Katharina Wagner, Dr. Klaus J. Wagner
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Die Vorschrift entspricht weitgehend § 72 FGO; s. deshalb auch die dort gegebenen Erläuterungen. Bei mehreren Revisionsklägern bleibt das Verfahren im Übrigen anhängig (s. BFH v. 31.08.2000, VIII R 33/00, BFH/NV 2001, 320). Andernfalls erfolgt Einstellung durch Beschluss mit der Kostenfolge des § 136 Abs. 2 FGO. Der Einstellungsbeschluss ist nur deklaratorischer Natur, weil sich die Rechtskraft bereits aus dem Gesetz (§ 125 Abs. 2 FGO) ergibt. Erklärt ein Beteiligter, der fristgemäß Revision eingelegt hat, dass er diese nur als unselbstständige Anschließung an die Revision seines Gegners aufrechterhalte, so liegt darin die Rücknahme seiner Hauptrevision und die gleichzeitige Einlegung einer Anschlussrevision (BFH v. 11.01.1972, VII R 26/69, BStBl II 1972, 351).
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 125 Abs. 1 Satz 1 FGO eröffnet dem Revisionskläger die Möglichkeit, die von ihm eingelegte Revision zurück zu nehmen; insoweit kann der Revisionskläger auch während des Klageverfahrens über den Streitgegenstand disponieren. Auch der vollmachtslose Vertreter kann die Revision zurücknehmen (BFH v. 03.08.2012, X B 25/11, BFH/NV 2013, 207). Es ist unerheblich, ob die Revision unzulässig oder unbegründet ist; auch eine unstatthafte Revision kann zurückgenommen werden. Der BFH kann die Rücknahme auch dann nicht hindern, wenn er die Revision für begründet oder eine Entscheidung des Revisionsgerichts für wünschenswert hält; insoweit geht die Dispositionsfreiheit des Revisionsklägers vor. Nur nach Maßgabe der in § 125 Abs. 1 Satz 2 FGO genannten Ausnahmefälle bedarf die Rücknahme einer Einwilligung des Revisionsbeklagten, die auch schon vor der Rücknahme erklärt werden kann (BFH v. 24.02.2011, VI R 51/10, BFH/NV 2011, 984).
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Eine wirksame Rücknahme setzt eine entsprechende Erklärung durch den Revisionskläger voraus. Sie kann in der mündlichen Verhandlung durch Erklärung zu Protokoll oder außerhalb der Verhandlung schriftlich erfolgen. Darüber hinaus kann die Rücknahmeerklärung auch in elektronischer Form übermittelt werden, sofern die Voraussetzungen für die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs erfüllt sind und insbes. eine Authentifizierung des Absenders möglich ist, wie z. B. durch eine digitale Signatur. Die Rücknahme kann nicht zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Die Rücknahmeerklärung muss eindeutig sein, d. h. es muss hinreichend erkennbar sein, dass das Rechtsmittel nicht weiter verfolgt werden soll. Der Begriff "Rücknahme" muss aber in der Erklärung nicht enthalten sein (BFH v. 31.10.2008, V B 99/08, BFH/NV 2009, 398). Eine bedingte Rücknahme ist nicht möglich, da die Rücknahmeerklärung als Prozesshandlung bedingungsfeindlich ist (BFH v. 23.08.2017, X R 9/15, n. v.). Nach Einführung des § 62 Abs. 4 FGO ist die Rücknahme vom Vertretungszwang umfasst (Änderung der Rechtsprechung: BFH v. 22.05.2017, X R 4/17, BFH/NV 2017, 1060). Die Rücknahme ist beim BFH zu erklären. Sie wird mit dem Zugang beim BFH, in den Fällen der Zustimmungsbedürftigkeit nach § 125 Abs. 1 Satz 2 FGO mit Eingang der Zustimmungserklärung des Revisionsbeklagten wirksam.
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 125 Abs. 2 FGO bewirkt die Rücknahme den Verlust des eingelegten Rechtsmittels. Dies bedeutet, dass die konkret eingelegte Revision gegenstandslos wird. Nach allgemeiner Ansicht (s. Ruban in Gräber, § 125 FGO Rz. 10 m. w. N.) schließt dies nicht aus, dass während der Laufs der Revisionsfrist erneut Revision eingelegt wird; dies dürfte indes kaum praktische Bedeutung haben. Ist die Revisionsfrist im Zeitpunkt der Rücknahme bereits abgelaufen, erwächst das erstinstanzliche Urteil in Rechtskraft. Kommt es zu einem Streit über die Wirksamkeit der Rücknahme, ist das Revisionsverfahren fortzuführen. War die Rücknahme wirksam, stellt dies der BFH in seiner Entscheidung fest; bei Unwirksamkeit wird das Verfahren bis zum Erlass eines Endurteils fortgeführt (BFH v. 20.06.2007, VI B 95/06, BFH/NV 2007, 1704). Eine ursprünglich unzulässige Revision kann durch Beschluss verworfen werden (BFH v. 16.02.2009, VII R 10/08, BFH/NV 2009, 955). Der – grds. mögliche – Erlass eines Zwischenurteils über die Unwirksamkeit der Rücknahme erscheint aus prozessökonomischen Gründen wenig sinnvoll, zumal diese Entscheidung nicht anfechtbar wäre.
Tz. 5
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Von der Rücknahme der Revision ist die auch während des Revisionsverfahrens noch mögliche (§ 72 Abs. 1 Satz 1 FGO: "bis zur Rechtskraft des Urteils") Rücknahme der Klage zu unterscheiden. In diesem Fall stellt der BFH durch Beschluss die Wirkungslosigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung fest (BFH v. 14.10.1992, IV R 123/92, BFH/NV 1993, 488). Bei gleichzeitiger Rücknahme von Klage und Revision treten die weitergehenden Wirkungen der Klagerücknahme ein.