1. Festgestellte Rechtswidrigkeit eines Ermittlungen anordnenden Verwaltungsakts
Tz. 23
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Liegt materiellrechtlich ein Verwertungsverbot vor, hängt seine Durchsetzung davon ab, dass die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts (Prüfungsanordnung usw.), der der Ermittlungsmaßnahme zugrunde liegt, in einem Rechtsbehelfsverfahren festgestellt – ggf. durch Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 100 Abs. 4 FGO; s. Rz. 12) – oder der Verwaltungsakt deswegen aufgehoben worden ist (sog. zweistufiges Verfahren; st. Rspr.: u. a. BFH v. 21.04.1993, X R 112/91, BStBl II 1993, 649; AEAO zu § 196, Nr. 2 Satz 1; Kuhfus/Schmitz, BB 1996, 1468, 1470). Geschieht das nicht, ist er nach § 124 Abs. 2 AO wirksam. In Fällen, in denen aus formellen Gründen die Prüfungsanordnung aufgehoben oder ihre Rechtswidrigkeit festgestellt worden ist und die Auswertung in einer unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden oder erstmaligen Steuerfestsetzung erfolgt, führt dies jedoch nicht zu einem Verwertungsverbot (u. a. AEAO zu § 196, Nr. 2 Satz 4; Gosch in Gosch, § 196 AO Rz. 143 mit krit. Anm.; auch s. Rz. 21).
Tz. 24
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Verwaltungsakte im Außenprüfungsverfahren sind u. a.
- mit der Androhung von Zwangsmitteln versehene Auskunfts- und Vorlageverlangen als Vorbereitungsmaßnahme für die Außenprüfung (BFH v. 28.09.2011, VIII R 8/09, BStBl II 2012, 395),
- die Prüfungsanordnung (s. Tormöhlen, AO-StB 2013, 192 mit Beispielen von Einwendungen),
- die Festlegung des Prüfungsbeginns und des Prüfungsortes (BFH v. 19.06.2007, VIII R 99/04, BStBl II 2008, 7; AEAO zu § 196, Nr. 1 Satz 2, z. T. m. w. N.; Tormöhlen, AO-StB 2013, 192, 194),
- die Aufforderung zur Datenüberlassung nach § 147 Abs. 6 AO (BFH v. 24.06.2009, VIII R 80/06, BStBl II 2010, 452 m. w. N.),
- die Anordnung der Beteiligung anderer Behörden (Gosch in Gosch, § 196 AO Rz. 107),
- die Erweiterung einer Außenprüfung (s. Rz. 4; Gosch in Gosch, § 196 AO Rz. 107),
- die Beauftragung einer anderen Finanzbehörde mit der Außenprüfung, wenn sie dem Betroffenen zusammen mit der Prüfungsanordnung durch die beauftragende Finanzbehörde bekannt gegeben wird (s. § 195 AO Rz. 7),
- Mitwirkungsverlangen, die mit einer Rechtsbehelfsbelehrung oder mit der Androhung von Zwangsmitteln versehen sind,
- die Übergangsanordnung nach § 27b Abs. 3 Satz 2 UStG (UStAE 27b Abschn. 1 Abs. 9 Satz 8),
- Ablehnung der Durchführung einer Schlussbesprechung (BFH v. 16.12.1987, I R 66/84, BFH/NV 1988, 319; Seer in Tipke/Kruse, Vor § 193 AO Rz. 33; Tormöhlen, AO-StB 2013, 192, 195).
Verwaltungsakte mit Ermittlungscharakter sind ferner zu sehen in allen Anordnungen nach den §§ 93ff. AO (von Wedelstädt, AO-StB 2001, 52, 53 m. w. N.). Zur Benennung des Namens des Prüfers s. § 197 AO Rz. 7.
Tz. 25
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Sind die Erkenntnisse schon in einer Steuerfestsetzung oder Steuerfeststellung ausgewertet, muss diese zusätzlich angefochten werden, um das Verwertungsverbot durchzusetzen (BFH v. 12.01.1995, IV R 83/92, BStBl II 1995, 488; AEAO zu § 196, Nr. 2 Satz 2 m. w. N.).
2. Fehlender oder nichtiger Verwaltungsakt
Tz. 26
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Ist die Ermittlungsmaßnahme kein Verwaltungsakt, sondern ein Realakt, muss das materiellrechtlich relevante Verwertungsverbot unmittelbar im Rechtsbehelfsverfahren gegen die die Erkenntnisse auswertenden Steuerfestsetzung oder -feststellung geltend gemacht werden (BFH v. 14.08.1985, I R 188/82, BStBl II 1986, 2; Kuhfus/Schmitz, BB 1996, 1468, 1469).
Tz. 27
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Keine Verwaltungsakte im Außenprüfungsverfahren sind u. a.:
- die Einteilung in eine Größenklasse, auch wenn der Prüfungsturnus davon abhängt,
- die Aufnahme des Steuerfalles in den Prüfungsgeschäftsplan,
- die Bestimmung des Betriebsprüfers (umstritten; s. § 197 AO Rz. 7),
- Prüfungsanfragen und schriftliche Aufforderungen zur Mitwirkung wie die Bitte des Prüfers, einen Raum zur Verfügung zu stellen, Buchführungsunterlagen und Belege bereitzustellen, Aufklärung über bestimmte Sachverhalte zu geben (s. § 200 AO Rz. 10),
- Befragung von Betriebsangehörigen (Tormöhlen, AO-StB 2013, 192, 194),
- die Terminierung und Durchführung von Besprechungen und Schlussbesprechungen (Tormöhlen, AO-StB 2013, 192, 194),
- die Fertigung von Kontrollmitteilungen (s. § 194 AO Rz. 24),
- der Hinweis nach § 201 Abs. 2 AO, dass die steuerstraf- oder steuerbußgeldrechtliche Würdigung der Feststellungen einem besonderen Verfahren vorbehalten bleibt (AEAO zu § 201, Nr. 6 Satz 4),
- die Einleitung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens (Tormöhlen, AO-StB 2013, 192, 194),
- die Fertigung und Übersendung des Prüfungsberichtes (Tormöhlen, AO-StB 2013, 192, 194),
- der Betriebsprüfungsbericht selbst (s. § 202 AO Rz. 1); zur die Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO s. § 202 AO Rz. 2).
Tz. 28
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Keine Verwaltungsakte sind ferner prüfungsleitende Maßnahmen, die auf der Mitwirkungspflicht des Stpfl. beruhen und nicht in Gestalt eines Verwaltungsakts ergehen, wie die Anforderung von Buchführungsunterlagen und Belegen, das Befragen von Betriebsangehörigen, das Ausfertigen von Kontrollmitteilungen, Terminierung...