Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 136 Abs. 1 FGO betrifft die Aufteilung der Kostenpflicht zwischen den Prozessbeteiligten in den Fällen, in denen nicht einem Beteiligten die gesamten Kosten aufzuerlegen sind. Regelmäßig geschieht die Aufteilung durch Festsetzung von Bruchteilen. Diese beziehen sich auf die Summe sämtlicher Kosten i. S. von § 139 FGO, also einschließlich der für eine Erstattung in Betracht kommenden eigenen Aufwendungen der Beteiligten. § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO kommt auch zur Anwendung, wenn eine NZB (§ 116 Abs. 1 FGO) teilweise unzulässig ist und im Übrigen zur Zulassung der Revision führt. In diesem Fall trägt der Rechtsmittelführer die Kosten, soweit die NZB verworfen wird, im Übrigen ergeht die (einheitliche) Kostenentscheidung nach Abschluss des Revisionsverfahrens (BFH v. 19.11.2008, I B 55/08, juris). Legen beide Beteiligten Revision ein, ist die Kostenentscheidung nach dem Grundsatz der einheitlichen Kostenverteilung nach Quoten der Gesamtkosten (§ 136 Abs. 1 Satz 1 FGO) zu treffen (z. B. BFH v. 27.09.2012, III R 70/11, BStBl II 2013, 544; BFH v. 23.08.2017, X R 7/15, BFH/NV 2018, 325). Wird auf die Beschwerde eines Zeugen das gegen ihn verhängte Ordnungsgeld (s. § 82 FGO Rz. 6b) herabgesetzt, fallen die Kosten, soweit sie nicht vom Beschwerdeführer zu tragen sind, gem. § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO der Staatskasse zur Last (BFH v. 11.09.2013, XI B 111/12, BFH/NV 2013, 1944).

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Halten sich Obsiegen und Unterliegen – gemessen am Streitwert (s. Vor § 135 FGO Rz. 45 ff.) – in etwa die Waage, kann das Gericht die Kosten der Beteiligten gegeneinander aufheben. In diesem Fall hat jeder Beteiligte seine eigenen Aufwendungen selbst zu tragen, während die Gerichtskosten geteilt werden (§ 136 Abs. 1 Satz 2 FGO). Für diese zur Vereinfachung gedachte Regelung ist kein Raum, wenn die den Beteiligten entstandenen eigenen Aufwendungen, soweit sie zur ordnungsmäßigen Rechtswahrnehmung notwendig waren, von einander erheblich abweichen; so kann z. B. ein Unterliegen des Stpfl. zur Hälfte nicht dazu führen, dass er die für den herangezogenen Bevollmächtigten entstandenen Aufwendungen in vollem Umfang selbst zu tragen hat (BFH v. 06.08.1971, III B 4/71, BStBl II 1972, 89), während seinem Gegner – dem FA (HZA, Familienkasse) – derartige Aufwendungen nicht entstanden bzw. von der Erstattung grds. ausgeschlossen sind (§ 139 Abs. 2 FGO). Eine Aufhebung der Kosten gegeneinander kommt auch im Rahmen einer Kostenentscheidung nach § 138 FGO im Fall der Hauptsachenerledigung in Betracht, und zwar, wenn sich die Beteiligten in der Mitte getroffen haben (BFH v. 23.05.2008, II B 54/08, BFH/NV 2008, 1508) oder eine andere Kostenentscheidung wegen des ansonsten erforderlichen hohen Ermittlungsaufwands dem Vereinfachungszweck des § 138 Abs. 1 FGO zuwiderlaufen würde.

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 136 Abs. 1 Satz 3 FGO gibt die Möglichkeit, einem Beteiligten die Kosten auch dann ganz aufzuerlegen, wenn der andere zwar nicht voll obsiegt hat, jedoch nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Bei einer Kostenquote von weniger als 5 % wird man diese Voraussetzung im Regelfall als erfüllt ansehen können. Eine geringfügige Kostentragungspflicht ist auch auszusprechen ist, wenn sie nicht auf einem prozessualen Erfolg des Gegners, sondern auf § 137 FGO beruht; in diesem Fall ist FGO § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO nicht anzuwenden. (FG Ddorf v. 11.06.1971, VII 202/70 E, EFG 1971, 548). Bei einer Unterliegensquote von ca. 6 % bzw. 7 % (BFH v. 18.06.2013, III R 19/09, BFH/NV 2013, 1568) oder 8 % (BFH v. 18.03.2013, III R 5/09, BFH/NV 2013, 933), erst recht bei einer Quote von 10 % (BFH v. 18.03.2013, III R 35/10, juris) ist der Kläger nicht i. S. von § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO "nur zu einem geringen Teil" unterlegen (BFH v. 20.09.2010, V R 2/09, BFH/NV 2011, 302). Es bleibt dann bei dem Grundsatz des § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Ist der Kläger zum Teil unterlegen, weil statt des beantragten Verpflichtungsurteils ein Bescheidungsurteil ergangen ist, gilt grds. § 136 Abs. 1 FGO (BFH v. 02.06.2005, III R 66/04, BStBl II 2006, 184; BFH v. 06.12.2012, V R 1/12, BFH/NV 2013, 906), gleichwohl können die Kosten unter besonderen Umständen entsprechend § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO in vollem Umfang dem Beklagten auferlegt werden (BFH v. 02.06.2005, III R 66/04, BFH/NV 2010, 1429)

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Denkbar ist eine Aufteilung der Kosten auch durch die Auferlegung absolut bestimmter Beträge, so z. B. dann, wenn ein obsiegender Beteiligter Kosten bestimmter Art, insbes. von Angriffs- oder Verteidigungsmitteln, verschuldet hat, etwa durch verspätetes Vorbringen oder mutwilliges Beharren auf Beweisanträgen. Nach der Rspr. des BFH (s. BFH v. 06.08.1971, III B 7/71, BStBl II 1972, 17; BFH v. 13.12.1999, III B 15/99, BFH/NV 2000, 827) können die Beteiligten demgegenüber unterschiedlich mit den Kosten belastet werden, wenn ein besonderer Verfahrensablauf dies rechtfertigt, und zwar durch eine rechnerisch ...

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