Schrifttum
Ehlers, Die Globalverweisungen in der FGO, BB 1971, 429;
Falk, Die Anwendung der ZPO und des GVG nach § 173 VwGO, Diss. 1978;
Auer, Reichweite und Grenzen der Verweisung in § 173 VwGO, Diss. 1992;
Völker, Kein Anerkenntnisurteil im finanzgerichtlichen Verfahren, DStZ 1992, 207;
Thomas/Wendler, Das neue Mediationsgesetz – Wesentliche Inhalte und Folgen für die Mediation im Steuerrecht, DStR 2012, 1881;
Link/van Dorp, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren, München 2012;
Steinhauff, Der Güterichter im Finanzprozess, SteuK 2013, 160;
Stahnecker, Entschädigung bei überlangen Gerichtsverfahren, München 2013;
Steinbeiß-Winkelmann/Sporrer, Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren – Eine Zwischenbilanz anhand der Rechtsprechung, NJW 2014, 177;
Fritz/Schroeder, Der Güterichter als Konfliktmanager im staatlichen Gerichtssystem – Aufgabenbereich und Methoden des Güterichters nach § 278 ZPO – Eine erste Bilanz, NJW 2014, 1910.
A. Ergänzende Anwendbarkeit von GVG und ZPO (§ 155 Satz 1 FGO)
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Wie § 173 VwGO für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und § 202 SGG für die Sozialgerichtsbarkeit, so verweist auch § 155 Satz 1 FGO für die Finanzgerichtsbarkeit zur Ausfüllung von Lücken auf das für die ordentlichen Gerichte geltende GVG (vgl. § 10 GVG) und, soweit nicht grundsätzliche Unterschiede entgegenstehen, auch auf die ZPO. Das Vorliegen einer Lücke ist unabdingbare Voraussetzung für die Anwendung der ZPO und des GVG über die Generalklausel des § 155 Satz 1 FGO (BFH v. 06.08.1971, III B 7/71, BStBl II 1972, 17). Daneben finden sich in der FGO besondere Einzelverweisungen (z. B. §§ 52 Abs. 1, 54 Abs. 2, 59, 82, 89, 94, 114 Abs. 3, 134, 142 FGO).
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nicht anwendbar sind all diejenigen Vorschriften dieser Gesetze, die grundsätzlichen Eigenständigkeiten der FGO widersprechen. Das trifft in erster Linie für Regelungen zu, welche die uneingeschränkte Verfügung der Parteien/Beteiligten über den Streitgegenstand voraussetzen (Verfügungsgrundsatz), wie z. B. Verzicht, Anerkenntnis (hierzu auch Völker, DStZ 1992, 207; offengelassen: FG Ha v. 04.12.2013, 3 KO 232/13, juris) und Vergleich (§§ 306, 307 ZPO), ferner das Tatsachengeständnis (§ 288 ZPO). Der für die FGO geltende Grundsatz der Ermittlung des Sachverhaltes von Amts wegen (§ 76 FGO) lässt keinen Raum für eine (subjektive) Beweislast (§ 282 ZPO); etwas anderes gilt für die objektive Feststellungslast (s. § 76 FGO Rz. 4). Derselbe Grundsatz und der öffentlich-rechtliche Charakter der Abgabenschuldverhältnisse stehen auch der Anwendung der restriktiven Vorschriften der ZPO über den Urkundenbeweis entgegen (§§ 415 bis 444 ZPO); Näheres hierzu bei § 82 FGO Rz. 10. Zum Teil bedarf es auch der Rücksicht auf entsprechende Regelungen des Besteuerungsverfahrens, z. B. hinsichtlich des Zeugnisverweigerungsrechtes (§ 84 FGO), das nicht abweichend von dem Auskunftsverweigerungsrecht gestaltet werden kann, das dritten Personen gem. den §§ 101 bis 103 AO zusteht. Die Sonderstellung, die der Abgabengläubiger im Vollstreckungsverfahren einnimmt (s. Vor § 249–346 AO Rz. 14), lässt keinen Raum für ein Mahnverfahren (§§ 688ff. ZPO).
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nicht anwendbar sind auch diejenigen Vorschriften, hinsichtlich deren Gegenstand die FGO eine der öffentlich-rechtlichen Natur der Abgabenstreitsachen gemäßere Regelung getroffen hat, wie z. B. in Gestalt der Beiladung (§ 60 FGO), die keinen Raum für die Anwendung der Vorschriften über die Beteiligung Dritter am Rechtsstreit lässt (§§ 64 bis 77 ZPO, Intervention und Streitverkündung). Vgl. im Übrigen ausführlich Brandis in Tipke/Kruse, § 155 FGO Rz. 2; Schwarz in HHSp, § 155 Rz. 20 ff.; Stiepel in Gosch, § 155 FGO Rz. 22 ff.; auch Stapperfend in Gräber, § 155 FGO Rz. 7 ff.
B. Insbesondere: Gerichtsnahe Mediation
Tz. 4
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Nach § 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO kann das FG die Beteiligten für einen Güteversuch an "einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter" – den sog. Güterichter – verweisen. Dieser kann alle Methoden der Konfliktbeteiligung einschließlich der Mediation einsetzen (§ 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 278 Abs. 5 Satz 2 ZPO). Er ist gesetzlicher Richter i. S. von Art. 101 Satz 1 GG, wenn er auch nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung nicht zu einer (streitigen) Entscheidung des Rechtsstreits befugt ist, d. h., er trifft keine Entscheidung in der Sache. Der Güterichter kann nicht Mitglied des für den Rechtsstreit zuständigen Senats sein (Steinhauff, SteuK 2013, 160). Demzufolge ist der Güterichter im Geschäftsverteilungsplan nach § 4 FGO i. V. m. § 21e GVG (s. § 4 FGO Rz. 4 f.) zu bestimmen und kann nicht von den Verfahrensbeteiligten frei gewählt werden (Brandis in Tipke/Kruse, § 155 FGO Rz. 9). Die Entscheidung über die Verweisung an den Güterichter liegt im pflichtgemäßen Ermessen des Prozessgerichts, wobei es wesentlich auf das Einverständnis der Beteiligten ankommt (Steinhauff, SteuK 2013, 160, 161; vgl. auch FG Sachsen v. 16.06.2014, 6 K 354/14, juris). Der Beschluss ist gem. § 128 Ab...