Karl Blesinger, Dr. Andreas Viertelhausen
Schrifttum
Spitaler/Schröder, Neuerungen bei der zeitnahen Mittelverwendung und Rücklagenbildung (Teil 1 und 2), DStR 2014, 2144, 2194.
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Rücklagenbildung und Zuführung von Mittel zum Vermögen dient der dauerhaften Sicherung der Zweckerfüllung der Körperschaft. Rechtlich sind die Rücklagen und Vermögenszuführungen allerdings Ausnahmen vom Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung. Die Verortung dieser Regelung in § 62 AO ist die gesetzessystematische Unterstreichung dieser Einordnung als Ausnahme. Gleichzeitig wird die Bedeutung dieser Instrumentarien als Möglichkeit zur Erhaltung und Steigerung der Leistungsfähigkeit der steuerbegünstigten Körperschaft gesetzlich dokumentiert (Gesetzesbegründung, BT-Drs. 17/11316, 14). § 62 AO ist am 01.01.2014 in Kraft getreten.
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zu 62 Abs. 1 Nr. 1 AO: Grundsätzlich hat die Körperschaft ihre Mittel zeitnah für die steuerbegünstigten Zwecke zu verwenden (BFH v. 26.04.1989, I R 209/85, BStBl II 1989, 670). Oft bedarf es jedoch der Bildung eines erforderlichen Arbeitskapitals, um die Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke über längere Zeiträume ungefährdet gewährleisten zu können. Die Rücklage ist in der Regel nur dann steuerunschädlich, wenn sie der Verwirklichung eines bestimmten Zwecks in absehbarer Zeit dienen soll (s. § 62 Abs. 2 AO; BFH v. 23.07.2003, I R 29/02, BStBl II 2003, 930, 932 m. Anm. Fischer, FR 2004, 147). Die Vorschrift setzt den Rahmen, in dem die Bildung eigenen Vermögens noch mit den Zielen der Gemeinnützigkeit vereinbar ist. Sie gilt auch für gemeinnützige Förder- und Spendensammelvereine i. S. des § 58 Nr. 1 AO (BFH v. 13.09.1989, I R 19/85, BStBl II 1990, 28). Erforderlich ist der Ausweis in einer besonderen Rücklage, durch die die zweckbestimmten Mittel jederzeit kontrollierbar und nachprüfbar gebunden sind (BFH v. 20.12.1978, I R 21/76, BStBl II 1979, 496). Zu den Folgen eines Verstoßes s. auch § 63 Abs. 4 AO.§ 62 Abs. 1 Nr. 1 AO entspricht § 58 Nr. 6 AO a. F.
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zu § 62 Abs. 1 Nr. 2 AO: Geregelt ist die Wiederbeschaffungsrücklage, die in der Praxis bereits zuvor anerkannt war. Für Ersatzinvestitionen kann ein Betrag in Höhe der Absetzungen für Abnutzungen der Rücklage zugeführt werden. Sollen höhere Beträge in diese Rücklage eingestellt werden, ist die Notwendigkeit darzulegen (AEAO zu § 63, Nr. 6).
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zu § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO: Die Regelung gestattet gemeinnützigen Körperschaften in begrenztem Umfang die Verwendung von Erträgen für die Bildung freier Rücklagen. Dabei wird sichergestellt, dass die für die gemeinnützigen Zwecke verbleibenden Mittel nicht zu stark beschnitten werden. Dies wird dadurch erreicht, dass höchstens 33,3 % des Überschusses der Einnahmen über die Unkosten aus Vermögensverwaltung (s. § 14 AO Rz. 6) und darüber hinaus höchstens 10 v. H. der nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO zeitnah zu verwendenden Mittel einer freien Rücklage zugeführt werden dürfen.Die Vorschrift entspricht § 58 Nr. 7a AO a. F.
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zu § 62 Abs. 1 Nr. 4 AO: Gestattet ist die Verwendung oder Ansammlung von Mitteln zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften. Für die Verwendung oder Ansammlung dieser Mittel gilt der Höhe nach die Beschränkung, dass Sie auf die Rücklage nach Nr. 3 anzurechnen sind (vgl. die Beispielsrechnung in AEAO zu § 62, Nr. 13). Die Regelung zur Mittelverwendung für einen solchen Erwerb im Jahr des Zuflusses findet sich in § 38 Nr. 9 AO. Die Vorschrift entspricht § 58 Nr. 7b AO a. F.
Tz. 6
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zu § 62 Abs. 2 AO: Der Zeitraum in dem die Rücklage zu erfolgen hat wird durch den Verweis auf § 55 Abs. 1 Nr. 5 Satz 3 AO auf die dem Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahre festgelegt. Es wird klargestellt, dass alle zweckgebundenen Rücklagen bereits dann aufzulösen sind, wenn der Grund für die Rücklagenbildung entfallen ist. Die Verwendung der freiwerdenden Mittel unterliegt der allgemeinen Mittelverwendungsfrist.
Tz. 7
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zu § 62 Abs. 3 AO: Die abschließende Aufzählung erlaubt es ausnahmsweise grundsätzlich zeitnah zu verwendende Mittel dem zulässigen Vermögen zuzuführen. Werden Mittel nach dieser Vorschrift dem Vermögen zugeführt, sind sie aus der Bemessungsgrundlage für Zuführungen von sonstigen zeitnah zu verwendenden Mitteln nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO herauszurechnen (s. AEAO zu § 62 Nr. 16). Die Vorschrift entspricht § 58 Nr. 11 AO a. F.
Tz. 8
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Zu § 62 Abs. 4 AO: Die Ausdehnung des Zeitraums für die Zuführung von Überschüssen aus der Vermögenverwaltung und Gewinnen aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben zum Vermögen auf drei Jahre ermöglicht den Stiftungen einen soliden Aufbau des Kapitalstocks für steuerbegünstigte Zwecke. Dies verschafft ihnen auch eine gewisse Dispositionsfreiheit über die genannten Überschüsse bzw. Gewin...