Tz. 29
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Während nach wie vor im finanzgerichtlichen Verfahren kein Vorschuss erhoben wird (s. Rz. 1), wird nunmehr die Verfahrensgebühr (z. B. für Klageverfahren, KV Nr. 6110, und für Anträge auf AdV, KV Nr. 6210) sofort mit Klageerhebung bzw. Einreichung des Antrags fällig (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 GKG). Entsprechendes gilt für Revisionsverfahren (KV Nr. 6120) und NZB-Verfahren (KV Nr. 6500) sowie für Beschwerdeverfahren (KV 6220). Dies gilt jedoch gem. § 12a GKG nicht für Verfahren wegen überlanger Verfahrensdauer (§ 155 Satz 2 FGO i. V. m. §§ 198ff. GVG; s. Rz. 92). Es handelt sich nicht um einen Vorschuss (Morgenstern, AO-StB 2004, 180; Bartone, AO-StB 2006, 22), von dessen Zahlung das FG seine Tätigkeit abhängig machen dürfte (§ 10 GKG), da weder die FGO noch die §§ 11ff. GKG eine Regelung enthält, die dies gestatten würde. Für das finanzgerichtliche Verfahren bedeutet dies, dass das Verfahren (z. B. die Zustellung der Klageschrift nach § 71 Abs. 1 Satz 1 FGO oder die Übersendung der Schriftsätze nach § 77 Abs. 1 Satz 4 FGO) auch dann seinen Fortgang zu nehmen hat, wenn der Kläger/Antragsteller den Vorschuss nicht leistet. Die Höhe der sofort fälligen Verfahrensgebühr ergibt sich im Finanzprozess nicht mehr einheitlich aus dem Mindeststreitwert nach § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG (1500 Euro) und im Hinblick auf § 63 Abs. 1 Satz 3 GKG auch nicht aus einem vorläufig festgesetzten Wert gem. § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG, sondern aus dem von § 52 Abs. 5 GKG bestimmten Wert (vgl. BFH v. 19.10.2017, X E 1/17, BFH/NV 2018, 227). Aus § 52 Abs. 5 GKG folgt nunmehr eine "gestufte" vorläufige Streitwertbemessung: Zunächst erfolgt eine Wertbestimmung nach § 52 Abs. 3 GKG, soweit sich der Wert unmittelbar – d. h. konkret und ohne weitere Ermittlungen (Brandis in Tipke/Kruse, Vor § 135 FGO Rz. 21; Just, DStR 2014, 1481, 1482) – aus den Verfahrensakten ergibt. Steht aber der nach § 52 Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 1 GKG maßgebende Wert nicht eindeutig fest, sind die vorfälligen Gebühren nach § 52 Abs. 5 GKG – wie bisher – nach dem Mindeststreitwert (§ 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG) zu bestimmen. In den meisten Fällen bemisst sich der Wert der Gebühren daher weiterhin – dies zeigt die gerichtliche Praxis – vorläufig nach dem Mindeststreitwert von 1500 Euro (§ 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG; Brandis in Tipke/Kruse, Vor § 135 FGO Rz. 21; Just, DStR 2014, 1481, 1484). Mithin ist in den betreffenden Klageverfahren bei Klageerhebung eine Verfahrensgebühr in Höhe von 284 Euro fällig (4,0 Gebühren zu je 71 Euro; KV Nr. 6110; Schwarz in HHSp, § 139 FGO Rz. 127). Auch im Fall der objektiven Klagehäufung (§ 43 FGO) entsteht nur eine einzige vorfällige Gebühr, die sich nach dem Mindeststreitwert in Höhe von 1 500 Euro bemisst. Denn nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 GKG kommt es lediglich auf das Klageverfahren an, nicht aber auf den einzelnen Streitgegenstand. Daher ist je Klage ohne Rücksicht auf die Anzahl der Klagebegehren auch im Fall der objektiven Klagehäufung lediglich eine einzige vorläufige Kostenrechnung über 284 Euro (soweit der Mindeststreitwert nach § 52 Abs. 5 GKG zugrunde zu legen ist) zu erstellen (Bartone, AO-StB 2005, 22; Dellner, DStZ 2004, 647; Jost, INF 2004, 478; Jost, INF 2004, 636; Ratschow in Gräber, Vor § 135 FGO Rz. 49; gl. A. FG BW v. 05.04.2005, 12 K 300/04, EFG 2005, 1894). In Verfahren betreffend die Anfechtung von Gewinnfeststellungsbescheiden oder GewSt-Messbescheiden kommt als Wert für die vorläufige Verfahrensgebühr nach § 52 Abs. 5 GKG nur der Mindestwert von 1500 Euro gem. § 52 Abs. 4 Nr. 1 GKG in Betracht, da solche Bescheide sich nicht unmittelbar auf eine bezifferte Geldleistung beziehen (§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG), sondern nur die Grundlage für solche Bescheide bilden (BFH v. 19.07.2016, IV E 2/16, BFH/NV 2016, 1582). Daher bestimmt sich der endgültige Streitwert in diesem Fällen nach § 52 Abs. 1 GKG.
Tz. 29a
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Stellung eines PKH-Antrags lässt die Entstehung und die Fälligkeit der vorfälligen Gebühr grds. unberührt, jedoch sollte sie nicht erhoben werden, wenn der PKH-Antrag gleichzeitig mit der Klageerhebung gestellt wird. Wird der Antrag nachträglich gestellt, sind die Erhebung und die Beitreibung einzustellen, bis über die Bewilligung der PKH entschieden wurde, es sei denn der Antrag ist offensichtlich unzulässig (Bartone, AO-StB 2005, 22; Dellner, DStZ 2004, 647; grds. gl. A., jedoch ohne Einschränkung auch bei offensichtlich unzulässigen Anträgen Brandis in Tipke/Kruse, Vor § 135 FGO Rz. 14b; Ratschow in Gräber, Vor § 135 FGO Rz. 49; Schwarz in HHSp, § 139 FGO Rz. 128).