Tz. 9

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Das EU-Amtshilfe-Gesetz (EUAHiG) ist mit Wirkung vom 01.01.2013 in Kraft getreten (Art. 3 und Art. 31 Nr. 9, AmtshilfeRLUmsG v. 26.06.2013, BGBl I 2013, 1809) und wurde mit Gesetz zur Umsetzung der Änderungen der EU-Amtshilferichtlinie und von weiteren Maßnahmen gegen Gewinnkürzungen und -verlagerungen vom 20.12.2016, BGBl I 2016, 3000, an die aktualisierte EU-Amtshilferichtlinie angepasst.

1. Sachlicher Geltungsbereich

 

Tz. 10

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Mit dem EUAHiG ist die Bundesrepublik Deutschland der Verpflichtung aus den in § 1 Abs. 2 des Gesetzes genannten Richtlinien nachgekommen. Damit hat die Amtshilfe mit den EU-Mitgliedstaaten eine eigenständige nationale Rechtsgrundlage. Der sachliche Geltungsbereich umfasst jede Art von Steuern, also z. B. die Steuern vom Einkommen, Ertrag und Vermögen, nicht aber die Umsatzsteuer, einschließlich der Einfuhrumsatzsteuer, Zölle und harmonisierte Verbrauchsteuer (§ 1 Abs. 2 EUAHiG). Hinsichtlich des Umfangs des Auskunftsverkehrs durch deutsche Finanzbehörden ist nach § 1 Abs. 4 des Gesetzes auch § 117 Abs. 4 AO und damit vor allem § 91 AO zu beachten. Ferner wird die Erteilung von Auskünften davon abhängig gemacht, dass diese für die zutreffende Festsetzung der genannten Steuern in dem Staat, dem Auskunft gegeben wird, erheblich sein können. Dabei handelt es sich um eine Art Plausibilitätskontrolle unter Berücksichtigung des ausländischen Steuerrechts; eine abschließende Prüfung ist nicht erforderlich (s. Rz. 7).

§ 1 Abs. 3 EUAHiG stellt klar, dass das Gesetz die Amtshilfe in Steuersachen aufgrund bilateraler oder gemeinschaftsrechtlicher Regelungen nicht ausschließt, insbes. wenn sie eine weitergehende Amtshilfe zulassen.

Der Amtshilfeweg ist in § 3 EUAHiG geregelt. Zuständig für den Verkehr mit den Finanzbehörden der Mitgliedstaaten der EG ist das BMF bzw. in den Fällen des § 5 Abs. 1 Nr. 5 FVG das Bundeszentralamt für Steuern als zentrales Verbindungsbüro. Das BMF kann weitere Verbindungsstellen bestimmen.

§ 10 des Gesetzes enthält Bestimmungen zur Hinzuziehung von Bediensteten anderer Mitgliedstaaten.

2. Arten der Auskunftsleistung

 

Tz. 11

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Das Gesetz unterscheidet zwischen verschiedenen Arten der Amtshilfe

  • Auskünfte auf Ersuchen,
  • spontane Auskünfte und
  • automatische Auskünfte,
  • Zustellungsersuchen.

a) Auskünfte auf Ersuchen

 

Tz. 12

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Das Gesetz unterscheidet zwischen Ersuchen von anderen Mitgliedstaaten (§ 4) und Ersuchen an andere Mitgliedstaaten (§ 6).

aa) Ersuchen von anderen Mitgliedstaaten

 

Tz. 13

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§ 4 Abs. 1 EUAHiG bestimmt, dass die zuständige Finanzbehörde die in Ersuchen anderer Mitgliedstaaten gestellten Fragen beantwortet, die für die Besteuerung für die in § 1 genannten Steuern voraussichtlich erheblich sind. Sofern die Behörde nicht selbst über die erforderlichen Informationen verfügt, ist sie verpflichtet, nach pflichtgemäßen Ermessen alle nach der Abgabenordnung vorgesehenen behördlichen Ermittlungen durchzuführen. Das bedeutet: Soweit der Behörde die erforderlichen Informationen vorliegen, ist sie zur Antwort verpflichtet. Ein Entschließungsermessen, "ob" eine Antwort gegeben wird, steht der Finanzbehörde nicht zu; allerdings ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Ein Beurteilungsspielraum der antwortenden Behörde besteht insoweit, als nur die Antworten zu geben sind, die "voraussichtlich erheblich" sind (s. Rz. 7). Liegen die Informationen (noch) nicht vor, erstreckt sich die Ermessensausübung ebenfalls nicht auf das "Ob", sondern nur auf die Wahl der Ermittlungsmethoden zur Beschaffung von Informationen. Die Behörde ist also grundsätzlich zur Aufnahme von Ermittlungen verpflichtet, bevor sie Fehlanzeige erstattet. Einschränkungen der Übermittlungspflicht ergeben sich aus der Anwendung des § 117 Abs. 4 AO. Verfahrensrechtlich ist zu beachten, dass die Auskunftserteilung durch die zuständige Finanzbehörde über das zentrale Verbindungsbüro erfolgt. Damit ist ein unmittelbarer Auskunftsverkehr zwischen den Finanzbehörden der Mitgliedstaaten ausgeschlossen.

§ 4 Abs. 2 EUAHiG stellt klar, dass sich Ermittlungsersuchen auch auf die Durchführung bestimmter behördlicher Ermittlungen beziehen können.

 

Tz. 14

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Grenzen der Amtshilfeleistung bei Ersuchen anderer Mitgliedstaaten: § 4 Abs. 3 EUAHiG nennt verschiedene Tatbestände, in denen das zentrale Verbindungsbüro keine Informationen an den ersuchenden Mitgliedstaat übermittelt. Über die Übermittlung entscheidet also nicht die Finanzbehörde, die über die Informationen verfügt, sondern erst das Verbindungsbüro nach Eingang der Informationen der für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörde. Eine Übermittlung ist ausgeschlossen, wenn

  • die Durchführung erforderlicher Ermittlungen oder die Beschaffung der betreffenden Informationen nach deutschem Recht nicht möglich ist (Nr. 1),
  • der andere Mitgliedsstaat die üblichen Informationsquellen nicht ausgeschöpft hat, die ihm zur Erlangung der erbetenen Informationen zur Verfügung stehen, ohne dabei die Erreichung des Ziels zu gef...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?