Tz. 24
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Erzwingung der eidesstattlichen Versicherung erfolgt durch ein Ersuchen an das zuständige Amtsgericht auf Anordnung der Erzwingungshaft. Sie ist zulässig, wenn der Schuldner ohne ausreichende Entschuldigung in dem zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung anberaumten Termin nicht erschienen ist, oder die Abgabe der Vermögensauskunft bzw. die eidesstattliche Versicherung ohne Grund verweigert. Ohne ausreichende Begründung erst nach dem anberaumten Termin erhobene Einwendungen rechtfertigen die Nichtabgabe der Vermögensauskunft zu diesem Termin nicht und machen deshalb das Ersuchen des FA auf Anordnung der Erzwingungshaft auch nicht unzulässig (BFH v. 07.03.1995, VII R 107/94, BFH/NV 1995, 1034).
Tz. 25
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Das Ersuchen der Vollstreckungsbehörde an das Amtsgericht (§ 284 Abs. 8 Satz 1 AO) ist kein Verwaltungsakt (str.; wie hier die h. M. s. Werth in Klein, § 284 AO Rz. 28; Zeller-Müller in Gosch, § 284 AO Rz. 16; Loose in Tipke/Kruse, § 284 AO Rz. 22 m. w. N.; a. A. noch BFH v. 11.12.1984, VII B 41/84, BStBl II 1985, 197). Ausschließlich zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Vollstreckungsschuldner seinen Wohnsitz oder (mangels Wohnsitzes) seinen Aufenthalt hat (§ 284 Abs. 8 Satz 2 AO). Das Amtsgericht wird im Wege der Amtshilfe tätig.
Tz. 26
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Im Hinblick auf Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG ist das Amtsgericht nicht nur berechtigt, sondern u. E. verpflichtet, in eigener Verantwortung zu prüfen, ob die Voraussetzungen der Anordnung der Erzwingungshaft gegeben sind, also nicht nur, ob der Vollstreckungsschuldner zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verpflichtet ist, sondern auch, ob dies dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht (so auch BGH v. 14.08.2008, I ZB 10/07, HFR 2009, 77; Carlé, AO-StB 2002, 99; Loose in Tipke/Kruse, § 284 AO Rz. 23; Werth in Klein, § 284 AO Rz. 31; Zeller-Müller in Gosch, § 284 AO Rz. 16; a. A. Müller-Eiselt in HHSp, § 284 AO Rz. 74; Tormöhlen, AO-StB 2010, 27). Bei feststehender Leistungsunfähigkeit des Schuldners kommt die Anordnung von Erzwingungshaft nicht in Frage (BVerfG v. 19.10.1982, 1 BvL 34,55/80, NJW 1983, 559).
Tz. 27
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die durch § 284 Abs. 8 Satz 3 AO in Bezug genommenen Vorschriften der ZPO treffen Regelungen zum Ablauf der Anordnung der Erzwingungshaft und der Verhaftung selbst (§ 802g ZPO), zur Unzulässigkeit der Haftvollstreckung, u. a. aus gesundheitlichen Gründen (§ 802h ZPO), zum Anspruch des Schuldners auf jederzeitige Abnahme der Vermögensauskunft während der Haft (§ 802i ZPO) und zur maximalen Dauer der Haft (§ 802j ZPO).
Tz. 28
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Verhaftung aufgrund der Haftanordnung des Gerichts obliegt nicht einem Angehörigen der Vollstreckungsbehörde, sondern dem Gerichtsvollzieher (§ 284 Abs. 8 Satz 4 AO). Bei der Verhaftung übergibt er dem Vollstreckungsschuldner die Haftanordnung in beglaubigter Abschrift (§ 802g Abs. 2 ZPO). Der Vollstreckungsschuldner kann seine Verhaftung dadurch abwenden, dass er den geschuldeten Betrag an den Gerichtsvollzieher zahlt oder nachweist, dass ihm eine Zahlungsfrist bewilligt oder dass die Schuld erloschen ist, bzw. eine Bankquittung vorlegt, aus der sich die Einzahlung des geschuldeten Betrags ergibt, oder schließlich eine Entscheidung vorlegt, aus der sich die Unzulässigkeit der Verhaftung bzw. der Verpflichtung zur Abgabe der Versicherung ergibt (§§ 284 Abs. 8 Satz 5 i. V. m. 292 AO).
Tz. 29
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach der Verhaftung kann der Vollstreckungsschuldner zu jeder Zeit verlangen, dass ihm die eidesstattliche Versicherung abgenommen wird (§ 802i ZPO). Zuständig bleibt grundsätzlich die Vollstreckungsbehörde. Ist eine Abnahme durch die Vollstreckungsbehörde nicht möglich, oder ist der Sitz der zuständigen Vollstreckungsbehörde (§ 284 Abs. 5 AO) nicht im Bezirk des für den Gerichtsvollzieher zuständigen Amtsgerichts, nimmt der Gerichtsvollzieher die Vermögensauskunft ab (§ 284 Abs. 8 Satz 5 AO).