Karl Blesinger, Dr. Andreas Viertelhausen
Schrifttum
Leisner, Kann das bloße Nützen eines gesetzlich gewährten Steuervorteils gemeinnützigkeitsschädlich sein? DStR 2012, 1123.
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 56 AO definiert die Ausschließlichkeit der Zweckverfolgung i. S. des § 51 Satz 1 AO. Diese ist gegeben, wenn die Körperschaft keine anderen als ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verfolgt. Hinsichtlich dieser Voraussetzung treten Überschneidungen mit dem Begriff der Selbstlosigkeit (s. § 55 AO) auf. Fehlt es an der Selbstlosigkeit, weil die Körperschaft auch eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt, so ist auch die Ausschließlichkeit nicht gewahrt.
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Lediglich solche Körperschaften, die nur ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verfolgen, erfüllen das Merkmal der Ausschließlichkeit. Ausnahmen müssen ausdrücklich gesetzlich zugelassen sein (s. z. B. § 58 AO). Ein Verein, der satzungsgemäß einem gemeinnützigen Zweck dient, verfolgt diesen auch dann ausschließlich, wenn in der Satzung neben dem gemeinnützigen Zweck als weiterer Zweck "Förderung der Kameradschaft" genannt wird und sich aus der Satzung ergibt, dass damit lediglich eine Verbundenheit der Vereinsmitglieder angestrebt wird, die aus der gemeinnützigen Vereinstätigkeit folgt (BFH v. 11.03.1999, V R 57, 58/96, BStBl II 1999, 331). Schädlich ist es auch nicht, wenn eine Körperschaft gelegentlich zu einem Gegenstand der allgemeinen Politik Stellung bezieht, der den satzungsgemäß verfolgten gemeinnützigen Zweck betrifft (BFH v. 23.11.1988, I R 11/88, BStBl II 1989, 391). Eine Körperschaft dient nicht ausschließlich gemeinnützigen Zwecken, wenn ihre formal begünstigte Tätigkeit nach der Vertragsgestaltung erkennbar dazu dient, den ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG zugunsten einer nicht gemeinnützigen Körperschaft zu nutzen (BFH v. 23.02.2012, V R 59/09, BStBl II 2012, 544; a. A. Leisner, DStR 2012, 1123).
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 63 Abs. 1 AO muss die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft auf die ausschließliche und unmittelbare (s. § 57 AO) Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein. Die gesamte Tätigkeit muss also grundsätzlich den steuerlich begünstigten Zwecken dienen. Mit der Inanspruchnahme der Steuerfreiheit wegen der Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke ist es nicht vereinbar, wenn die Körperschaft neben dem begünstigten Zweck auch andere, steuerlich nicht begünstigte Zwecke verfolgt, insbes. schädliche Geschäftsbetriebe unterhält. Eine neben der unmittelbaren Verfolgung der steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecke ausgeübte vermögensverwaltende Tätigkeit verstößt nicht gegen das Gebot der Ausschließlichkeit (s. § 58 Nr. 7a AO; BFH v. 23.10.1991, I R 19/91, BStBl II 1992, 62), wenn die Erträge hieraus den steuerbegünstigten satzungsgemäßen Zwecken dienen (BFH v. 24.07.1996, I R 35/94, BStBl II 1996, 583, 585). Selbstverständlich dürfen auch mehrere steuerbegünstigte Zwecke nebeneinander verfolgt werden, sofern diese in der Satzung niedergelegt sind (s. AEAO zu § 56 Nr. 2).