Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die in der Praxis unbedeutende Vorschrift regelt die Vorlagepflicht für bestimmte Fälle der Augenscheinseinnahme.
Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 AO besteht die Verpflichtung der Beteiligten und anderen Personen, der Finanzbehörde auf Verlangen Wertsachen, also Geld, Wertpapiere und Kostbarkeiten (s. auch § 372 BGB), vorzulegen, soweit dies erforderlich ist, um im Besteuerungsinteresse Feststellungen über ihre Beschaffenheit und ihren Wert zu treffen. Die Norm soll also ausschließlich der Wertermittlung dienen und nicht dem Aufspüren von Vermögenswerten. Die Voraussetzungen für die Vorlagepflicht müssen dem Adressaten des Verlangens vorher dargelegt werden (§ 91 Abs. 1 AO); desgleichen sind ihm die für die Entscheidung, ob ein Verweigerungsrecht wahrgenommen werden kann, erforderlichen Tatsachen mitzuteilen und die vorgeschriebenen Belehrungen über die zustehenden Verweigerungsrechte zu geben (s. § 104 AO i. V. m. §§ 101, 103 AO).
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der Begriff der Wertsachen ist gesetzlich dahin erläutert, dass es sich um Geld, Wertpapiere oder Kostbarkeiten handeln muss. Geld sind sowohl inländische als auch ausländische Zahlungsmittel, Wertpapiere sind alle verbrieften Rechte über Forderungen (z. B. Rekta-, Order- und Inhaberpapiere). Der Begriff der Kostbarkeit ist entsprechend der bürgerlich-rechtlichen Auslegung zu verstehen. Danach ist auf die allgemeine Verkehrsanschauung abzustellen. Er umfasst solche Sachen, deren Wert im Verhältnis zu Größe und Gewicht besonders hoch ist, insb. also Schmuck, Edelsteine; Münzen, Kunstgegenstände und ähnliche Gegenstände. Reicht die Sachkunde der Amtsträger für die Feststellung der Beschaffenheit und des Wertes der vorzulegenden Wertsache nicht aus, kann die Behörde im Rahmen einer Inaugenscheinnahme auch Sachverständige zuziehen (§ 100 Abs. 1 Satz 2 AO i. V. m. § 98 AO).
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 100 Abs. 2 AO stellt klar, dass die Vorschrift nicht zur Erkundung neuer, bisher unbekannter Vermögensgegenstände ermächtigt. Die allgemeine Aufforderung, alle vorhandenen Wertgegenstände vorzulegen, ohne diese im Einzelnen zu bezeichnen, ist daher unzulässig.
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Als außergerichtlicher Rechtsbehelf ist der Einspruch (§ 347 AO) gegeben. Das Verlangen ist gem. § 328 AO erzwingbar, wobei in der Regel allenfalls ein Zwangsgeld gem. § 329 AO in Betracht kommen dürfte.