(1) 1Eine Werklieferung liegt vor, wenn der Werkhersteller für das Werk selbstbeschaffte Stoffe verwendet, die nicht nur Zutaten oder sonstige Nebensachen sind. 2Besteht das Werk aus mehreren Hauptstoffen, bewirkt der Werkunternehmer bereits dann eine Werklieferung, wenn er nur einen Hauptstoff oder einen Teil eines Hauptstoffes selbst beschafft hat, während alle übrigen Stoffe vom Besteller beigestellt werden. 3Verwendet der Werkunternehmer bei seiner Leistung keinerlei selbstbeschaffte Stoffe oder nur Stoffe, die als Zutaten oder sonstige Nebensachen anzusehen sind, so handelt es sich um eine Werkleistung. 4Für die Frage, ob es sich um Zutaten oder sonstige Nebensachen handelt, kommt es nicht auf das Verhältnis des Wertes der Arbeit oder des Arbeitserfolges zum Wert der vom Unternehmer beschafften Stoffe an, sondern darauf, ob diese Stoffe ihrer Art nach sowie nach dem Willen der Beteiligten als Hauptstoffe oder als Nebenstoffe bzw. Zutaten des herzustellenden Werkes anzusehen sind. 5In Zweifelsfällen entscheidet hierüber die Verkehrsauffassung (BFH-Urteil vom 28.5.1953 - BStBl III S. 217). 6Die Unentbehrlichkeit eines Gegenstandes allein macht diesen noch nicht zu einem Hauptstoff. 7Kleinere technische Hilfsmittel, z. B. Nägel, Schrauben, Splinte usw., sind in aller Regel Nebensachen. 8Beim Austausch eines unbrauchbar gewordenen Teilstücks, dem eine gewisse selbständige Bedeutung zukommt, z. B. Kurbelwelle eines Kraftfahrzeugs, kann nicht mehr von einer Nebensache gesprochen werden (vgl. BFH-Urteil vom 25.3.1965 - BStBl III S. 338). 9Haupt- oder Nebenstoffe sind Werkstoffe, die gegenständlich im fertigen Werk enthalten sein müssen. 10Elektrischer Strom, der bei der Herstellung des Werkes verwendet wird, ist kein Werkstoff (vgl. BFH-Urteil vom 8.7.1971 - BStBl 1972 II S. 44). 11Zur Abgrenzung von Werklieferungen und Werkleistungen in Ausfuhrfällen vgl. Abschnitt 144 Abs. 2.
(2) 1Bei Werklieferungen scheiden Materialbeistellungen des Bestellers aus dem Leistungsaustausch aus. 2Das Material, das der Besteller dem Auftragnehmer zur Bewirkung der Werklieferung beistellt, geht nicht in die Verfügungsmacht des Werkherstellers über (vgl. BFH-Urteil vom 17.1.1957 - BStBl III S. 92). 3Die beigestellte Sache kann ein Hauptstoff sein, die Beistellung kann sich aber auch auf Nebenstoffe oder sonstige Beistellungen, z. B. Arbeitskräfte, Maschinen, Hilfsstoffe wie Strom, Kohle oder ähnliche Betriebsmittel, beziehen (vgl. BFH-Urteil vom 12.3.1959 - BStBl III S. 227). 4Gibt der Auftraggeber zur Herstellung des Werks den gesamten Hauptstoff hin, so liegt eine Materialgestellung vor (vgl. BFH-Urteil vom 10.9.1959 - BStBl III S. 435).
(3) 1Es gehört grundsätzlich zu den Voraussetzungen für das Vorliegen einer Materialbeistellung, daß das beigestellte Material im Rahmen einer Werklieferung für den Auftraggeber be- oder verarbeitet wird. 2Der Werkunternehmer muß sich verpflichtet haben, die ihm überlassenen Stoffe ausschließlich zur Herstellung des bestellten Werkes zu verwenden (vgl. BFH-Urteil vom 17.1.1957 - BStBl III S. 92). 3Auf das Erfordernis der Stoffidentität kann verzichtet werden, wenn die anderen Voraussetzungen für die Materialbeistellung zusammen gegeben sind, der Auftragnehmer den vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Stoff gegen gleichartiges und gleichwertiges Material austauscht und der Austausch wirtschaftlich geboten ist (vgl. BFH-Urteile vom 10.2.1966 - BStBl III S. 257 und vom 3.12.1970 - BStBl 1971 II S. 355). 4Eine Materialbeistellung ist jedoch zu verneinen, wenn der beigestellte Stoff ausgetauscht wird und der mit der Herstellung des Gegenstands beauftragte Unternehmer den Auftrag weitergibt (BFH-Urteil vom 21.9.1970 - BStBl 1971 II S. 77).
(4) 1Eine Materialbeistellung liegt nicht vor, wenn der Werkunternehmer an der Beschaffung der Werkstoffe als Kommissionär (§ 3 Abs. 3 UStG) mitgewirkt hat. 2In diesem Fall umfaßt die Lieferung des Werkunternehmers auch die beschafften Stoffe. 3Eine Materialbeistellung ist aber anzunehmen, wenn der Werkunternehmer nur als Agent oder Berater an der Stoffbeschaffung beteiligt ist und dementsprechend zwischen dem Lieferer und dem Besteller der Werkstoffe unmittelbare Rechtsbeziehungen begründet werden. 4Die Annahme einer Materialbeistellung hat zur Folge, daß der Umsatz des Werkunternehmers sich nicht auf die vom Besteller eingekauften Stoffe erstreckt. 5Wenn dagegen unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen dem Lieferer der Werkstoffe und dem Werkunternehmer entstehen, ist davon auszugehen, daß eine Lieferung der Stoffe vom Lieferer an den Werkunternehmer und eine Werklieferung dieses Unternehmers an den Besteller vorliegt. 6In einem solchen Fall schließt die Werklieferung den vom Werkunternehmer beschafften Stoff ein.