A. Zusagen und Auskünfte der Finanzbehörde

I. Allgemeines

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die AO regelt verbindliche Zusagen oder ähnliche Rechtsinstitute in § 89 Abs. 2 AO mit der allgemeinen verbindlichen Auskunft (s. Rz. 2) und in §§ 204ff. AO mit der verbindlichen Zusage aufgrund einer Außenprüfung. Sonderfälle außerhalb der AO geregelter verbindlicher Auskünfte sind die Anrufungsauskunft nach § 42e EStG auf dem Gebiet des LSt-Rechts sowie die verbindlichen Zolltarif- und Ursprungsauskünfte nach Art. 33 UZK.

 

Tz. 2

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In der Praxis bestand von jeher wegen der Kompliziertheit des materiellen Steuerrechts, der steigenden Steuerlastquote und aus Gründen der Planungssicherheit ein erhebliches Interesse an einer gesetzlich geregelten allgemeinen verbindlichen Auskunft. Der BFH (u. a. BFH v. 16.03.1983, IV R 36/79, BStBl II 1983, 459) hatte vor der nunmehrigen gesetzlichen Regelung eine Lösung aus dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gefunden. Auf der Grundlage dieser Rspr. hatte das BMF erstmals mit Schreiben vom 24.07.1987, zuletzt durch Schreiben v. 29.12.2003 (BStBl I 2003, 742) die "Auskunft mit Bindungswirkung nach Treu und Glauben (verbindliche Auskunft)" geregelt. Durch das Föderalismusreform-Begleitgesetz vom 05.09.2006 (BGBl I 2006, 2098) ist mit § 89 Abs. 2 ff. AO eine gesetzliche Regelung der verbindlichen Auskunft geregelt worden. Auf die Ausführungen zu § 89 AO wird verwiesen.

 

Tz. 3

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Auf derselben Grundlage von Treu und Glauben soll nach dem BFH die sog. tatsächliche Verständigung beruhen (s. Rz. 15 ff). Anders als die genannten Zusagen oder Auskünfte bewirkt sie keine Bindung an die steuerrechtliche Behandlung eines Sachverhalts für die Zukunft; sie enthält vielmehr unter bestimmten Voraussetzungen eine verbindliche Vereinbarung über die Annahme eines der Besteuerung zu unterwerfenden Sachverhalts. Ihre Bindungswirkung beruht nach h. M. entgegen dem BFH auf ihrem Charakter als öffentlich-rechtlicher Vertrag (s. Rz. 29).

 

Tz. 4

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vorläufig frei

II. Verbindliche Zusage aufgrund einer Außenprüfung

 

Tz. 5

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In der steuerlichen Praxis kommt es häufig insbes. dann zu Differenzen zwischen dem Stpfl. und dem FA, wenn bei einer Betriebsprüfung bestimmte Sachverhalte ausdrücklich überprüft, ihre Behandlung durch den Stpfl. nicht beanstandet wird oder sie anders behandelt werden als bisher im Veranlagungsverfahren oder bei früheren Prüfungen. Die Stpfl. stellen sich im Allgemeinen auf die bei einer Außenprüfung von der Finanzbehörde vertretene Auffassung ein und richten danach insbes. ihre zukünftigen wirtschaftlichen Dispositionen aus, um steuerliche Nachteile zu vermeiden. Einschränkend wirkt allerdings das Prinzip der Abschnittsbesteuerung, wonach ein Sachverhalt für jeden Veranlagungszeitraum erneut zu prüfen ist (von Wedelstädt, AO-StB 2013, 219). Um dem Stpfl. insoweit einen gewissen Grad an Sicherheit zu geben, regeln die §§ 204 bis 207 AO Voraussetzungen, Form, Bindung und Korrektur der verbindlichen Zusage im Anschluss an eine Außenprüfung.

 

Tz. 6-7

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vorläufig frei

III. Außerhalb der AO geregelte Zusagen

Schrifttum

Buciek, Bindende Erklärungen der Finanzverwaltung, DStZ 1999, 389;

Borggreve, Auskünfte und Zusagen über Besteuerungsgrundlagen, AO-StB 2007, 77 (Teil I); AO-StB 2008, 108 (Teil II);

Martin, Anrufungsauskunft nach § 42e EStG, NWB 2012, 3700;

Geserich, Lohnsteueranrufungsauskunft nach § 42e EStG, NWB 2014, 1866;

Hilbert, Die Lohnsteuer-Anrufungsauskunft nach § 24e EStG, NWB 2018, 466.

1. Lohnsteueranrufungsauskunft (§ 42e EStG)

 

Tz. 8

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Nach § 42e EStG hat der "Beteiligte" einen Anspruch auf Auskunft, ob und inwieweit im einzelnen Fall die Vorschriften über die Lohnsteuer anzuwenden sind. Die Auskunft setzt eine Anfrage, d. h. einen Antrag, und ein Auskunftsinteresse voraus. Antragsteller können der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer, der gesetzliche Vertreter und Vermögensverwalter nach § 34 AO oder Verfügungsberechtigte nach § 35 AO sein. Zuständig für die Auskunft ist das Betriebstätten-FA des Arbeitgebers (s. dazu im Einzelnen § 42e Satz 2 ff. EStG). Die Lohnsteueranrufungsauskunft nach § 42e EStG trifft eine Regelung dahingehend, wie die Finanzbehörde den vom Antragsteller dargestellten Sachverhalt gegenwärtig beurteilt. Der Stpfl. hat keinen Anspruch auf einen bestimmten rechtmäßigen Inhalt der Auskunft (BFH v. 27.02.2014, VI R 23/13, BStBl II 2014, 894).

 

Tz. 9

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Die Anrufungsauskunft ist keine Wissenserklärung des FA, sondern ein feststellender Verwaltungsakt (h. M., BFH v. 30.04.2009, VI R 54/07, BStBl II 2010, 996 m. w. N. in Änderung seiner Rspr.; BFH v. 16.05.2013, VI R 23/12, BStBl II 2014, 325 m. w. N.; ferner u. a. Frotscher in Schwarz/Pahlke, Vor §§ 204–207 AO Rz. 22) und kann daher im Rechtsbehelfswege inhaltlich überprüft werden. Die Ablehnung einer Auskunft oder seine Aufhebung sind ebenfalls Verwaltungsakte (BFH v. 02.09.2010, VI R 3/09, BStBl II 2011, 233). Sie tritt außer Kraft, wenn sich die Rechtsvorschriften, auf denen sie beruht, ändern (u. a. Seer in Tipke/Kruse, § 89 A...

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