Schrifttum
Frenkel, Die Zulässigkeitsvoraussetzungen bei außergerichtlichen Rechtsbehelfen nach der AO 1977, DStR 1977, 557;
Hein, Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für Rechtsbehelfe im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren, StB 1979, 293 und StB 1980, 1.
A. Bedeutung der Vorschrift
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Eine Sachentscheidung über den Verfahrensgegenstand darf nur ergehen, wenn der Einspruch zulässig ist. Die Zulässigkeit ist von Amts wegen zu prüfen und zwar von der Finanzbehörde, die die Entscheidung über den Einspruch zu treffen hat (§ 367 AO). Gleiches gilt für die Abhilfe des Einspruchs, die nur erfolgen kann, wenn die Zulässigkeitsvoraussetzungen vorliegen. Ist der Einspruch eindeutig und offensichtlich unbegründet, hat die frühere Rechtsprechung angenommen, aus verfahrensökonomischen Gründen könne eine Zulässigkeitsprüfung unterbleiben (BFH v. 11.02.1987, II B 140/86, BStBl II 1987, 344; BFH v. 08.02.1977, VIII B 22/76, BStBl II 1977, 313; auch Keß in Schwarz/Pahlke, § 358 AO Rz. 5). Nach dem bloßen Wortlaut und im Hinblick auf den Grundsatz, dass ein unzulässiger Einspruch keine Entscheidung zur Sache nach sich ziehen darf, ist ein solches Verfahren abzulehnen (BFH v. 07.08.2001, I B 16/01, BStBl II 2002, 13; so wohl auch: Siegers in HHSp, § 358 AO Rz. 45). Dies gilt ausnahmslos, wenn die Wirkungen eines als unbegründet zurückgewiesenen Einspruchs andere sind, als die eines als unzulässig verworfenen (so Seer in Tipke/Kruse, § 358 AO Rz. 22, 23). Die Zulässigkeitsvoraussetzungen müssen im Zeitpunkt der Entscheidung über den Einspruch gegeben sein. Eventuelle Mängel sind bis dahin heilbar.
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
vorläufig frei
B. Zulässigkeitsvoraussetzungen
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 358 AO selbst nennt nur Form und Frist als Zulässigkeitsvoraussetzungen. Die Aufzählung ist insoweit nicht abschließend. Wesentliche Zulässigkeitsvoraussetzungen sind:
- die Zulässigkeit des Finanz-Einspruchswegs (§ 347 AO),
- die Statthaftigkeit des Einspruchs (§§ 347, 348 AO),
- das Vorliegen der Einspruchsbefugnis (§ 350 AO, §§ 352, 353 AO),
- die Beteiligtenfähigkeit (§ 359 AO),
- die Handlungsfähigkeit (§ 365 AO i. V. m. § 79 AO), kein Einspruchsverzicht (§ 354 AO),
- die Wahrung der Einspruchsfrist (§ 355 Abs. 1 AO),
- formelle Ordnungsmäßigkeit (§ 357 AO),
- keine Rücknahme des Einspruchs (§ 362 AO) und
- das Rechtsschutzbedürfnis.
C. Die Entscheidung
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Entscheidung über den Einspruch ist für die weiteren Rechtsfolgen von Bedeutung. Ist der Einspruch unzulässig, wird z. B. nicht der Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 3a Satz 2 i. V. m. Satz 1 AO gehemmt. Der zulässige Einspruch hindert den Eintritt der Bestandskraft des angefochtenen Verwaltungsaktes und seine Unanfechtbarkeit. Die Finanzbehörde ist verpflichtet, die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes in der Sache zu prüfen (§ 367 Abs. 2 Satz 1 AO). Der unzulässige Einspruch ist als solcher zu verwerfen (§ 358 Satz 2 AO). Der angefochtene Verwaltungsakt ist unanfechtbar geworden; eine Entscheidung in der Sache darf nicht mehr ergehen.