Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der BFH hat die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Revision von Amts wegen zu prüfen. Das Gesetz räumt dem BFH insoweit kein Ermessen ein ("prüft").

Die Revision ist statthaft, wenn sie sich gegen ein Urteil oder gegen einen Gerichtsbescheid (§ 90a Abs. 2 Satz 2 FGO) richtet und die Revision zugelassen ist. Dabei muss der BFH auch prüfen, ob die Revisionszulassung erfolgt ist. Die Zulässigkeit hängt des Weiteren davon ab, ob die Einlegung der Revision in der gesetzlich vorgeschriebenen Frist und Form erfolgt ist und begründet ist (§ 120 FGO). Diese ausdrücklich genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen sind nicht abschließend. Der BFH hat vielmehr auch zu prüfen, ob die weiteren Sachentscheidungsvoraussetzungen erfüllt sind, z. B. Eröffnung des Finanzrechtswegs (§ 33 FGO), Zuständigkeit des BFH (§ 36 Nr. 1 FGO), Prozess- und Beteiligtenfähigkeit (§ 58 FGO; § 122 FGO), Postulationsfähigkeit (§ 62a FGO), Beschwer, Rechtsschutzinteresse, weder Rechtsmittelverzicht noch Zurücknahme, keine anderweitige Rechtshängigkeit, keine entgegenstehende Rechtskraft). Fehlt eine der Sachentscheidungsvoraussetzungen, ist die Revision unzulässig und zu verwerfen (§ 126 Abs. 1 FGO; dort Rz. 3).

Über die Zulässigkeit der Revision kann vorab durch Zwischenurteil entschieden werden (§ 97 FGO).

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 124 Abs. 2 FGO unterliegen auch diejenigen Entscheidungen, die dem Endurteil vorausgegangen sind, der Beurteilung der Revision im Zuge der Prüfung der Begründetheit, sofern sie nicht unanfechtbar sind. Unanfechtbar sind neben den Beschlüssen nach § 6 FGO (Einzelrichterübertragung) und § 60a Satz 1 FGO (Beiladung in Massenverfahren), die Entscheidungen über die Zuständigkeit (§ 70 FGO) und die Rechtswegentscheidung (§ 17a Abs. 5 GVG) sowie alle diejenigen Entscheidungen, die nach § 128 Abs. 2 FGO unanfechtbar sind (BFH v. 08.11.2016, IX R 20/16, BFH/NV 2017, 165). Dazu gehören insbes. auch Entscheidungen über Ablehnungsgesuche (BFH v. 20.06.2012, VII B 221/11, BFH/NV 2012, 1805; BFH v. 18.11.2013, X B 237/12, BFH/NV 2014, 369). Dies gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Vielmehr beschränkt sich die Unanfechtbarkeit auf den Inhalt der Entscheidung als solche, sie erfasst aber nicht das Zustandekommen der Entscheidung. Deshalb können Verfahrensmängel durch den BFH beachtet werden, z. B. wenn die unanfechtbare Entscheidung willkürlich zustande gekommen ist, der Anspruch auf rechtliches Gehör, z. B. durch Ablehnung eines Vertagungsantrags, verletzt wurde oder ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter vorliegt. Das kann bei greifbarer Gesetzwidrigkeit oder einer willkürlichen Zurückweisung eines Ablehnungsgesuchs der Fall sein; eine Fehlerhaftigkeit der Ablehnung reicht jedoch nicht aus (BFH v. 14.12.2011, VIII B 26/10, BFH/NV 2012, 591). Ein Verstoß gegen den gesetzlichen Richter kann auch dann vorliegen, wenn die Übertragung auf den Einzelrichter (§ 6 FGO) verfahrensfehlerhaft erfolgt ist. Dazu reicht es aber u. E. nicht aus, wenn das Gericht die Frage der Einfachheit oder der grundsätzlichen Bedeutung anders beurteilt als der BFH; erforderlich ist vielmehr, dass sich die Übertragung auf den Einzelrichter als "greifbar gesetzwidrig" darstellt (BFH v. 11.01.2011, VI B 60/10, BFH/NV 2011, 876 m. w. N.; BFH v. 18.11.2013, X B 237/12, BFH/NV 2014, 369; differenzierend der BFH v. 06.11.2006, II B 45/05, BFH/NV 2007, 466: Besetzungsrüge).

Darüber hinaus erstreckt sich die revisionsrechtliche Prüfung auch nicht auf dem Endurteil vorausgegangene Entscheidungen, die zwar mit der Beschwerde anfechtbar sind, aber nicht oder erfolglos angefochten wurden. Entscheidungen, die wie die Teil- und Zwischenurteile Gegenstand einer Revision sein können, können ohnehin nicht (ggf. nochmals) überprüft werden.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Kühn, Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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