Dr. Christoph Regierer, René Udwari
Rz. 179
Die Organisation der Familienstiftung ist gesetzlich nicht abweichend vom Grundkonzept der rechtsfähigen Stiftung geregelt. Das Stiftungsrecht bietet hier jedoch weitgehende Gestaltungsoptionen für die interne Organisation und die Einbindung der Familienmitglieder. Die Familienstiftung benötigt lediglich einen Vorstand als Organ zur Vertretung im Rechtsverkehr. Im Übrigen kann der Stifter weitere Gremien vorsehen, die die interne Willensbildung unterstützen. Umgekehrt kann der Stifter sich auch selbst zum alleinigen Stiftungsvorstand berufen und die Leitungsmacht in der Hand halten (Müller/Schubert, DStR 2000, 1291). Er ist hier lediglich an den Stiftungszweck und gegebenenfalls seine weiteren satzungsmäßigen Vorgaben gebunden (vgl. Wernicke, ZEV 2003, 303).
Rz. 180
Sollen hingegen weitere Familienmitglieder in die Führung der Stiftung einbezogen sein, sind bei der Konzeption der Rolle und der Kompetenzen des Vorstands mögliche Interessenkonflikte zu berücksichtigen. Sollen Familienmitglieder als Destinatäre der Familienstiftung auch in den Stiftungsvorstand berufen werden, kann dies einen Konflikt schaffen zwischen der Zuwendungserwartung als Destinatär und der Vorstandspflicht, das Stiftungsvermögen zu erhalten, vorsichtig anzulegen und Erträge zweckgemäß an (alle) Begünstigten auszuschütten. Interessenkonflikte gilt es umso mehr im Zusammenhang mit der unternehmensverbundenen Stiftung zu berücksichtigen. Eine Personalunion, bei der ein Destinatär zugleich Mitglied des Stiftungsvorstands und Geschäftsführer der Beteiligungsgesellschaft ist, scheint nachteilig (vgl. Richter/Gummert in Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Bd. 5, § 80 Familienstiftung Rn. 34). In der Literatur wird als Empfehlung erwogen, dass der Stiftungsvorstand der unternehmensverbundenen Stiftung mehrheitlich mit Externen besetzt sein sollte.
Rz. 181
Ist der Stiftungsvorstand mit Externen besetzt, ist für die Destinatäre fraglich, ob sie den Vorstand kontrollieren und wie sie ihre Interessen gegenüber dem Vorstand durchsetzen können. Ohne satzungsmäßige Regelung bestimmter Kontroll- oder Weisungsrechte scheidet dies dem Wortlaut der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften nach zunächst aus (vgl. Wernicke, ZEV 2003, 304). Die Erwägung, den Destinatären auch ohne satzungsmäßige Grundlage ein Überwachungsrecht gegenüber dem Vorstand der Stiftung einzuräumen, weil sie in einem besonders engen Verhältnis zum Stifter standen oder stehen (RG JW 1909, 160), ist mittlerweile zumindest durch die Rechtsprechung aufgegeben worden (BGH vom 22.01.1987 – III ZR 26/85, NJW 1987, 2364, Tz. 2.b) bb). Daher sollten Kontroll- und Mitspracherechte aller oder ausgewählter Familienmitglieder ausdrücklich in der Stiftungssatzung geregelt sein, wenn dies gewünscht ist.
Rz. 182
Von großer Bedeutung für die Destinatäre ist vor diesem Hintergrund die Möglichkeit, über weitere Gremien Kontrolle und Einfluss auf den Stiftungsvorstand auszuüben. Üblich ist, nicht nur für die Familienstiftung, dass der Stifter dem Vorstand als weiteres Gremium einen Beirat zur Seite stellt. Der Stifter kann den Beirat sowohl mit einer reinen Beratungsfunktion als auch mit Überwachungskompetenzen gegenüber dem Vorstand ausstatten. Letzteres kann sich vor allem für die unternehmensverbundene Familienstiftung, deren Geschäftsführung mehrheitlich mit Externen besetzt ist, im Interesse der Familienmitglieder empfehlen. Denn zu berücksichtigen ist für den Stifter und die Familienmitglieder auch, dass die behördliche Aufsicht gegenüber Familienstiftungen mittlerweile mehr oder weniger stark beschränkt ist (von Campenhausen/Richter/Richter, Stiftungsrechts-Handbuch, § 13 Rn. 49). Der Stifter kann bestimmte Prozesse z. B. für Berichtspflichten des Vorstands und für Berichtsformate vorgeben. Während der Beirat zur Vereinfachung der Prozesse und Entscheidungsfindung auf einen ausgewählten Personenkreis beschränkt sein sollte, kann der Stifter an seiner Stelle oder in Ergänzung zu ihm auch ein aus allen Destinatären gebildetes Gremium ("Familienversammlung") vorsehen, das insb. bei großen Familien, bei denen alle oder viele Mitglieder Destinatäre sind, für Transparenz der Entscheidungsprozesse der Stiftungsleitung sorgen kann.