Schrifttum
Von Wedelstädt, Teilanfechtung und ihre Folgen, DB 1997, 696;
Bartone, Notwendiger Klageinhalt und Ausschlussfristen – Der Umgang mit § 65 FGO in der finanzgerichtlichen Praxis, AO-StB 2018, 49.
Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Während § 64 Abs. 1 FGO das Formerfordernis der Schriftlichkeit für die Klageerhebung aufstellt, betrifft § 65 Abs. 1 FGO – insbes. § 65 Abs. 1 Satz 1 FGO – die an eine Klage zu stellenden inhaltlichen Anforderungen, für die die Form einzuhalten ist.
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
§ 65 Abs. 1 Satz 1 FGO betrifft den absoluten unabdingbaren Mindestinhalt (Mussinhalt) einer Klage; er knüpft dabei an die Grundelemente von § 40 Abs. 1 und Abs. 2 FGO sowie von § 41 FGO an. Dieser Mindestinhalt ist in der Klageschrift (in der Niederschrift) zu bezeichnen.
Tz. 3
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Das betrifft zunächst die Bezeichnung der Beteiligten, also die Angabe, wer gegen wen Klage erhebt. Diese Grundvoraussetzung jeder Klage muss bei fristgebundenen (also verwaltungsaktbezogenen) Klagen bis zum Ablauf der Klagefrist derart erfüllt sein, dass kein Zweifel an der Identität der Beteiligten bestehen kann. Bei nicht fristgebundenen Klagen müssen die Beteiligten mit Ablauf der nach § 65 Abs. 2 Satz 2 FGO gesetzten Frist, spätestens im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung feststehen. Hinsichtlich der Bezeichnung der Person des Klägers bedeutet das dessen genaue Bezeichnung mit seinem Namen, bei natürlichen Personen einschließlich des Vornamens, bei juristischen Personen und sonst beteiligtenfähigen Gebilden unter Darlegung der (gesetzlichen) Vertretungsverhältnisse (namentliche Bezeichnung des gesetzlichen Vertreters bejahend z. B. Schallmoser in HHSp, § 65 FGO Rz. 42; Brandis in Tipke/Kruse, § 65 FGO Rz. 7; offengelassen in BFH v. 14.01.2015, I B 42/14, BFH/NV 2015, 517), und einer ladungsfähigen Anschrift, d. h. des tatsächlichen Wohnorts (z. B. BFH v. 17.06.2010, III R 53/07, BFH/NV 2011, 264; BFH v. 20.12.2012, I B 38/12, BFH/NV 2013, 746; bloße Benennung einer Postanstalt mit dem Zusatz "postlagernd" reicht nicht aus, FG He v. 19.08.1985, 12 K 13–15/85, EFG 1985, 621; ebenso wenig eine Postfachanschrift, z. B. BVerwG v. 13.04.1999, 1 C 24/97, HFR 2000, 382; unzureichend auch eine "c/o-Adresse": z. B. BFH v. 18.08.2011, V B 44/10, BFH/NV 2011, 2084; OLG Frankfurt/Main v. 15.05.2014, 16 U 4/14, IBR 2014, 517). Dies gilt auch dann, wenn der Kläger durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten ist (z. B. BFH v. 30.06.2015, X B 28/15, BFH/NV 2015, 1423; BFH v. 04.05.2016, V B 108/15, BFH/NV 2016, 1289; BFH v. 29.01.2018, X B 122/17, BFH/NV 2018, 630). Fehlt die Angabe des Wohnorts des Klägers und wird die Angabe nicht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nachgeholt, ist die Klage unzulässig (BFH v. 17.06.2010, III R 53/07, BFH/NV 2011, 264). Die Pflicht zur Angabe der Anschrift entfällt nur, wenn ihre Erfüllung ausnahmsweise unmöglich oder unzumutbar ist. Sie ist unmöglich, wenn der Kläger glaubhaft über eine solche Anschrift nicht verfügt (BFH v. 29.01.2018, X B 122/17, BFH/NV 2018, 630). Der Mitteilung einer ladungsfähigen Anschrift bedarf es ausnahmsweise auch dann nicht, wenn der Kläger sich dadurch der konkreten Gefahr einer Verhaftung aussetzen würde, seine Identität feststeht und die Möglichkeit der Zustellung durch einen Prozessbevollmächtigten sichergestellt ist (BFH v. 11.12.2001, VI R 19/01, BFH/NV 2002, 651). Damit das Gericht prüfen kann, ob ausnahmsweise auf die Mitteilung der ladungsfähigen Anschrift des Klägers verzichtet werden kann, bedarf es eines entsprechenden substantiierten Vortrags (BFH v. 29.01.2018, X B 122/17, juris; BVerwG v. 13.04.1999, 1 C 24/97, NJW 1999, 2608). Eine Berichtigung der Klägerbezeichnung ist dann zulässig, wenn die Beteiligtenbezeichnung erkennbar (aus der Sicht des Gerichts) unzutreffend war (BFH v. 14.11.1986, III R 12/81, BStBl II 1987, 178; BFH v. 23.10.1990, VIII R 142/85, BStBl II 1991, 401). Da andererseits die Bezeichnung des Klägers als prozessuale Willenserklärung auslegungsfähig ist, ist eine unklare Bezeichnung seiner Person unter Berücksichtigung des Grundsatzes rechtsschutzgewährender Auslegung (s. Vor § 40 FGO Rz. 9) auslegungsfähig (so BFH v. 08.01.1991, VII R 61/88, BFH/NV 1991, 795). Die Pflicht zur Angabe einer ladungsfähigen Anschrift erstreckt sich im Finanzprozess auf das gesamte Verfahren; wird eine Anschrift nachträglich unrichtig, so kann das FG auch noch im Laufe des Verfahrens eine Ausschlussfrist zur Angabe der aktuellen ladungsfähigen Anschrift setzen (BFH v. 30.06.2015, X B 28/15, BFH/NV 2015, 1423).
Tz. 3a
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Hinsichtlich der Bezeichnung des Beklagten geht BFH v. 11.12.1992, VI R 162/88, BStBl II 1993, 306 davon aus, dass die Angabe des angefochtenen Verwaltungsakts bzw. der Einspruchsentscheidung die beklagte Behörde leicht und eindeutig bestimmbar machen könne. Abgesehen davon, dass dem Erfordernis der Bezeichnung des Beklagten nur durch die Benennung eines Ve...