Schrifttum
Mösbauer, Derivative und originäre Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten gewerblicher Unternehmer, DStZ 1996, 722;
Mösbauer, Beginn, Ende und Übergang der steuerlichen Buchführungspflichten gewerblicher Unternehmer, DStZ 1997, 201;
Brune, Die Auswirkungen des Handelsrechtsreformgesetzes auf die handels- und steuerrechtliche Buchführungspflicht, StBp 1998, 242.
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Vorschrift konstituiert eine abgeleitete Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht. Sie macht die nach anderen als den Steuergesetzen originär bestehenden Pflichten für das Steuerrecht nutzbar und erübrigt insoweit die Schaffung originärer steuerlicher Pflichten (s. auch § 5 Abs. 1 EStG). Voraussetzung ist, dass es sich um die Aufzeichnung von Vorgängen handelt, die für die Besteuerung des Stpfl. selbst von Bedeutung sind. Bei dem dicht gespannten Netz von Tatbeständen, die auf Grund der Einzelsteuergesetze Steuerpflichten auslösen können, dürfte diese Voraussetzung im Zweifel ausnahmslos zutreffen (bspw. s. FG Nds v. 14.07.1997, IX 998/89, EFG 1997, 1484).
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten, die in nichtsteuerlichen Gesetzen festgehalten sind, werden zu steuerlichen Pflichten transponiert. Ob das auch für ausländische Rechtsvorschriften gilt, ist str. (abl. FG Nbg v. 28.02.2013, 6 K 875/11, EFG 2013, 1018; FG Münster v. 11.12.2013, 6 K 3045/11, juris; s. auch BFH v. 14.09.1994, I R 116/93, BStBl II 1995, 238 m. w. N.; a. A. Drüen in Tipke/Kruse, § 140 AO Rz. 7, vgl auch OFD NRW v. 05.09.2017, S 1300 – 2010/0007 – St 122). Bei dem Begriff der Aufzeichnungen handelt es sich nach BFH v. 28.05.1968, IV R 150/67, BStBl II 1968, 648 um den Oberbegriff für Buchungen innerhalb einer kaufmännischen Buchführung und für Ausgabenaufzeichnungen i. S. des § 4 Abs. 3 EStG, kurz: um das dokumentarische Festhalten aller maßgeblichen Geschäftsvorfälle (s. auch § 238 Abs. 1 HGB).
Als außersteuerliche einschlägige Vorschriften kommen insbesondere in Betracht: §§ 238ff., 120 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB, §§ 91, 270, 286 AktG, § 41 GmbHG, § 33 GenG, § 263 HGB i. V. m. EigVO der Länder für Eigenbetriebe sowie die für einzelne Gewerbezweige geltenden speziellen Vorschriften (s. die umfangreichen Nachweise bei Drüen in Tipke/Kruse, § 140 AO Rz. 14).
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Wer verpflichtet ist, Bücher und Aufzeichnungen zu führen, ergibt sich aus der jeweiligen außersteuerlichen Norm. Die handelsrechtliche Buchführungspflicht trifft folglich den jeweiligen Kaufmann (vgl. zur Ausnahme des nichtbuchführungspflichtigen Kaufmanns: § 241a HGB). Bei Personenhandelsgesellschaften trifft die Pflicht – hinsichtlich des Gesamthandsvermögens – die Gesellschaft. Dieses gilt auch hinsichtlich der aus § 141 AO folgenden Pflicht zur Erfassung des Sonderbetriebsvermögens (s. BFH v. 11.03.1992, XI R 38/89, BStBl II 1992, 797 m. w. N., wonach außerdem eine Mitteilung nach § 141 Abs. 2 AO entbehrlich ist; a. A. die überwiegende Literaturmeinung, s. bspw. Drüen in Tipke/Kruse, § 141 AO Rz. 3a und Görke in HHSp, § 140 AO Rz. 19 f.). Die atypisch stillen Gesellschafter sind – auch bei Liquidation – nicht buchführungspflichtig, allein der Geschäftsinhaber ist verpflichtet (s. BFH v. 04.10.1991, VIII B 93/90, BStBl II 1992, 59, 61; teilw. a. A.: Geschwendtner, DStZ 1998, 340: Buchführungspflicht nach § 141 AO). Für Geschäftsunfähige, beschränkt Geschäftsfähige, juristische Personen und nichtrechtsfähige Personenvereinigungen haben die gesetzlichen Vertreter die Bücher und Aufzeichnungen zu führen (s. §§ 34, 35 AO).
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Beginn und Ende der Pflicht, Bücher und Aufzeichnungen zu führen, richtet sich ebenfalls nach den außersteuerlichen Rechtsnormen (z. B. § 238 i. V. m. §§ 1 bis 7 HGB), nicht nach § 141 Abs. 2 AO. Allein die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beendet die Buchführungspflicht nicht (BFH v. 08.01.1992, VIII R 28/90, BStBl II 1992, 881).
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Bei Verletzung der Buchführungs- oder Aufzeichnungspflicht kann die Finanzbehörde das Führen der Bücher oder Aufzeichnungen unabhängig vom Verschulden des Stpfl. erzwingen. Zu den Folgen einer nicht ordnungsgemäßen Buchführung s. § 145 AO Rz. 8 und 9. Wegen der Ahndung von Verstößen als Ordnungswidrigkeit s. § 379 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 AO.