Tz. 1
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Auch im Finanzprozess haben die Zeugen das Recht in den gesetzlich bestimmten Fällen (§§ 101 bis 103 AO) das Zeugnis zu verweigern und sind vor der Vernehmung hierüber zu belehren (§ 84 Abs. 1 FGO i. V. m. § 101 Abs. 1 Satz 2 AO). Die sinngemäße Geltung der §§ 101 bis 103 AO – und nicht der Regelung in den §§ 383 bis 385 ZPO – erklärt sich daraus, dass das Zeugnisverweigerungsrecht im finanzgerichtlichen Verfahren sachbedingt notwendig an die Regelung anknüpfen muss, die das Auskunftsverweigerungsrecht dritter Personen im Besteuerungsverfahren gefunden hat. Auf die Erläuterungen zu §§ 101 bis 103 AO wird verwiesen. Für das Verfahren bei Zeugnisverweigerung gilt § 82 FGO i. V. m. §§ 386 bis 390 ZPO (vgl. auch Schallmoser in HHSp, § 84 FGO Rz. 38; Seer in Tipke/Kruse, § 84 FGO Rz. 5). Wer als Zeuge das Zeugnis verweigert, muss dem Gericht die Tatsachen, auf die er seine Weigerung gründet, angeben und glaubhaft machen. Die Angaben müssen so weit ins Einzelne gehen, dass sie dem Gericht im Wege der Nachprüfung eine Entscheidung darüber ermöglichen, inwieweit die Weigerung der Sache nach berechtigt ist (BFH v. 07.05.2007, X B 167/06, BFH/NV 2007, 1524 m. w. N.). Der Glaubhaftmachung der Tatsachen bedarf es nur dann nicht, wenn schon der Inhalt der Beweisfrage den Weigerungsgrund glaubhaft macht (BFH v. 07.05.2007, X B 167/06, BFH/NV 2007, 1524 m. w. N.). Will der Zeuge unter Berufung auf sein Aussageverweigerungsrechts dem Beweistermin fernbleiben, ist sein Ausbleiben nur dann entschuldigt, wenn er seine Weigerung zuvor schriftlich oder zum Protokoll der Geschäftsstelle erklärt hat (§ 82 FGO i. V. m. § 386 Abs. 3 ZPO; BFH v. 27.01.2004, II B 120/02, BFH/NV 2004, 658; BFH v. 07.03.2007, X B 76/06, BStBl II 2007, 463). Wegen der Verpflichtung, als Zeuge auszusagen und den Zeugeneid zu leisten, soweit kein Zeugnisverweigerungsrecht besteht, § 82 FGO i. V. m. § 390 ZPO. Zur Erzwingung der Zeugenaussage § 82 FGO i. V. m. § 380 ZPO. Danach kann ein Ordnungsgeld zwischen 5 und 1 000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft von einem Tag bis zu 6 Wochen; insoweit gilt Art. 6 Abs. 1 EGStGB (s. § 52 FGO Rz. 9). Rechtsmittel ist die Beschwerde (§ 128 Abs. 1 FGO). Juristische Personen, Gesellschaften und sonstige nichtrechtsfähige Gebilde kommen zwar nicht als Zeugen, jedoch als Adressaten von – nicht erzwingbaren – Auskunftsersuchen (§ 87 FGO) in Betracht.
Tz. 2
Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018
Ob ein Zeuge von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen will, ist seine persönliche Entscheidung. Er kann unter Verzicht auf sein Recht auch aussagen. Ist der Zeuge ein Angehöriger eines Beteiligten gibt ihm § 84 Abs. 2 FGO das Recht, die Leistung des Zeugeneides zu verweigern (§ 82 FGO i. V. m. § 391 ZPO). Die Belehrung hat sich auch hierauf zu erstrecken (§ 84 Abs. 1 FGO i. V. m. § 101 Abs. 2 Satz 2 AO).