Tz. 24
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Soweit in Übereinstimmung mit Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG die Verwaltung der Realsteuern den Gemeinden übertragen worden ist (s. Rz. 22), hat der Bund gem. Art. 108 Abs. 5 Satz 2 GG die Gesetzgebungskompetenz für das Verfahren (s. §§ 25ff. GrStG, §§ 16ff. GewStG). Hierfür regelt § 1 Abs. 2 AO im Einzelnen, inwieweit die AO anwendbar ist (s. § 3 AO Rz. 37). In dem in sieben Nummern zusammengefassten abschließenden Katalog fehlen im Wesentlichen nur die Vorschriften der AO über die Vollstreckung (§§ 249ff. AO) und das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren (§§ 347ff. AO).
Tz. 25
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Ausschluss der Vorschriften über die Vollstreckung (§§ 249–346 AO, BayVGH v. 05.08.1998, 4 C 97/2908, NVwZ – RR 1999, 619) folgt der Zweckmäßigkeitserwägung, den Gemeinden die Vollstreckung nach den Landesvorschriften (VwVG) zu gestatten, die sie auch sonst zur Vollstreckung anwenden. Ebenso wenig gelten die Vorschriften des 7. Teils über das außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren (§§ 347–368 AO) mit Ausnahme der §§ 351, 361 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 AO (§ 1 Abs. 2 Nr. 6 AO). Es gilt also grds. das Widerspruchsverfahren nach §§ 68ff. VwGO und die Klage vor dem VerwG (§ 40 Abs. 1 VwGO; s. § 33 FGO Rz. 4). Es wurde die Tradition berücksichtigt, dass der Rechtsweg in Realsteuersachen, soweit die Gemeinden zuständig sind, zu den allgemeinen VerwG führt (BFH v. 13.02.1990, VIII R 188/85, BStBl II 1990, 582), sodass das in der VwGO geregelte außergerichtliche Rechtsbehelfsverfahren des Widerspruchs vorzuschalten war.
Tz. 26
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Das Problem der hierbei möglichen Überschneidung mit § 110 AO, der durch § 1 Abs. 2 Nr. 3 AO für Widerspruchsverfahren gegen GewSt- oder GrSt-Messbescheide nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist, ist in Übereinstimmung mit der amtlichen Gesetzesbegründung (BT-Drs. VI/1982) in der Weise zu lösen, dass für das Widerspruchsverfahren § 70 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 60 VwGO den Vorrang hat (so auch Musil in HHSp, § 1 AO Rz. 74; Seer in Tipke/Kruse, § 1 AO Rz. 45; a. A. Koenig in Koenig, § 1 AO Rz. 22).
Tz. 27
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 1 Abs. 2 Nr. 6 AO ergänzt die Vorschriften der VwGO über das Widerspruchsverfahren durch die der VwGO fremden Bestimmungen über die beschränkte Anfechtbarkeit von geänderten Verwaltungsakten, von Folgebescheiden (§ 351 AO) und über die Vollziehung bzw. deren Aussetzung bei den Folgebescheiden (§ 361 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 AO). Folgerungen hinsichtlich der Anwendbarkeit der für das finanzgerichtliche Verfahren geltenden entsprechenden Bestimmungen der FGO (§ 42 FGO, § 69 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 4–6 FGO) können hieraus nicht gezogen werden; vielmehr gelten für den allgemeinen Verwaltungsprozess ausschließlich die Regelungen der VwGO.