Dr. Christoph Regierer, René Udwari
Rz. 193
Eine weitere Steuerbegünstigung bringt die Gemeinnützigkeit bei der Erbschaftbesteuerung der Errichtung und der späteren Vermögensausstattung einer gemeinnützigen Stiftung mit sich (§ 13 Abs. 1 Nr. 16 ErbStG). Das ErbStG befreit sämtliche "Zuwendungen" an gemeinnützige Rechtsträger und damit sowohl die Dotation der Stiftung bei ihrer Errichtung als auch die Zustiftung und sonstige Zuwendungen, die nicht in das Grundstockvermögen geleistet werden.
Für sonstige Zuwendungen ist zu beachten, dass diese nur dann steuerbefreit sind, wenn sie ohne Gegenleistung erfolgen. Auch ein Sponsoringverhältnis ist hier schädlich (BFH vom 15.03.2007 – II R 5/04, BStBl II 2007, 472 ).
Rz. 194
Wann eine Stiftung gemeinnützigen oder mildtätigen Zwecken i. S. d. §§ 52 bis 54 AO dient, ist für die Erbschaftsteuer eigenständig zu ermitteln. Für inländische Sachverhalte wird in der Praxis jedoch das für den Leistenden zuständige FA die Bescheinigung des KSt-FA der Stiftung über die Steuerbefreiung anfordern (vgl. R E 13.8 Abs. 1 Satz 1 ErbStR; Kien-Hümbert in M/W, § 13 Rz. 95). Fehlt die Bescheinigung, wird mit der Steuerfestsetzung i. d. R. bis zum Vorliegen der Bescheinigung gewartet. Eine KSt-Befreiung durch das KSt-FA auf Grundlage des § 60a AO bindet die FinVerw hinsichtlich der Beurteilung sonstiger Zuwendungen, die nicht in das Grundstockvermögen geleistet werden (Spenden). Im Übrigen sind die Voraussetzungen für die Erbschafts-/Schenkungsbesteuerung jedoch selbstständig durch das für den Leistenden zuständige FA zu prüfen (vgl. Jülicher in T/G/J/G, ErbStG, 62. EL Juli 2021, § 13 Rn. 190).
Rz. 195
Dem Wortlaut gem. soll § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b ErbStG nur für Zuwendungen an inländische Rechtsträger und Vermögensmassen gelten. Ausländische Rechtsträger und Vermögensmassen können über die Vorschrift in Buchst. c steuerbefreite Zuwendungen erhalten. Für das Gemeinnützigkeitsrecht selbst hat der Gesetzgeber anerkannt, dass eine Beschränkung der Steuerbegünstigung auf inländische Rechtsträger unionsrechtswidrig ist (vgl. EuGH vom 14.09.2006 C-386/04 Stauffer, BStBl II 2010, 331 (KStG); EuGH vom 27.01.2009 C-318/07 Persche, BStBl II 2010, 440 (§ 10b EStG), und § 51 Abs. 2 AO neu gefasst, sodass auch im Ausland verwirklichte Zwecke begünstigungsfähig sind, wenn Menschen mit Inlandsbezug gefördert werden oder die Förderung zum Ansehen des Bundesrepublik Deutschland beitragen kann). Abweichend hiervon sieht § 13 Abs. 1 Buchst. b ErbStG die Steuerbefreiung nur für inländische steuerbegünstigte Rechtsträger und Vermögensmassen vor. Damit fällt eine Teilmenge der i. S. d. § 51 AO steuerbegünstigten Subjekte, nämlich diejenigen, die die steuerbegünstigten Zwecke gem. § 51 Abs. 2 AO im Ausland verwirklichen, dem Wortlaut folgend aus dem Anwendungsbereich der Norm heraus. Ausländische Stiftungen können sich zwar auf § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. c ErbStG berufen, der Zuwendungen an solche Rechtsträger und Vermögensmassen befreit, die "nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 des KStG in Verbindung mit § 5 Absatz 2 Nummer 2 zweiter Halbsatz des KStG steuerbefreit wären, wenn sie inländische Einkünfte erzielen würden, und wenn durch die Staaten, in denen die Zuwendungsempfänger belegen sind, Amtshilfe und Unterstützung bei der Beitreibung geleistet werden". Damit sind die Tatbestandvoraussetzungen für den Erhalt der Steuerbefreiung für die ausländischen Stiftungen, die im Inland steuerbegünstigte Zwecke verwirklichen und als steuerbegünstigte Rechtsträger i. S. d. § 51 von der deutschen FinVerw anerkannt sind, deutlich strenger und höher als für inländische Stiftungen (vgl. Rn. 194). Es steht daher zu erwarten, dass diese Regelung einer unionsrechtlichen Prüfung nicht standhalten wird.
Rz. 196
Entsprechend dem Wortlaut gilt § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b ErbStG auch für die nicht rechtsfähigen, unselbstständigen Stiftungen des Privatrechts, also bspw. für die Treuhandstiftung (vgl. BayLfSt vom 18.99.2019 – S 3840.1.1-3/8 St 34, DB 2019, 2268). Für Zuwendungen an Körperschaften des öffentlichen Rechts, die nicht gem. Nr. 15 begünstigt sind, gilt die Befreiung dagegen nicht (FG Sachsen-Anhalt vom 27.05.1999 II 12/97, EFG 2000, 24, 25).
Rz. 197
Die Steuerbefreiung des § 13 Abs. 1 Nr. 16 Buchst. b ErbStG kommt auch dann zur Anwendung, wenn der nach abgabenrechtlichen Vorschriften steuerbegünstigte Rechtsträger einen Zweckbetrieb i. S. d. § 65 AO oder einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält. Das gilt selbst dann, wenn in diesen Fällen die freigebige Zuwendung zur Verwendung im Zweckbetrieb bestimmt ist (R E 13.8 Abs. 2 Satz 1 und 2 ErbStR). Bei Vorhandensein eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs i. S. d. § 64 AO gilt die Steuerbefreiung nur, solange die Körperschaft nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt. Eine Zuwendung ausschließlich und ausdrücklich für den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ist von der Steuerbefreiung ausgeschlossen (R E 13.8 Abs. 2 Satz 3 ErbStR). Der Leistende kann der steuerbegünstigten ...