Tz. 9
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Für den Beweis durch Vernehmung der Beteiligten verweist § 82 FGO lediglich auf die §§ 450 bis 455 ZPO. Anstelle der §§ 445 bis 449 ZPO gilt im finanzgerichtlichen Verfahren § 81 Abs. 1 FGO.
§ 450 ZPO Beweisbeschluss
(1) Die Vernehmung einer Partei wird durch Beweisbeschluss angeordnet. Die Partei ist, wenn sie bei der Verkündung des Beschlusses nicht persönlich anwesend ist, zu der Vernehmung unter Mitteilung des Beweisbeschlusses persönlich durch Zustellung von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.
(2) Die Ausführung des Beschlusses kann ausgesetzt werden, wenn nach einem Erlass über die zu beweisende Tatsache neue Beweismittel vorgebracht werden. Nach Erhebung der neuen Beweise ist von der Parteivernehmung abzusehen, wenn das Gericht die Beweisfrage für geklärt erachtet.
§ 451 ZPO Ausführung der Vernehmung
Für die Vernehmung einer Partei gelten die Vorschriften der §§ 375, 376, 395 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und der §§ 396, 397, 398 entsprechend.
§ 452 ZPO Beeidigung der Partei
(1) Reicht das Ergebnis der unbeeidigten Aussage einer Partei nicht aus, um das Gericht von der Wahrheit oder Unwahrheit der zu erweisenden Tatsache zu überzeugen, so kann es anordnen, dass die Partei ihre Aussage zu beeidigen habe. Waren beide Parteien vernommen, so kann die Beeidigung der Aussage über dieselben Tatsachen nur von einer Partei gefordert werden.
(2) Die Eidesnorm geht dahin, dass die Partei nach bestem Wissen die reine Wahrheit gesagt und nichts verschwiegen habe.
(3) Der Gegner kann auf die Beeidigung verzichten.
(4) Die Beeidigung einer Partei, die wegen wissentlicher Verletzung der Eidespflicht rechtskräftig verurteilt ist, ist unzulässig.
§ 453 ZPO Beweiswürdigung bei Parteivernehmung
(1) Das Gericht hat die Aussage der Partei nach § 286 frei zu würdigen.
(2) Verweigert die Partei die Aussage oder den Eid, so gilt § 446 entsprechend.
§ 454 ZPO Ausbleiben der Partei
(1) Bleibt die Partei in dem zu ihrer Vernehmung oder Beeidigung bestimmten Termin aus, so entscheidet das Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere auch etwaiger von der Partei für ihr Ausbleiben angegebener Gründe, nach freiem Ermessen, ob die Aussage als verweigert anzusehen ist.
(2) War der Termin zur Vernehmung oder Beeidigung der Partei vor dem Prozessgericht bestimmt, so ist im Falle ihres Ausbleibens, wenn nicht das Gericht die Anberaumung eines neuen Vernehmungstermins für geboten erachtet, zur Hauptsache zu verhandeln.
§ 455 ZPO Prozessunfähige
(1) Ist eine Partei nicht prozessfähig, so ist vorbehaltlich der Vorschrift im Absatz 2 ihr gesetzlicher Vertreter zu vernehmen. Sind mehrere gesetzliche Vertreter vorhanden, so gilt § 449 entsprechend.
(2) Minderjährige, die das sechzehnte Lebensjahr vollendet haben, können über Tatsachen, die in ihren eigenen Handlungen bestehen oder Gegenstand ihrer Wahrnehmung gewesen sind, vernommen und auch nach § 452 beeidigt werden, wenn das Gericht dies nach den Umständen des Falles für angemessen erachtet. Das Gleiche gilt von einer prozessfähigen Person, die in dem Rechtsstreit durch einen Betreuer oder Pfleger vertreten wird.
Tz. 10
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 82 FGO i. V. m. §§ 450 bis 455 ZPO gilt nicht für die Anhörung der Beteiligten. Die Beteiligtenvernehmung ist nur ein letztes Hilfsmittel zur Aufklärung des Sachverhalts und kommt nur dann in Betracht, wenn kein anderes Beweismittel zur Verfügung steht. Sie stellt nur ausnahmsweise ein taugliches Beweismittel dar (z. B. BFH v. 04.06.2012, VI B 10/12, BFH/NV 2012, 1475; BFH v. 17.08.2012, III B 38/12, BFH/NV 2012, 1988). Die Beteiligtenvernehmung dient nicht dazu, dem Beteiligten Gelegenheit zu geben, seine eigenen Behauptungen zu bestätigen und ggf. zu beeiden. Sie kann unterbleiben, wenn sich das Gericht mit Hilfe anderer Beweismittel eine Überzeugung bilden kann oder wenn keine Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Vorbringens spricht (z. B. BFH v. 04.06.2012, VI B 10/12, BFH/NV 2012, 1475; BFH v. 17.08.2012, III B 38/12, BFH/NV 2012, 1988). Eine beantragte Vernehmung als Beteiligter kann der Sache nach unterbleiben, wenn die Richtigkeit des Vorbringens des Beteiligten unwahrscheinlich ist (BFH v. 04.11.2009, IX B 166/09, BFH/NV 2010, 234). Zudem ist eine Beteiligtenvernehmung regelmäßig kein sich aufdrängendes Beweismittel, weil ein Beteiligter ohnehin im Verfahren alle ihm bekannten Umstände darlegen kann und sie im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht auch darzulegen hat (BFH v. 21.10.2010, VIII B 107/09, BFH/NV 2011, 282). In der unterlassenen Beteiligtenvernehmung liegt regelmäßig kein die Revisionszulassung begründender Verfahrensmangel (BFH v. 21.10.2010, VIII B 107/09, BFH/NV 2011, 282).