Karl Blesinger, Dr. Andreas Viertelhausen
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Vorschrift definiert die mildtätigen Zwecke. Diese liegen vor, wenn Personen selbstlos (s. § 55 AO) unterstützt werden, die sich in einer Notlage befinden, die entweder durch ihren Gesundheitszustand (§ 53 Nr. 1 AO) oder ihre wirtschaftliche Lage (§ 53 Nr. 2 AO) verursacht ist. Ein von einem gemeinnützigen Verein betriebenes Familienhotel ist keine steuerbegünstigte Einrichtung der Wohlfahrtspflege, wenn nicht nachgewiesen wird, dass die Leistungen zu mindestens zwei Dritteln den in § 53 AO genannten hilfsbedürftigen Personen zugutekommen (BFH v. 21.9.2016, V R 50/15, BStBl II 2017, 1173).
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 53 Nr. 1 AO verfolgt eine Körperschaft dann mildtätige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, natürliche Personen selbstlos zu unterstützen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, so kommt es nicht auch auf die wirtschaftliche Lage dieser Personen an (AEAO zu § 53, Nr. 4). Selbstverständlich können bei diesen Personen gleichzeitig die Voraussetzungen der § 53 Nr. 2 AO gegeben sein.
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Unter § 53 Nr. 1 AO fallen demnach insbes. schwer körperlich behinderte Personen, die sich wegen ihrer Behinderung ohne fremde Hilfe nicht selbst versorgen können. Ferner ist an geistig Behinderte zu denken, die davor bewahrt werden müssen, wegen ihrer geistigen Beeinträchtigung sich oder anderen Schaden zuzufügen bzw. denen Hilfe im Kampf um das Dasein geleistet werden muss. Ohne Bedeutung ist, ob es sich um angeborene oder durch Unfall oder Krankheit bedingte Behinderungen handelt. Auch altersbedingte Gebrechlichkeit fällt unter die Vorschrift. Ferner wird die Unterstützung von Personen begünstigt, deren seelischer Zustand eine Hilfsbedürftigkeit im vorstehenden Sinn verursacht (AEAO zu § 53, Nr. 1). Hierunter fallen z. B. Personen, deren depressive Gemütsverfassung die Gefahr eines Selbstmordes oder der Selbstverstümmelung heraufbeschwört. Dem begünstigten Personenkreis müssen auch suchtgefährdete Personen zugerechnet werden.
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Es nicht erforderlich, dass die Behinderung dauernd besteht. Es genügt, wenn die persönliche Hilfsbedürftigkeit tatsächlich besteht, ohne dass es darauf ankommt, ob bereits abzusehen ist, wann sie u. U. oder ob sie mit Sicherheit in Zukunft wieder entfallen wird. Es ist auch nicht erforderlich, dass sich die geförderten Personen im Inland befinden.
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 53 Nr. 2 AO begünstigt die Unterstützung wirtschaftlich Not leidender Personen. Zur Feststellung dieser Not ist nicht nur auf die Bezüge des Unterstützten abzustellen, zusätzlich sind auch die der sonstigen Haushaltsangehörigen heranzuziehen (AEAO zu § 53, Nr. 6). Zu den Bezügen gehören alle Einnahmen, auch wenn sie nicht steuerbar oder steuerfrei sind (BFH v. 02.08.1974, IV R 148/71, BStBl II 1975, 139). Die eigenen Einkünfte oder anderen zur Bestreitung des Unterhalts bestimmten oder geeigneten Bezüge dürfen nicht höher sein, als das Vierfache des Regelsatzes der Sozialhilfe i. S. des § 28 SGB XII, bei Alleinstehenden oder Alleinerziehenden ist das Fünffache des Regelsatzes die Bezugsgröße (s. dazu die Aufstellung der OFD Frankfurt/Main v. 13.10.2004, DStZ 2005, 48).
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 53 Nr. 2 Satz 2 AO schließt von der Förderungswürdigkeit grundsätzlich solche Personen aus, die über Vermögen verfügen, dessen Verwendung zur nachhaltigen Verbesserung ihres Unterhalts möglich und zumutbar ist. In besonders begründeten Notlagen dürfen sowohl die Bezüge als auch das Vermögen die genannten Grenzen übersteigen (§ 53 Nr. 2 Satz 3 AO). Dabei wird es wesentlich auf die sonstigen Verpflichtungen ankommen, die der Person obliegen. Zu denken ist auch an eine Krankheit oder Gebrechlichkeit, die zu besonders hohen Aufwendungen zwingt, ohne dass die Hilfsbedürftigkeit ohnehin auf § 53 Nr. 1 AO gestützt werden kann. Auch plötzlich eintretende Katastrophenfälle können eine entsprechende wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit ohne Rücksicht auf die finanziellen Verhältnisse des Betroffenen verursachen. Es entspricht einem wohlverstandenen Gefühl der Solidarität, solchen unverschuldet durch höhere Gewalt in eine Notlage geratenen Personen ohne Rücksicht darauf zu helfen, ob sie normalerweise in der Lage sind, den Lebensunterhalt unschwer zu bestreiten.
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 53 Nr. 2 AO sind bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage der zu unterstützenden Person auch Unterhaltsansprüche zu berücksichtigen (zu den Besonderheiten bei minderjährigen Schwangeren oder minderjährigen Müttern s. AEAO zu § 53, Nr. 6). Nach dem neugefassten Wortlaut werden nur gezahlte und empfangene Leistungen berücksichtigt. Auch Leistungen Dritter, die ohne entsprechende Verpflichtung tatsächlich erbracht werden und i. S. von § 53 Nr. 2 Satz 4 Buchstabe b AO sowohl zur...