Katharina Wagner, Dr. Klaus J. Wagner
1. Form und Verfahren
Tz. 27
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Entscheidung des BFH ergeht nach § 116 Abs. 5 Satz 1 FGO durch Beschluss ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung, also in der Besetzung mit drei Richtern; findet ausnahmsweise eine mündliche Verhandlung statt, in der Besetzung mit fünf Richtern (§ 10 Abs. 3 FGO). Gegenstand der Entscheidung ist nicht die Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung, sondern die Frage, ob die Voraussetzungen für die Revisionszulassung gegeben sind. Die Zulassung enthält damit keine Vorgabe für die anschließende Entscheidung über die Revision. Dies hat u. E. auch bei einer Verfahrensrüge zu gelten, auch wenn der BFH bei einer Prüfung, ob ein Verfahrensmangel vorliegt, die Erfolgsaussichten des künftigen Rechtsmittels mit berücksichtigen will (zur Kritik s. § 115 FGO Rz. 31).
Der BFH hat die Zulässigkeit und die Begründetheit der NZB zu prüfen; nur ausnahmsweise soll auf die Prüfung der Zulässigkeit verzichtet werden können, wenn die Beschwerde "jedenfalls unbegründet" ist (BFH v. 11.02.1987, II B 140/86, BStBl II 1987, 344; BFH v. 11.03.2011, III B 30/10, BFH/NV 2011, 998).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung durch den BFH ist dessen Entscheidung, wobei er aber nur die innerhalb der Begründungsfrist geltend gemachten Gründe berücksichtigen darf. Auch für die Beurteilung, ob die Revisionsgründe der Divergenz oder der grundsächlichen Bedeutung gegeben sind, kommt es auf den Zeitpunkt der BFH-Entscheidung und nicht auf den Zeitpunkt der FG-Entscheidung oder der Einlegung der Revision oder NZB an. Dementsprechend kann eine nach der erstinstanzlichen Entscheidung ergangenen BFH-Entscheidung zur Erfolglosigkeit einer NZB führen (BFH v. 19.08.2013, X B 44/13, BFH/NV 2013, 1762). Mit der Entscheidung über die NZB (hierzu s. Rz. 29) ist das Verfahren abgeschlossen. Ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung ist nicht gegeben.
2. Begründung
Tz. 28
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Entscheidung über die Beschwerde soll begründet werden. Die Vorschrift sieht also eine im Vergleich zu § 113 Abs. 2 FGO abgeschwächte Begründungspflicht vor. Damit sollen die Beteiligten vor allem in den Fällen erfolgloser NZBn über die für die Entscheidung maßgeblichen Gründe informiert werden. Eine ausführliche Begründung ist nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut ("kurze Begründung") nicht erforderlich. Die Begründung kann zudem ganz entfallen, wenn sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist; insoweit fehlt es an einem Informationsbedürfnis der Beteiligten. Eine Begründung ist außerdem dann entbehrlich, wenn der Beschwerde stattgegeben wird. Das Unterlassen einer an sich gebotenen Begründung hat jedoch keine Auswirkungen.
3. Entscheidungsmöglichkeiten des BFH
Tz. 29
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Lehnt der BFH die Zulassung der Revision ab, wird das Urteil des FG mit der Ablehnung rechtskräftig (§ 116 Abs. 5 Satz 3 FGO). Maßgeblich ist nicht die Bekanntgabe oder Zustellung an die Beteiligten, sondern die Herausgabe des Beschlusses zur Versendung. Für den Eintritt der Rechtskraft ist es ohne Belang, ob die Beschwerde als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen wird. Allerdings sollte die Differenzierung in der Tenorierung zum Ausdruck kommen; dies ist nicht immer der Fall.
Tz. 30
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Stellt der BFH einen Verfahrensmangel i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO fest, kann er schon im Verfahren über die NZB das angefochtene Urteil aufheben und zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverweisen (§ 116 Abs. 6 FGO). Die Zurückverweisung steht im Ermessen des BFH ("kann"). Eine Zurückverweisung ist regelmäßig dann sinnvoll, wenn der Verfahrensmangel einen Mangel der Tatsachenaufklärung betrifft, die durch den BFH nicht selber nachgeholt werden kann, wie z. B. eine Beweisaufnahme (BFH v. 25.02.2010, IX B 156/09, BFH/NV 2012, 176). Hingegen ist die Zulassung der Revision sachgerecht, wenn Gegenstand der NZB eine Verfahrensfrage grundsätzlicher Bedeutung ist (Ruban in Gräber, § 116 FGO Rz. 65; s. auch BFH v. 04.09.2002, VII B 73/01, BStBl II 2002, 509). Eine abschließende Entscheidung in der Sache selbst ist nicht möglich, da dem BFH neben der Zurückverweisung nur die Möglichkeit der Revisionszulassung offensteht.
Tz. 31
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Schließlich kann der BFH die Zulassung der Revision aussprechen (§ 116 Abs. 7 FGO). In diesem Fall wird das bisherige Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgeführt, ohne dass es eines Antrages oder einer Revisionseinlegung bedarf. Soweit die Revisionszulassung nicht auf bestimmte Beteiligte beschränkt wurde, wirkt sie zugunsten aller Beteiligten, sie ist also nicht auf den Beschwerdeführer beschränkt. Die Zustellung der Entscheidung über die Zulassung löst beim Beschwerdeführer die Revisionsbegründungsfrist, bei den übrigen Beteiligten die Revisions- und Revisionsbegründungsfrist aus. Auf diese Folgen der Revisionszulassung sind die Beteiligten in dem Beschlu...