Schrifttum

Knobbout/Bruijn/Reiffs, Gegenseitige Amtshilfe bei der Beitreibung von Steueransprüchen zwischen den Niederlanden und Deutschland, IWB Fach 5, Gruppe 2, 297 (15/2000).

A. Vollstreckungsersuchen (§ 250 Abs. 1 AO)

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Wird die Ausführung von Vollstreckungsmaßnahmen außerhalb der örtlichen Zuständigkeit der Vollstreckungsbehörde erforderlich, so ist die örtlich zuständige Vollstreckungsbehörde um die Durchführung zu ersuchen. Das gleiche gilt für Maßnahmen, die nicht Vollstreckungshandlungen sind, aber mit der Vollstreckung in Zusammenhang stehen. Das Vollstreckungsersuchen ist ein besonderer Fall der Amtshilfe. Die Vorschriften über die "allgemeine" Amtshilfe (§§ 111 bis 117 AO), insbesondere auch die durch § 112 AO normierten Voraussetzungen für ein Ersuchen werden von § 250 AO nicht verdrängt, sondern ergänzt bzw. modifiziert.

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 250 Abs. 1 Satz 2 AO wiederholt den in § 114 Abs. 1 AO enthaltenen Grundsatz, wonach die Zulässigkeit der Maßnahme, die durch die Amtshilfe verwirklicht werden soll, von der ersuchenden Behörde verantwortet werden muss. Die Verantwortungsverteilung gilt jedoch nur im Innenverhältnis zwischen den Behörden und schließt nicht aus, dass sich der Vollstreckungsbetroffene der vollstreckenden (ersuchten) Behörde gegenüber auf das Fehlen der Vollstreckungsvoraussetzungen (z. B. Fehlen des Leistungsgebots) beruft (BFH v. 04.07.1986, VII B 151/85, BStBl II 1986, 731). S. auch Abschn. 8, 9 VollstrA.

B. Meinungsverschiedenheiten (§ 250 Abs. 2 AO)

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Bei Meinungsverschiedenheiten über die Zuständigkeit der ersuchten Behörde oder Zulässigkeit der Vollstreckungsmaßnahme entscheidet – abweichend von § 112 Abs. 5 Satz 2 AO – stets die Aufsichtsbehörde der ersuchten Vollstreckungsbehörde.

C. Zwischenstaatliche Vollstreckungshilfe (§ 117 AO)

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Zwischenstaatliche Vollstreckungshilfe kann aufgrund innerstaatlich anwendbarer völkerrechtlicher Vereinbarungen, innerstaatlich anwendbarer Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaften sowie des EG-Amtshilfe-Gesetzes (§ 117 Abs. 2 AO) nach Maßgabe des § 117 Abs. 3 AO gewährt werden (s. § 117 AO Rz. 9 ff.).

I. Völkerrechtliche Verträge

 

Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Gegenseitige völkerrechtliche Vereinbarungen, die innerstaatlich aufgrund Zustimmungsgesetzes (Art. 59 Abs. 2 GG) anwendbar sind und die sich auf die Vollstreckung erstrecken, bestehen für direkte Steuern mit Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Italien, Kanada, Luxemburg, den Niederlanden, Norwegen, Österreich und Schweden, für Zölle mit Finnland, Norwegen, Österreich und Schweden. Dem (schriftlichen) Vollstreckungshilfeersuchen sind beglaubigte Ausfertigung des Vollstreckungstitels bzw. zusätzlich oder allein andere Urkunden, die nach den Gesetzen des ersuchenden Staates erforderlich sind, beizufügen, ohne dass dies die Verantwortlichkeit der ersuchenden Behörde für die Vollstreckungsvoraussetzungen tangiert. Die ersuchte Behörde vollstreckt nach den für sie geltenden Vorschriften (Leistungsgebot erforderlich!). Zu Billigkeitsmaßnahmen mit Ausnahme des Vollstreckungsaufschubs (§ 258 AO) ist die ersuchte deutsche Finanzbehörde nicht ermächtigt.

II. EU-Beitreibungsgesetz

 

Tz. 6

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften gilt außer den völkerrechtlichen Abkommen seit dem 01.01.2012 das EU-Beitreibungsgesetz (EUBeitrG), das die EU-Beitreibungsrichtlinie in deutsches Recht umsetzt und das überholte EG-Beitreibungsgesetz ablöst (BeitrRUmsG v. 13.12.2011, BGBl I 2011, 2592). Das EU-BeitrG regelt die Einzelheiten der Amtshilfe zwischen Deutschland und den anderen EU-Mitgliedstaaten zur Geltendmachung von Steuerforderungen und Abgaben (Art. 1 § 1 EU-BeitrG). Mit dem EU-BeitrG wird zugleich ein einheitlicher Vollstreckungstitel eingeführt, der für die Vollstreckungsbehörden der Mitgliedstaaten ohne vorherige nationale Anerkennung unmittelbar Vollstreckungsgrundlage ist (Art. 1 §§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 3 EU-BeitrG; im Einzelnen s. Seer in Tipke/Kruse, § 250 AO Rz. 25 f.). Noch unter Geltung des EG-Beitreibungsgesetzes hat der BFH entschieden, dass ein per E-Mail übermitteltes Beitreibungsersuchen zulässig ist und der Fiskus grundsätzlich nicht gehindert ist, zur Vollstreckung aus einem Beitreibungsersuchen weitergehende Amtshilfe zu leisten, als in der BeitrRL vorgesehen (BFH v. 11.12.2012, VII R 70/11, BStBl II 2013, 475).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge