benötigt werden, der zur Vorlage aufgefordert ist, oder für die Besteuerung eines Dritten, sondern es ist auch auf die Voraussetzungen und die Ermessenserwägungen einzugehen. Wird ein Dritter zur Vorlage aufgefordert, ist u. E. dem Beteiligten regelmäßig rechtliches Gehör zu gewähren, denn das Vorlageverlangen ist Verwaltungsakt. Gegen das Verlangen der Behörde nach Vorlage von Urkunden usw. ist der außergerichtliche Rechtsbehelf des Einspruchs (§ 347 AO) gegeben. Der Einspruch hat keine aufschiebende Wirkung. Vorläufiger Rechtsschutz ist durch Aussetzung der Vollziehung (§ 361 AO, § 69 FGO) zu gewähren.
Das Vorlageverlangen ist grundsätzlich nach §§ 328ff. AO erzwingbar. Es steht im pflichtgemäßen Ermessen unter Abwägung aller Umstände, insbes. auch der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit, ob die Behörde das Verlangen in dieser Weise durchsetzt oder ob sie das Verhalten würdigt. Schätzung ist jedenfalls zulässig, wenn der Beteiligte dem Vorlageverlangen nicht nachkommt (§ 162 Abs. 2 AO).