Tz. 31
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Behörden, die neben den Finanzbehörden zu einem Kontenabruf berechtigt sind, sind in § 93 Abs. 8 AO aufgezählt. Auch diese Behörden dürfen den Abruf nur über das Bundeszentralamt für Steuern vornehmen. Eine Einschaltung der Finanzbehörden ist ebenso wenig vorgesehen wie eine "Zweitverwertung" von Daten, die die Finanzbehörden durch einen eigenen Abruf erlangt haben. Gerichte zählen nicht zum Kreis der abrufberechtigten Behörden. Die gesetzliche Aufzählung ist abschließend. Damit soll den vom BVerfG aufgestellten Anforderungen an die Normklarheit Rechnung getragen werden.
Tz. 32
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zum Abruf berechtigt sind die Verwaltung
- der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II, § 93 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1a AO
- der Sozialhilfe nach dem SGB XII, § 93 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1b AO
- der Ausbildungsförderung nach dem BAföG, § 93 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1c AO
- der Aufstiegsfortbildungsförderung nach dem AFBG, § 93 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1d AO, und
- des Wohngeldes nach dem WohngeldG, § 93 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1e AO.
Es handelt sich sämtlich um Behörden der Leistungsverwaltung, die bei der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen in der Regel zu prüfen haben, ob gewisse Einkommens- oder Vermögensgrenzen überschritten sind. Deshalb setzt der Abruf auch voraus, dass er zur Überprüfung der Anspruchsvoraussetzungen erforderlich ist. Wie die Finanzbehörden müssen auch die nach Abs. 8 berechtigten Behörden sich zunächst mit einem Auskunftsersuchen an den Betroffenen wenden und können erst dann auf den Kontenabruf übergehen, wenn das Ersuchen an den Betroffenen nicht zum Erfolg geführt hat oder keinen Erfolg verspricht. Damit stellt § 93 Abs. 8 AO eine besondere Verpflichtung von Behörden auf, die ansonsten nicht im Anwendungsbereich der AO tätig werden.
Tz. 33
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Über den Bereich der Leistungsverwaltung hinaus ist nach § 93 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 AO ein Kontenabruf für die Polizeivollzugsbehörden des Bundes und der Länder möglich, soweit dies zur Abwehr einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist. Es handelt sich um eine generalklauselartige Regelung, die nicht erst im repressiven Bereich, sondern schon in der Prävention zur Anwendung kommen kann. Dabei reicht nicht jede vage Gefährdung des Rechtsguts der öffentlichen Sicherheit, also des Staates und seiner Rechtsordnung, aus, das Gesetz erfordert eine erhebliche Gefahr. Ob diese Grenze überschritten ist, wird sich nur im Einzelfall feststellen lassen. Darüber hinaus muss der Abruf zur Abwehr der Gefahr erforderlich sein.
Tz. 34
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 93 Abs. 8 Satz 1 Nr. 3 AO erweitert den Anwendungsbereich des Kontenabrufs auf die Verfassungsschutzbehörde der Länder. Allerdings muss der Abruf ausdrücklich in landesgesetzlichen Regelungen zugelassen und für die Aufgabenerfüllung erforderlich sein.
Tz. 35
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Durch § 93 Abs. 8 Satz 2 AO wird schließlich die Möglichkeit des Kontenabrufs auf die Vollstreckungsbehörden der Länder erstreckt, soweit sie nach den Vollstreckungsgesetzen der Länder vollstrecken. Allerdings ist eine routinemäßige Abfrage nicht zulässig. Der Abruf ist erst in einem späten Stadium des Vollstreckungsverfahrens möglich, nämlich wenn der Vollstreckungsschuldner der Pflicht zur Erteilung einer Vermögensauskunft nicht nachkommt oder aufgrund der Vermögensauskunft eine Befriedigung der Forderung nicht zu erwarten ist.
Soweit mit dem Abruf andere als die im Gesetz genannten Zwecke verfolgt werden sollen, ist ein Abruf nur zulässig, soweit dies durch ein Bundesgesetz ausdrücklich zugelassen ist. Dies stellt § 93 Abs. 8 Satz 3 AO ausdrücklich klar. Durch landesgesetzliche Regelungen allein kann eine Abrufmöglichkeit nicht geschaffen werden.
Tz. 36
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Auch beim Abruf nach § 93 Abs. 8 AO steht dem Bundeszentralamt nur eine Prüfung der Plausibilität des Abrufersuchens zu. Dazu gehört auch die Prüfung, ob eine vom Gesetz ermächtigte Behörde den Abruf begehrt. Ist dies nicht der Fall, ist das Ersuchen zurückzuweisen. Ein Rechtbehelf gegen die zurückweisende Entscheidung dürfte der ersuchenden Behörde in der Regel nicht zustehen, da sie durch die Verweigerung nicht in ihrem eigenen Rechtskreis betroffen ist.