Katharina Wagner, Dr. Klaus J. Wagner
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Am Revisionsverfahren nehmen nur diejenigen teil, die aufgrund von § 57 FGO am Klageverfahren beteiligt waren; sie werden mit der Einlegung der Revision eo ipso Beteiligte des Revisionsverfahrens. Maßgeblich ist die tatsächliche Beteiligung (BFH v. 04.12.2012, I B 72/12, BFH/NV 2013, 565; BFH v. 20.12.2013, IX R 33/12, BFH/NV 2014, 557), die aber dann nicht mehr gegeben ist, wenn sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt hat (BFH v. 14.11.1989, VIII R 302/84, BStBl II 1989, 697; BFH v. 31.08.2000, VIII R 33/00, BFH/NV 2001, 320), sodass z. B. auch der zu Unrecht Beigeladene Beteiligter ist, während der zu Unrecht nicht Beigeladene nicht am Revisionsverfahren beteiligt ist (zur Möglichkeit der Beiladung im Revisionsverfahren s. § 123 FGO Rz. 3). Bei Verbindung von Verfahren verschiedener Kläger (bzw. subjektiver und objektiver Klagenhäufung) ist – soweit diese nicht eine notwendige Beiladung ersetzt (§ 73 Abs. 2 FGO) – zu beachten, dass an dem nur von einem Kläger angestrengten Revisionsverfahren der oder die weiteren Kläger an diesem nicht beteiligt sind. Hat das FG nach Verbindung die Klage eines der Kläger abgewiesen, der Klage des anderen aber ganz oder teilweise entsprochen, ist der vollunterlegene Kläger nicht Beteiligter im Verfahren über eine nur von der beklagten Behörde eingelegten Revision (BFH v. 22.11.1988, VIII R 90/84, BStBl II 1989, 326). Zur Frage des automatischen Eintritts einer neu zuständig gewordenen Behörde in die Beteiligtenposition s. § 63 FGO Rz. 7. Eine erkennbar unrichtige Bezeichnung der Beteiligtenbezeichnung kann im Revisionsverfahren berichtigt werden (s. BFH v. 28.11.1991, X R 35/90, BStBl II 1992, 741; BFH v. 31.07.2013, V B 66/12, BFH/NV 2013, 1933).
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Auf das Verfahren der NZB findet § 122 FGO entsprechende Anwendung, sodass auch Beigeladene grds. mit der Einlegung einer NZB durch einen der Beteiligten wiederum Beteiligte des Verfahrens über die NZBn werden (BFH v. 28.07.2004, IX B 27/04, BStBl II 2004, 895). Ein Grund, die analoge Anwendung auf bestimmte Zulassungsgründe (z. B. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zu beschränken, ist nicht ersichtlich. Einer analogen Anwendung bedarf es aber dann nicht, wenn die NZB offensichtlich unzulässig ist (BFH v. 29.01.2013, I B 181/12, BFH/NV 2013, 757).
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die in § 122 Abs. 2 FGO genannten obersten Finanzbehörden in Bund und Ländern können ihre Verwaltungsbelange (oberste Sachleitung) erst durch Beitritt in der Revisionsinstanz zur Geltung bringen; ein Beitrittsrecht im Klageverfahren (§ 61 FGO) steht ihnen nicht zu. Dem BMF steht das Beitrittsrecht bzgl. der auf Bundesrecht beruhenden Abgaben zu, den Landesfinanzbehörden nur für die von ihnen verwalteten Abgaben oder bzgl. Streitigkeiten über Landesrecht. Der BFH-Senat kann die zuständigen Stellen zum Beitritt auffordern. Die Aufforderung zum Beitritt steht im pflichtgemäßen Ermessen des Senates. Eine Verpflichtung besteht selbst dann nicht, wenn der Senat von einem BMF-Schreiben abweichen will (BFH v. 16.12.2015, IV R 15/14, BStBl II 2016, 284).
Die Aufforderung zum Beitritt nach § 122 Abs. 2 Satz 3 FGO erfolgt durch förmlichen Beschluss in der Besetzung mit fünf Richtern. Das BMF bzw. die oberste Landesfinanzbehörde brauchen der Aufforderung jedoch nicht Folge zu leisten. Die beigetretene oberste Finanzbehörde hat das Recht auf Stellungnahme und Gehör. Sie kann selbstständig Angriffs- und Verteidigungsmittel vorbringen und auch sonstige Verfahrenshandlungen vornehmen. Jedoch steht ihr keine Verfügung über den Streitgegenstand zu. Auch bedarf es für eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung keiner Zustimmung der Beigetretenen (BFH v. 11.11.2010, VI R 16/09, BStBl II 2011, 966; BFH v. 11.11.2010, VI R 17/09, BStBl II 2011, 969). Der Beigetretene ist auch nicht zur Stellung eines Antrags auf mündliche Verhandlung gegen einen Gerichtsbescheid berechtigt (BFH v. 16.12.2015, IV R 15/14, BStBl II 2016, 284). Die Rechtskraft der Entscheidung (§ 110 FGO) muss sie gegen sich gelten lassen. Die Regelungen zum Beitritt sind verfassungsgemäß (s. BFH v. 11.02.1994, III R 50/92, BStBl II 1994, 389; BFH v. 02.06.1992, VII R 35/90, BFH/NV 1993, 46 m. w. N.). Sie sollen es dem BMF ermöglichen, sich jederzeit in das Verfahren über eine Revision einzuschalten und entscheidungsrechtliche Gesichtspunkte geltend zu machen (BFH v. 25.06.1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751) sowie zur sachgerechten Entscheidung in ein Verfahren Material einzuführen, das für die Rspr. sonst nur schwer zugänglich wäre (BFH v. 02.06.1992, VII R 35/90, BFH/NV 1993, 46). In einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes kommt ein Beitritt wegen der Besonderheit dieses Verfahrens als Eilverfahren nicht in Betracht; allerdings kann der BFH den Beitritt dulden (BFH v. 23.08.2007, VI B 42/07, BFH/NV 2007, 1998).