Schrifttum
Carl, Die Angabe des Schuldgrundes in der Pfändungsverfügung (§ 260 AO), DStZ 1995, 430;
Strunk, Forderungspfändung, Drittschuldner und Steuergeheimnis, DStZ 1997, 704;
Bartone, Forderungspfändung und Übermaßverbot – Hinweise zur Prüfung von Formmängeln und Verhältnismäßigkeit, AO-StB 2002, 397.
A. Bedeutung der Vorschrift
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Vorschrift betrifft den Vollstreckungsauftrag (§ 285 Abs. 2 AO) und die Pfändungsverfügung (§ 309 Abs. 1 AO). Die angeordnete Angabe des Schuldgrunds dient der Erkennbarmachung des zwischen dem zu vollstreckenden Verwaltungsakt und der Vollstreckungsmaßnahme bestehenden notwendigen Zusammenhangs. Dabei handelt es sich nicht lediglich um eine Begründung des Verwaltungsakts, sondern um dessen notwendigen Inhalt, der das Erfordernis der Bestimmtheit des Verwaltungsakts nach § 119 AO betrifft.
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Soweit durch die Angabe des Grunds für die beizutreibenden Geldbeträge die Verhältnisse des Vollstreckungsschuldners Dritten offenbart werden, stellt die Vorschrift einen besonderen Fall einer ausdrücklichen Zulassung der Durchbrechung des Steuergeheimnisses i. S. des § 30 AO dar (s. BFH v. 18.07.2000, VII R 94/98, BFH/NV 2001, 141; BFH v. 18.07.2000, VII R 101/98, BStBl II 2001, 5).
B. Notwendiger Inhalt
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Der notwendige Inhalt der vorgeschriebenen Angaben ergibt sich aus dem Zweck der Vorschrift. Es muss zweifelsfrei feststehen, welcher konkrete Anspruch nach Grund und Höhe durch die ergriffene Vollstreckungsmaßnahme durchgesetzt werden soll, um die Überprüfung der Zulässigkeit der Vollstreckungsmaßnahme, insbes. durch den Vollstreckungsschuldner, z. B. im Hinblick auf § 281 Abs. 2 AO zu ermöglichen. In der Regel sind daher Abgabenart, Entstehung der Zahlungsverpflichtung, sowie Höhe und Fälligkeit des beizutreibenden Betrages darzulegen (BFH v. 08.02.1983, VII R 93/76, BStBl II 1983, 435; s. hiergegen Carl, DStZ 1985, 430). Bei Veranlagungssteuern ist es ausreichend, den beizutreibenden Betrag für die benannten Veranlagungszeiträume in einer Summe auszuweisen. Es ist nicht erforderlich, denn Betrag für jeden einzelnen Veranlagungszeitraum zu benennen (BFH v. 27.06.2006, VII R 34/05, BFH/NV 2006, 2024).
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Eine Modifizierung erfährt der notwendige Inhalt für die an den Drittschuldner zuzustellende Pfändungsverfügung durch § 309 Abs. 2 Satz 2 AO (BFH v. 18.07.2000, VII R 101/98, BStBl II 2001, 5; BFH v. 11.12.2012, VII R 70/11, BFH/NV 2013, 796). § 309 Abs. 2 Satz 2 AO will vermeiden, dass der Dritte unnötig weit Einblick in die Verhältnisse des Pfändungsschuldners erhält und beschränkt den zulässigen Inhalt der dem Dritten zuzustellenden Verfügung auf den beizutreibenden Geldbetrag in einer Summe. Steuerarten und Zeiträume sind nicht zu bezeichnen (s. § 309 AO Rz. 8).
C. Fehlen der Angaben
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Da die Angabe des Schuldgrundes zwingend vorgeschrieben ist, sind die aufgrund des fehlerhaften Vollstreckungsauftrags ergriffenen Vollstreckungsmaßnahmen im Einspruchsverfahren aufzuheben. Der Vollstreckungsauftrag selbst ist nicht anfechtbar.
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Angabe des Schuldgrunds kann nach Auffassung des BFH mit heilender Wirkung nachgeholt werden, dies aber – bei einer Pfändungsmaßnahme – nur durch eine Verfügung, die ihrerseits alle gesetzlichen Voraussetzungen der Pfändungsverfügung erfüllt (BFH v. 08.02.1983, VII R 93/76, BStBl II 1983, 435). Weil die nach der Vorschrift unerlässlichen Angaben dem Vollstreckungsschuldner gegenüber Begründungscharakter haben, sollte u. E. entgegen der Auffassung des BFH § 126 Abs. 1 Nr. 2 AO Anwendung finden (so auch Werth in Klein, § 260 AO Rz. 4; Loose in Tipke/Kruse, § 260 AO Rz. 6; wie BFH auch Müller-Eiselt in HHSp, § 260 AO Rz. 15).