Karl Blesinger, Dr. Andreas Viertelhausen
Müller, Das Erlangen nicht gerechtfertigter Steuervorteile, DStZ 2001, 613; Jope, Steuerhinterziehung im Feststellungsverfahren, DStZ 2009, 247;
Blesinger, Grundlagenbescheide als Gegenstand einer Steuerhinterziehung? wistra 2009, 294;
Pflaum, Strafrechtliche Gesichtspunkte der Begünstigung nicht entnommener Gewinne, § 34a EStG, wistra 2012, 205;
Gehm, Steuerhinterziehung bei unrichtigen Feststellungsbescheiden, NWB 2013, 2786;
Langel/Betzinger, Steuerstrafrechtliche Beurteilung und Behandlung zu Unrecht zu hoch festgestellter steuerlicher Verluste, DB 2015, 1925;
Langel/Stumm, Steuerverkürzung und Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile, DB 2015, 2720;
Lemmer, Steuerhinterziehung durch ertragsteuerliche Verlustfeststellung – Lösungsmodelle praktisch bedeutsamer Fallkonstellationen, NZWiSt 2016, 427.
Tz. 41
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Unter diesen Begriff fallen Vergünstigungen, die nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgen, sondern einen rechtsgestaltenden Akt des FA erfordern. In Betracht kommen in erster Linie antragsgebundene Vorteile und Erleichterungen, die bei der Erhebung der Steuer seitens des FA gewährt werden. Da das fehlerhafte Erklärungsverhalten der Stpfl. im Festsetzungsverfahren in den Taterfolg der Steuerhinterziehung mündet, kann ein Steuervorteil nur eine begünstigende Regelung sein, die außerhalb des Festsetzungsverfahrens angestrebt bzw. gewährt wird (BGH v. 06.06.2007, 5 StR 127/07, NJW 2007, 2864: Erstattung fingierter Steuerabzugsbeträge und damit zusammenhängender Erstattungszinsen nach § 233a AO; Joecks in JJR, § 370 AO Rz. 140). Allerdings hat der BGH wegen der Bindungswirkung von Grundlagenbescheiden jedenfalls bei der gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO eine konkrete Gefährdung des Steueranspruchs gesehen, die es rechtfertige, eine fehlerhafte Feststellung als nicht gerechtfertigten Steuervorteil zu begreifen (BGH v. 10.12.2008, 1 StR 322/08, NJW 2009, 381; BFH v. 12.04.2016, VIII R 24/13, BFH/NV 2016, 1537). Das Gleiche gilt für einen Gewerbesteuermessbescheid (BGH v. 12.07.2016, 1 StR 132/16, wistra 2016, 410). Damit wandelt sich die Steuerhinterziehung vom Erfolgs- zum Gefährdungsdelikt. Das ist allerdings bereits deswegen nicht erforderlich, weil anders als bei Maßnahmen des Erhebungsverfahrens, einem Grundlagenbescheid regelmäßig ein Steuerbescheid folgt, der Gegenstand des Taterfolgs der Steuerhinterziehung ist. Durch die Auslegung des BGH wird der Eintritt des Taterfolgs der Steuerhinterziehung über den Wortlaut des § 370 Abs. 4 Satz 1 AO hinaus vorgezogen (Jope, DStZ 2009, 247; Blesinger, wistra 2009, 294; Weidemann, wistra 2009, 354; Hellmann in HHSp, § 370 AO, Rn. 168a). Der BGH hat trotz der Kritik an seinem Standpunkt festgehalten (BGH v. 02.11.2010, 1 StR 544/09, NStZ 2011, 294, Verlustvortrag gem. § 10a GewStG; BGH v. 22.11.2012, 1 StR 537/12, NJW 2013, 1750).
Tz. 41a
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Den steuerlichen Vorteilen stehen nach § 370 Abs. 4 Satz 2 AO die Steuervergütungen gleich, die in der Anrechnung oder Auszahlung von Steuerbeträgen bestehen, die ein Dritter zur Erfüllung seiner eigenen Steuerschuld entrichtet oder noch zu entrichten hat.
Tz. 42
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Als Beispielsfälle antragsgebundener Vergünstigungen seien die Stundung (s. § 222 AO), der Zahlungsaufschub (s. § 223 AO), die Aussetzung der Vollziehung (s. § 361 AO; § 69 FGO) und der Vollstreckungsaufschub (s. § 258 AO) erwähnt, ferner der Steuererlass (s. § 227 AO). Als bedeutsamste Fälle der Steuervergütungen im Sinne des § 370 Abs. 4 Satz 2 AO seien erwähnt: der Vorsteuerabzug der Unternehmer bei der Umsatzsteuer (s. § 15 UStG, §§ 59ff. UStDV), die im Verbrauchsteuerrecht vorgesehenen Steuervergütungen (s. § 32 TabStG; §§ 19, 20 BierStG) und das Kindergeld (s. § 31 Satz 3 EStG – Fiktion).
Tz. 43
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Nicht gerechtfertigt ist ein Steuervorteil, wenn der gesetzliche Tatbestand, an dessen Verwirklichung seine Inanspruchnahme durch den Pflichtigen oder seine Bewilligung durch das zuständige FA anknüpft, objektiv nicht oder nicht vollständig erfüllt ist. Ein antragsgebundener Steuervorteil ist auch dann nicht gerechtfertigt, wenn er sich nicht innerhalb des Ermessensrahmens hält, den das Gesetz der bewilligenden Behörde zieht. Ob ein nicht gerechtfertigter Steuervorteil im Ergebnis aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können, ist – entsprechend der Regelung der Verkürzung von Steuern – ohne Bedeutung (§ 370 Abs. 4 Satz 3 AO).
Tz. 44
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Erlangt ist ein nicht gerechtfertigter Steuervorteil, wenn er gewährt oder belassen wird (§ 370 Abs. 4 Satz 2 AO). Steuervorteile, die der Pflichtige durch eine Steueranmeldung erstrebt, bspw. durch Anmeldung eines Vorsteuerüberhangs, sind erlangt, wenn das FA der Steueranmeldung zustimmt (s. § 168 Satz 2 AO; Rz. 34).
Tz. 45
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Erlangung nicht gerechtfertigter Steuervorteile ist insbes. im Erhebungs- bzw. ...