A. Bedeutung der Vorschrift
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Vorschrift befasst sich mit der Überführung von nach § 215 AO sichergestellten Sachen in das Eigentum des Bundes als zwingende Folge der Sicherstellung. Entsprechende Regelungen finden sich z. B. auch in § 65 Abs. 3 EnergieStG i. V. m. § 216 AO und § 26 Abs. 2 BierStG. Soweit es sich nicht um herrenlose Sachen handelt, stellt die Überführung in das Eigentum des Bundes eine herkömmliche inhaltliche Beschränkung i. S. des Art. 14 Abs. 1 GG (Eigentumsgarantie) dar. Zur Vermeidung von Härten s. Rz. 8. Die Vorschrift wird teilweise von zollrechtlichen Vorschriften überlagert (s. Art. 198 UZK, § 13 ZollVG; Brandis in Tipke/Kruse, § 216 AO Rz. 1).
B. Überführung in das Eigentum des Bundes (§ 216 Abs. 1–3 AO)
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 216 Abs. 1 Satz 1 AO bestimmt, dass nach § 215 AO sichergestellte Sachen in das Eigentum des Bundes zu überführen sind, es sei denn, es handele sich um Fundgut, für das ein – berechtigter – Eigentumsanspruch geltend gemacht wird. Die Überführung ist zwingend, ein Ermessen wird nicht eingeräumt. Sie kommt für Sachen, hinsichtlich derer eine Steuerhinterziehung, ein Bannbruch oder eine Steuerhehlerei (§§ 370, 372, 373, 374 AO) begangen ist oder die als Umschließungen oder Herstellungsgeräte für solche Waren sichergestellt wurden (s. § 215 Abs. 1 Nr. 3 und 4 AO), nur in Betracht, wenn keine Einziehung im Strafverfahren erfolgt (§ 216 Abs. 1 Satz 2 AO); während eines eingeleiteten Strafverfahrens ist daher die Entscheidung über die Überführung nach § 216 Abs. 1 AO zurückzustellen.
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Mit der Überführung in das Eigentum des Bundes erlischt die Steuerschuld nicht, eine Sachhaftung nach § 76 AO bleibt unberührt (Hoyer in Gosch, § 216 AO Rz. 16 m. w. N.).
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Überführung in das Bundeseigentum erfolgt durch Verwaltungsakt. Er wird entweder den betroffenen Personen (§ 216 Abs. 2 Satz 1 AO) oder, sofern eine betroffene Person nicht bekannt ist, durch Aushang oder eine Veröffentlichung im Bundesanzeiger oder im elektronischen Bundesanzeiger i. S. des § 10 Abs. 2 VwZG öffentlich bekannt gegeben.
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 216 Abs. 3 Satz 1 AO geht das Eigentum auf den Bund über, sobald der Verwaltungsakt unanfechtbar ist. Sind die sichergestellten Sachen mit dem Grund und Boden dergestalt verbunden, dass sie i. S. des § 93 BGB als wesentliche Bestandteile desselben anzusehen sind, geht nach § 216 Abs. 3 Satz 2 AO das Eigentum erst mit der Trennung und unter der Voraussetzung über, dass der die Überführung in das Bundeseigentum anordnende Verwaltungsakt unanfechtbar ist. Daraus folgt auch, dass die Trennung darf nicht vor der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsakts vorgenommen werden darf; dies ergibt sich auch aus § 216 Abs. 4 Satz 1 letzter HS AO.
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 216 Abs. 3 Satz 3 AO werden Rechte Dritter an einer sichergestellten Sache durch die Überführung nicht berührt, es sei denn, die Voraussetzungen des § 216 Abs. 3 Satz 4 AO liegen vor.
C. Notveräußerung (§ 216 Abs. 4 AO)
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 216 Abs. 4 AO regelt das Recht der Notveräußerung sichergestellter Sachen schon vor ihrer Überführung in das Eigentum des Bundes. Die Betroffenen sollen dazu vorher gehört und über die Anordnung sowie Zeit und Ort der Veräußerung unterrichtet werden.
D. Rückgabe des Eigentums (§ 216 Abs. 5 AO)
Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 216 Abs. 5 AO werden Härten dadurch vermieden, dass der gutgläubige Eigentümer, dem die Umstände der Sicherstellung nicht zuzurechnen sind (weil ihm z. B. die Sachen gestohlen worden waren), vor einer Einziehung grundsätzlich geschützt bleibt (Satz 1), indem ihm die Sache zurückgegeben wird, und sonstige gutgläubige Rechtsinhaber aus dem Erlös der zugunsten des Bundes eingezogenen Sachen angemessen entschädigt werden (Satz 2). Schließlich wird durch eine allgemeine Härteklausel in § 216 Abs. 5 Satz 1 und 3 AO ein gewisser Ausgleich gewährt.
E. Rechtsschutz
Tz. 9
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Gegen den Verwaltungsakt, der die Überführung der sichergestellten Sache in das Eigentum des Bundes anordnet, ist der Einspruch gegeben. Mit ihm können Einwendungen gegen die Sicherstellung nach § 215 AO nicht erhoben werden, da Sicherstellung und Überführung selbstständige Verwaltungsakte sind (Hoyer in Gosch, § 216 AO Rz. 29 m. w. N.). Mit dem Einspruch anfechtbare Verwaltungsakte sind auch die Anordnung der Notveräußerung nach § 216 Abs. 4 AO und die Ablehnung der Rückgabe oder der Entschädigung i. S. des § 216 Abs. 5 AO (Brandis in Tipke/Kruse, § 216 AO Rz. 5 m. w. N.).