Dr. Christoph Regierer, René Udwari
Steuerliche Relevanz kann auch die Auflösung der Stiftung entfalten, soweit Vermögen in diesem Zusammenhang an andere Personen fließt.
6.4.1 Ebene der Stiftung
Rz. 148
Bei der Auflösung einer Stiftung kommt nicht § 11 KStG (Liquidationsgewinnbesteuerung) zur Anwendung, vielmehr gelten die allgemeinen Grundsätze über Betriebsaufgabe (§ 16 EStG) bzw. zur ausnahmsweisen Realisation von PV (§§ 17, 23 EStG). Nur bei der entgeltlichen Übertragung von PV kann es ggf. gem. §§ 17 und 23 EStG zur Besteuerung kommen; unentgeltliche Übertragungen von PV lösen keine Einkommensbesteuerung aus. Bei der Auflösung einer "gewerblichen" Unternehmensträgerstiftung wird grundsätzlich ein Aufgabegewinn nach § 16 Abs. 3 EStG ermittelt (Ansatz: gemeiner Wert). Beim Verkauf betrieblicher Einheiten erfolgt die Besteuerung nach § 16 Abs. 1 EStG – jeweils i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG. Der Gewerbesteuer unterliegen nur Veräußerungsgewinne, die beim Verkauf von Einzelwirtschaftsgütern erzielt werden. Auflösungsgewinne bei der Realisation von steuerfunktionellen Einheiten sind nicht gewerbesteuerbar.
6.4.2 Ebene des Stifters und der Destinatäre
Rz. 149
Nach § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG wird die Auskehrung des Stiftungsvermögens als Schenkung behandelt. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG bestimmt sich die Stkl. des Anfallsberechtigten nicht nach der Stiftung, sondern nach seinem persönlichen Verhältnis zum Stifter. Die Frage, welcher Steuersatz zur Anwendung gelangt, wenn der Stifter selbst Bezugsberechtigter ist, wird von der h. M. – im Anschluss an den BFH – mit Stkl. III beantwortet (BFH vom 25.11.1992 – II R 77/90, BStBl II 1993, 238; zur h. M. statt aller M/W, ErbStG, § 1 Rn. 29; a. A. Jülicher, StuW 1999, 363 unter Hinweis auf § 29 ErbStG).
Erfolgt die Aufhebung zeitnah nach dem Stichtag der Erbersatzsteuer, kommt eine Steuerermäßigung nach § 26 ErbStG in Betracht, um die wirtschaftliche Doppelbelastung von Stiftung und Stifter zu vermeiden. Eine Doppelbesteuerung kann zudem mit § 20 Abs. 1 Nr. 9 EStG in Betracht kommen, wenn Anfallberechtigter nicht der Stifter oder dessen Erbe, sondern ein Dritter ist, da in diesem Fall kein der Einlagerückgewähr vergleichbarer Vorgang stattfindet, sondern der Dritte ohne vorherige Einlage einen Vermögenszufluss erhält (vgl. Orth, DB 2017, 147, 1478). Die Behandlung dieses Falls ist durch die Rechtsprechung bislang nicht entschieden.
Rz. 150
Eine Besonderheit ergibt sich für den Fall, dass eine Familienstiftung in eine gewöhnliche Stiftung umgewandelt wird. Als problematisch – und in sich widersprüchlich – wird schließlich von der Literatur die Auffassung der FinVerw empfunden, dass die Änderung des Stiftungscharakters zu der Aufhebung der Stiftung führt, ohne dass damit die entsprechenden Folgewirkungen verbunden sein sollen (vgl. R E 1.2 Abs. 4 Satz 2 ErbStR). Die Stiftung ist jedoch gem. § 15 Abs. 2 Satz 2 ErbStG so zu besteuern, als ob das Vermögen durch eine Stiftungsneugründung auf sie übergegangen wäre. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang vor allem, dass diese Auffassung der Verwaltung § 87 BGB widerspricht, wonach eine Satzungsänderung nicht zum Rechtsträgerwechsel führt (Seer/Versin, Steuer und Studium 2006, 281).
Hinweis: Soll eine Familienstiftung in eine gemeinnützige Stiftung umgewandelt werden, so ist dies gem. § 13 Abs. 1 Nr. 16b ErbStG steuerfrei möglich. Diese Möglichkeit sollte insb. vor Ablauf der 30-jährigen Frist für die Erbersatzsteuer überlegt werden (vgl. Pöllath in Seifart/v. Campenhausen, § 14 Rn. 137).