A. Bedeutung der Vorschrift
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb führt grds. zur Versagung von Steuerbefreiungen oder Steuervergünstigungen, die wegen der Erfüllung steuerbegünstigter Zwecke (§§ 51, 64 AO) oder Berufsverbänden ohne öffentlich-rechtlichen Charakter sowie politischen Parteien (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 bzw. 7 KStG) eingeräumt werden. Darüber hinaus gelten nach § 2 Abs. 3 GewStG die wirtschaftlichen Geschäftsbetriebe, ausgenommen Land- und Forstwirtschaft, der juristischen Personen des Privatrechts und der nichtrechtsfähigen Vereine als Gewerbebetriebe. Der Grund für die Versagung der Steuervergünstigungen liegt in ihrer Beteiligung am Wettbewerb. Steuerunschädlich ist der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb, wenn er Zweckbetrieb ist (dazu s. §§ 65ff. AO).
B. Die Definition des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs
I. Allgemein
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine selbstständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht; die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich.
II. Selbstständige nachhaltige Tätigkeit
Tz. 3
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Es muss sich um eine selbstständige nachhaltige Tätigkeit handeln. Unter Tätigkeit ist jede Art von Tun, Dulden oder Unterlassen zu verstehen. Eine Tätigkeit ist dann selbstständig, wenn sie mit anderen Tätigkeiten nicht dergestalt zusammenhängt, dass ihre Ausübung ohne die anderweitige Betätigung nicht möglich wäre. Sie darf also nicht ein notwendiger Teil einer anderen Tätigkeit sein. Die Tätigkeit muss demnach von den sonstigen Tätigkeiten sachlich abgrenzbar sein (s. BFH v. 15.10.1997, I R 2/97, BStBl II 1998, 175 m. w. N.; v. 07.05.2014, I R 65/12, BFH/NV 2014, 1670; ebenso mit überzeugender Begründung Buciek in Gosch, § 14 AO Rz. 25 f.; a. A. persönliche Selbstständigkeit verlangend Seer in Tipke/Kruse, § 14 AO Rz. 7 f. m. w. N.; Fischer in HHSp, § 14 AO Rz. 59 f. m. w. N.).
Tz. 4
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Nachhaltig ist eine Tätigkeit, die berufsmäßig oder planmäßig nicht nur einmalig entfaltet wird. Das setzt eine Tätigkeit oder eine Mehrzahl von Tätigkeiten voraus, die getragen sind von dem Entschluss, sie zu wiederholen und daraus eine ständige Erwerbsquelle zu machen, und die auch tatsächlich wiederholt werden (st. Rspr., s. BFH v. 26.02.1992, I R 149/90, BStBl II 1992, 693). Dabei ist nicht erforderlich, dass die einzelnen Handlungen auf einem einheitlichen Willensentschluss beruhen, der die schon nach Ort, Zeit, Gegenstand und Umfang bestimmten Handlungen umfasst, oder dass vor Beginn einer jeden Tätigkeit ein neuer Entschluss gefasst wird, tätig zu werden. Es genügt vielmehr, wenn bei der Tätigkeit der allgemeine Wille besteht, gleichartige oder ähnliche Handlungen bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen. Daher ist nachhaltig auch eine Tätigkeit, wenn nur eine einmalige Handlung mit der Absicht vorgenommen wird, sie bei sich bietender Gelegenheit zu wiederholen (BFH v. 21.08.1985, I R 60/80; BStBl II 1988, 86 m. w. N.; s. auch AEAO zu § 64 Abs. 1 Nr. 2). Sporadische Einzeltätigkeiten ohne inneren Zusammenhang erfüllen den Begriff der Nachhaltigkeit nicht.
III. Erzielung von Einnahmen oder anderen wirtschaftlichen Vorteilen
Tz. 5
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Die selbstständige nachhaltige Tätigkeit muss zur Erzielung von Einnahmen oder anderen wirtschaftlichen Vorteilen führen. Darunter sind Geld und alle geldwerten Vorteile zu verstehen. Gewinnerzielungsabsicht ist ebenso wenig erforderlich wie die Feststellung, dass tatsächlich Gewinne erwirtschaftet werden oder erzielt werden können. Nicht erforderlich ist eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, wie dies in § 15 Abs. 2 EStG gefordert wird (BFH v. 27.03.2001, I R 78/99, BStBl II 2001, 449); daher reicht eine Tätigkeit gegenüber Mitgliedern aus. Ein konkreter oder potenzieller Wettbewerb mit anderen Unternehmen muss nicht bestehen (BFH v. 24.06.2015, I R 13/13, BStBl II 2016, 971). Tätigkeiten zur Erzielung von Einnahmen sind z. B. die Beteiligung an einer gewerblichen Personengesellschaft (BFH v. 27.03.2001, I R 78/99, BStBl II 2001, 449), Altkleidersammlungen (BFH v. 26.02.1992, I R 149/90, BStBl II 1992, 693), Basare (BFH v. 11.02.2009, I R 73/08, BStBl II 2009, 516), Vereinslokale u. Ä. Nicht zu den Einnahmen zählen Mitgliedsbeiträge, sofern sie nicht verstecktes Entgelt darstellen (BFH v. 15.10.1997, I R 2/97, BStBl II 1998, 175).
IV. Abgrenzung zur Vermögensverwaltung
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb muss über den Rahmen der Vermögensverwaltung hinausgehen. Nach § 14 Satz 3 AO liegt eine Vermögensverwaltung in der Regel vor, wenn Vermögen genutzt, z. B. Kapitalvermögen verzinslich angelegt oder unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet wird. Entscheidendes Kriterium ist daher, dass die Erzielung der Einnahmen usw. in erster Linie Ausfluss des Vermögens und nicht der unter Einsatz des Vermögens entfalteten Betätigung ist. Der Bereich der Vermögensverwaltung wird überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse und unter Berücksichtigung der Verkehrsauff...