Schrifttum
Brandt, Klagerücknahme und Rechtsschutz im finanzgerichtlichen Verfahren, AO-StB 2003, 61;
Rosenke, Wirksamkeit einer Einspruchsrücknahme, EFG 2010, 2050.
A. Bedeutung der Vorschrift
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Das durch Einlegung des Einspruchs anhängig gewordene Einspruchsverfahren findet entweder durch Verwaltungsakt der Einspruchsbehörde oder aber durch den Einspruchsführer selbst im Wege der Einspruchsrücknahme bzw. der Erledigungserklärung seinen Verfahrensabschluss. Das Einspruchsverfahren steht in der Dispositionsbefugnis des Einspruchsführers. Mit seiner Rücknahmeerklärung wird der Finanzbehörde die Entscheidungsbefugnis entzogen und die Anhängigkeit des Einspruchsverfahrens beseitigt. Eine Rücknahme kommt in Betracht, wenn der Einspruch offensichtlich keinen Erfolg mehr hat oder der Einspruchsführer sonst kein Interesse mehr an der Fortführung des Verfahrens hat. Anders als beim Verzicht auf den Einspruch, der sich lediglich auf künftig einlegbare Einsprüche bezieht, kann ein bereits eingelegter Einspruch nur zurückgenommen werden.
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Rücknahme des Einspruchs ist eine prozessuale empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit einigen verfahrensrechtlichen Besonderheiten, insbes. den Regeln über den Zugang und die Auslegung von Willenserklärungen folgt. Als Verfahrenshandlung ist die Rücknahme jedoch bedingungsfeindlich (Rz. 14); sie kann nicht widerrufen und nach h. M. auch nicht angefochten werden (BFH v. 07.11.1990, III S 7/90, BFH/NV 1991, 337; BFH v. 08.07.1969, II R 108/66, BStBl II 1969, 733).
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
vorläufig frei
B. Voraussetzungen der Einspruchsrücknahme
I. Form
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Form der Rücknahmeerklärung ergibt sich aus der in § 362 Abs. 1 Satz 2 AO enthaltenen Verweisung auf § 357 Abs. 1 und 2 AO. Sie kann nur schriftlich eingereicht oder zur Niederschrift erklärt werden. Die telegrafische Rücknahme ist zulässig (§ 362 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 357 Abs. 1 Satz 3 AO). Vergleiche im Übrigen Bemerkungen zu § 357 AO.
II. Frist
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Rücknahme ist bis zur Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung zulässig (§ 362 Abs. 1 Satz 1 AO). Eine spätere Erklärung ist unwirksam (BFH v. 10.07.1996, I R 5/96, BStBl II 1996, 5). Sie kann noch bis zur Unterzeichnung der Einspruchsentscheidung aber nicht mehr nach deren Zugang erfolgen. Dabei ist es denkbar, dass Rücknahmeerklärung und Einspruchsentscheidung sich "kreuzen". Die Wirksamkeit der Rücknahmeerklärung bleibt davon jedoch unberührt. Für die Bekanntgabe gilt § 122 AO (BFH v. 26.02.2002, X R 44/00, BFH/NV 2002, 1409).
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Bei Zugang der Rücknahmeerklärung muss also ein Einspruchsverfahren anhängig sein. Das setzt zunächst einmal auch den Beginn eines solchen voraus. Unerheblich ist dabei, ob das Einspruchsverfahren statthaft, zulässig oder begründet sein wird (Birkenfeld in HHSp, § 362 AO Rz. 95).
Tz. 7
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vorläufig frei
III. Erklärungsbefugnis
Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Rücknahme kann vom Einspruchsführer oder seinem Bevollmächtigten erklärt werden. Gibt es mehrere Einspruchsführer, bleibt das Verfahren gegen diejenigen anhängig, die die Rücknahme nicht erklärt haben. Auch ein angemaßter Rechtsbehelfsführer, der den Einspruch für einen anderen ohne Vollmacht eingelegt hatte, darf diesen wieder zurücknehmen.
Tz. 9
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Rücknahme durch den Bevollmächtigten wirkt für und gegen den Einspruchsführer, auch wenn er gegen seinen Willen und ohne sein Wissen handelt. Interne Beschränkungen der Vollmacht sind unerheblich (Birkenfeld in HHSp, § 362 AO Rz. 44; Brandis in Tipke/Kruse, § 362 AO Rz. 3; Keß in Schwarz/Pahlke, § 362 AO Rz. 32, die Einschränkung der Vollmacht ist der Finanzbehörde gegenüber eindeutig erkennbar zu machen).
IV. Adressat
Tz. 10
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Die Rücknahmeerklärung ist an die Finanzbehörde zu richten, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat oder bei der ein Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes gestellt worden ist. Über § 362 Abs. 1 Satz 2 AO gilt § 357 Abs. 2 AO entsprechend. Danach kann die Rücknahme eines Einspruchs der sich gegen die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen oder gegen die Festsetzung eines Steuermessbetrages richtet, auch gegenüber der Finanzbehörde erklärt werden, die für die Erteilung des Steuerbescheides zuständig ist (§ 357 Abs. 2 Satz 2 AO). Das Gleiche gilt für die Rücknahme eines Einspruchs gegen einen Verwaltungsakt, den eine Behörde für die zuständige Finanzbehörde erlassen hat. Die Rücknahme kann gegenüber der zuständigen Finanzbehörde erklärt werden (§ 357 Abs. 2 Satz 3 AO).
Tz. 11
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In den genannten Fällen ist die Weiterleitung der Erklärung (§ 357 Abs. 2 Satz 4 AO) für den Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung ohne Bedeutung. Wird die Rücknahme jedoch gegenüber einer beliebigen anderen Behörde erklärt, tritt ihre Wirksamkeit erst dann ein, wenn sie innerhalb der vorgeschriebenen Frist (Rz. 5) an eine der in § 357 Abs. 2 AO genannten Behörden w...