Dr. Christoph Regierer, René Udwari
Rz. 70
Bei der Anlage und Verwaltung des Stiftungsvermögens hat der Vorstand das Gebot der Bestandserhaltung einerseits und das Gebot der zweckgemäßen Ertragsverwendung andererseits zu berücksichtigen. Das Stiftungsorgan muss das Stiftungsvermögen so anlegen, dass es in seinem Wert erhalten wird und gleichzeitig ertragreich ist (OLG Frankfurt a. M. vom 28.01.2015 – 1 U 32/13, NZG 2015, 600). Zur langfristigen und kontinuierlichen, nicht stockenden Zweckverwirklichung benötigt die Stiftung daher dauernd laufende Erträge (vgl. m. w. N. Richter/Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 5, 5. Aufl. 2021, § 80 BGB, Rn. 40).
Rz. 71
Das Gebot der Bestandserhaltung legt Stiftungen die Anlage in konservative, zinstragende Vermögensgegenstände und Anlageprodukte nahe. In der andauernden Niedrigzinsphase innerhalb des Euro/Dollar-Raumes kann jedoch die Kapitalanlage des Stiftungsvermögens in Situationen führen, in denen das Stiftungskapital aufgrund niedrigster Zinsen nicht einmal genügend Erträge für die Stiftungsverwaltung abwirft (vgl. Hüttemann/Rawert, ZIP 2013, 2136; Stolte, BB 2015, 2694, 2695). Für den Stiftungsvorstand stellt sich dann die Frage, ob die dauerhafte Erfüllung des Stiftungszwecks noch gesichert ist. Gegebenenfalls ist die Auflösung der Stiftung, ihre Zusammenlegung mit anderen Stiftungen oder die Umwandlung in eine Verbrauchsstiftung zu erwägen.
Rz. 72
Andererseits sind Anlagen in alternative Investments grundsätzlich nicht untersagt. Investments in Privat-Equity-Fonds sind unter dem Gesichtspunkt der Bestandserhaltung allerdings kritisch zu beurteilen. Es ist zwischen einer möglichen Steigerung der Erträge oder der Vermögenssubstanz einerseits und dem damit verbundenen Risiko für den Erhalt des Stiftungsvermögens abzuwägen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass regelmäßige und sichere Erträge im Zweifel einer kurzfristigen und risikobehafteten Steigerung der Vermögenssubstanz oder der Erträge vorrangig sind (Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB, § 86 Rn. 20 ff.; Meyn/Richter/Koss/Gollan/Meyn, Rn. 613; Richter/Sturm, ZSt 2005, 26; Wachter Stiftung & Sponsoring, 6/2002, Roten Seiten, 5; vgl. auch OLG Frankfurt a. M., ZIP 2015, 821).
Rz. 73
Bei Anlagen in Hedgefonds ist zu beachten, dass diese Fonds regelmäßig thesaurieren und nicht für eine dauerhafte Zweckverwirklichung aus den Erträgen des Stiftungsvermögens geeignet sind. Allerdings kommt es für die ordnungsgemäße Anlage des Stiftungsvermögens auf das Gesamtbild an. Einzelne Investments in thesaurierende Kapitalmarktprodukte sind möglich, wenn andere Vermögensbestandteile in ertragreiche Anlagen investiert sind und der Stiftung insgesamt genügend Erträge zur Verfügung stehen, um ihren Zweck zu erfüllen (vgl. m. w. N. Richter/Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 5, 5. Aufl. 2021 § 80 BGB, Rn. 45).