Karl Blesinger, Dr. Andreas Viertelhausen
Kemper, Der neue Sperrtatbestand der Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung in § 371 AO, NZWiSt 2012, 56;
Pflaum, Selbstanzeige nach Prüfungsanordnung und Auswirkungen auf die Mitwirkung während einer Außenprüfung, StBp 2013, 217;
Harle/Olles, Prüfungsanordnung und Selbstanzeige, NWB 2014, 170.
Tz. 14
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Eine wirksame Selbstanzeige kann nach § 371 Abs. 2 Nr. 1 a AO nicht mehr abgegeben werden, wenn einem Tatbeteiligten (Täter oder Teilnehmer, s. § 28 Abs. 2 StGB) oder seinem Vertreter eine Prüfungsanordnung nach § 196 AO bekannt gegeben worden ist. Die Bekanntgabe gegenüber einem Beteiligten sperrt auch die Selbstanzeige durch einen anderen Beteiligten. Die Sperrwirkung greift auch bei der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung an einen nicht an der Tat beteiligten Begünstigten ein. Der Gesetzgeber hat für die Fälle der Außenprüfung den Ausschlusstatbestand vom Zeitpunkt des Erscheinens des Prüfers (§ 371 Abs. 2 Nr. 1c AO) auf den der Bekanntgabe der Prüfungsanordnung vorverlegt. Er geht davon aus, dass bereits damit die Entdeckungsgefahr so groß geworden ist, dass die Honorierung der Selbstanzeige nicht mehr gerechtfertigt wäre.
Tz. 15
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Für die eintretende Sperre kommt es auf den Umfang des nach §§ 196, 197 AO bekannt gegebenen Prüfungsauftrages an (BGH v. 15.01.1988, 3 StR 465/87, wistra 1988, 151). Er bestimmt den Umfang der Prüfung nach Steuerarten und Zeiträumen. Außerhalb dieses Umfangs ist eine Selbstanzeige nicht gesperrt. Das stellt seit 2015 § 371 Abs. 2 Satz 2 AO wieder sicher. Eine Erweiterung der Sperrwirkung tritt im Übrigen erst ein, wenn der Prüfungsauftrag förmlich erweitert wird (BayObLG v. 23.01.1985, RReg 4 St 309/84, wistra 1985, 117; FG Bre v. 06.10.2004, 2 K 152/04 (1), EFG 2005, 15). Eine rechtswidrige aber wirksame Prüfungsanordnung ist so lange maßgeblich, wie sie nicht aufgehoben ist (offen gelassen BGH v. 16.06.2005, 5 StR 118/05, NJW 2005, 2723; rechtmäßiges Erscheinen: BayObLG v. 17.09.1986, RReg 4 St 155/86, wistra, 1987, 77; a. A. Harle/Olles, NWB 2014, 170). Hält der Steuerpflichtige die Prüfung für rechtswidrig, muss er die Prüfungsanordnung anfechten.
Tz. 16
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Sperrwirkung wird durch die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung gegenüber einem Tatbeteiligten (Täter oder Teilnehmer, s. § 28 Abs. 2 StGB), einem durch die Tat Begünstigten oder deren Vertreter ausgelöst. Als Vertreter i. S. von § 371 Abs. 2 Nr. 1a AO kommen die in § 34 AO genannten Personen in Betracht, ferner Verfügungsberechtigte, soweit ihnen eine rechtsgeschäftliche Vertretungsbefugnis eingeräumt ist (§ 35 AO) und Verfahrensbevollmächtigte (§ 80 AO), soweit sie für einen Tatbeteiligten oder Begünstigten tätig sind. Durch die Einbeziehung der Bekanntgabe an den durch die Tat Begünstigten bezweckt das Gesetz ausweislich der Begründung, dass auch einem Tatbeteiligten gegenüber, dem weder selbst noch über seinen Vertreter die Prüfungsanordnung bekannt gegeben wurde von der Ausschlusswirkung betroffen ist (BT-Drs 18/3018, 11).
Tz. 17
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zu den Ausschlusstatbeständen des § 371 Abs. 2 AO a. F. ist die Frage diskutiert worden, ob nach Erledigung des ausschließenden Ereignisses eine Selbstanzeigemöglichkeit wieder auflebt. Nunmehr muss man davon ausgehen, dass die Selbstanzeige ausgeschlossen bleibt, solange die Prüfungsanordnung wirksam ist. Ist die Prüfung abgeschlossen (ohne die Verkürzung aufzudecken) erledigt sich die Prüfungsanordnung nach § 124 Abs. 2 AO. Damit lebt die Selbstanzeigemöglichkeit wieder auf. Nach Auffassung des BGH zu § 371 Abs. 2 Nr. 1a AO a. F. (BGH v. 15.01.1988, 2 StR 659/87, wistra 1988, 150) ist die strafbefreiende Selbstanzeige wieder möglich, wenn dem Steuerpflichtigen die berichtigten Bescheide oder eine Mitteilung nach § 202 Abs. 1 Satz 3 AO zugegangen ist. Nach AEAO zu § 201, Nr. 2, BStBl I 2016, 490, ist die Prüfung i. d. R. mit der Zusendung des Berichts abgeschlossen. Wenn auch nach anderer Auffassung die Prüfung mit der Schlussbesprechung beendet ist, weil danach die Entdeckungsgefahr deutlich reduziert ist (Joecks in JJR, § 371 AO Rz. 360), sollte die Beratungspraxis Vorsicht walten lassen. Zu der Verjährungshemmungsvorschrift des § 171 Abs. 4 Satz 3 AO hat der BFH ausgeführt, dass die Zusammenstellung der Prüfungsergebnisse in einem Prüfungsbericht keine Ermittlungshandlung mehr darstellt, es sei denn der Stpfl. reicht nach der Übersendung des Berichts eine ausdrücklich vorbehaltene Stellungnahme und Unterlagen ein, die zum Wiedereintritt in die Ermittlungshandlungen führen (BFH v. 08.07.2009, XI R 64/07, BStBl II 2010, 4).
Tz. 18
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
vorläufig frei