Tz. 31
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Auf die Festsetzung des Verspätungszuschlags finden die §§ 130, 131 AO Anwendung. Ändert sich die dem Verspätungszuschlag zu Grunde liegende Steuer oder der zu Grunde liegende Messbetrag, wird nach h. M. (BFH v. 08.09.1994, IV R 20/93, BFH/NV 1995, 520; Rätke in Klein, § 152 AO Rz. 40) die Festsetzung des Verspätungszuschlags rechtswidrig, weil die Finanzbehörde von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist. Sie hat in diesem Fall eine neue Ermessensentscheidung über die Höhe des nunmehr festzusetzenden Verspätungszuschlags zu treffen und diesen festzusetzen (es liegt keine Teilrücknahme des ursprünglichen Verwaltungsakts vor, BFH v. 08.09.1994, IV R 20/93, BFH/NV 1995, 520), wobei auch eine Herabsetzung der Steuer nicht notwendigerweise eine Herabsetzung des Verspätungszuschlags zur Folge haben muss (BFH v. 20.09.1990, V R 85/85, BStBl II 1991, 2; Rätke in Klein, § 152 AO Rz. 40). Lediglich bei einer dann gegebenen Überschreitung der zehn-Prozent-Grenze muss es zwingend zu einer Herabsetzung des Verspätungszuschlags kommen (Seer in Tipke/Kruse, § 152 AO Rz. 94). Wird die Steuer heraufgesetzt, ist die Erhöhung des Verspätungszuschlags nur unter den Voraussetzungen des § 130 Abs. 2 AO möglich (s. FG Mchn v. 29.08.2001, 1 K 1220/00, EFG 2001, 1583; Seer in Tipke/Kruse, § 152 AO Rz. 94). Zum Einfluss des USt-Jahresbescheids auf Verspätungszuschläge zu geschätzten USt-Voranmeldungsbeträgen s. Rz. 15.
Tz. 32
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
M. E. wendet die h. M. zu Unrecht § 130 AO an, wenn sich die festgesetzte Steuer ändert. Denn die Begrenzung auf 10 % der festgesetzten Steuer kann sich ebenso wie die Ausübung des Ermessens nur auf den im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung existierenden Steuerbescheid beziehen (insoweit kommt der Steuerfestsetzung "Tatbestandwirkung" zu). Tatsächliche Änderungen nach diesem Zeitpunkt sind insoweit unbeachtlich; die Festsetzung des Verspätungszuschlags ist rechtmäßig i. S. des § 131 AO (ähnlich: Heuermann in HHSp, § 152 AO Rz. 41; wohl auch BFH v. 20.09.1990, V R 85/85, BStBl II 1991, 2). Eine Pflicht zur Überprüfung des bestehenden Verspätungszuschlags besteht dennoch in dem in Rz. 31 dargestellten Umfang, allerdings unter den Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 AO (a. A. Heuermann in HHSp, § 152 AO Rz. 41, soweit dieser keine Unterscheidung zwischen begünstigenden und belastenden Festsetzungen vornehmen will, was aber angesichts der weitergehenden Regelung in § 131 Abs. 1 AO nicht relevant sein dürfte).
Tz. 32a
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Eine Rücknahme der Festsetzung ist nicht allein wegen des Eintritts der Gesamtrechtsnachfolge geboten (BFH v. 23.09.2009, XI R 56/07, BFH/NV 2010, 12); auch ein Billigkeitserlass kommt nicht in Betracht (BFH v. 22.01.1993, III R 92/89, BFH/NV 1993, 455).
Tz. 33
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Entscheidung über die Änderung des Verspätungszuschlags ist ebenso ein Verwaltungsakt wie die Feststellung, der bisher festgesetzte Verspätungszuschlag bleibe unverändert bestehen (BFH v. 20.05.1994, VI R 105/92, BStBl II 1994, 836). Dieser Verwaltungsakt wird nach § 365 Abs. 3 AO, § 68 FGO als neue Festsetzung zum Gegenstand eines anhängigen Rechtsbehelfs- oder Klageverfahrens (BFH v. 08.09.1994, IV R 20/93, BFH/NV 1995, 520; BFH v. 20.09.1990, V R 85/85, BStBl II 1991, 2).