Rz. 8

Dies hat sich mit der Geltung der Europäischen Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) seit dem 17.08.2015 für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs, Irlands und Dänemarks) geändert. Mit dieser Verordnung haben die Mitgliedstaaten ihr Kollisionsrecht auf eine zumindest nahezu europaweit einheitliche Grundlage gestellt, auf die nachstehend noch näher eingegangen werden soll.

Nach einem langjährigen Gesetzgebungsverfahren hat am 13.06.2012 das Europäische Parlament und am 08.06.2012 der Rat die EU-Erbrechtsverordnung (ABl. EG L 201, 107; "EU-ErbVO") angenommen. Die Veröffentlichung im Amtsblatt erfolgte am 27.07.2012, sodass die Verordnung gem. Art. 84 Abs. 1 EU-ErbVO am 16.08.2012 in Kraft getreten ist. Anwendung fand sie jedoch erst für Erbfälle ab dem 17.08.2015 (Art. 83 Abs. 1 EU-ErbVO).

Derzeit sind daher innerhalb Europas noch zwei verschiedene Regelungsgruppen zu unterscheiden und bei der Beratung zu berücksichtigen: die derzeit noch bestehenden Altfälle aufgrund nationaler Regelungen und das durch die EU-Erbrechtsverordnung geschaffene nahezu einheitliche Kollisionsrecht. Insoweit ist insb. auf die Übergangsregelungen der EU-ErbVO (siehe dazu Rz. 58 ff.) hinzuweisen. Die EU-ErbVO enthält neben Vorschriften über die internationale Zuständigkeit (Art. 4 ff.) und die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Entscheidungen (Art. 39 ff.) auch Kollisionsregeln zum Erbstatut (Art. 20 ff.) und Vorschriften über die Einführung eines (neben die nationalen Zeugnisse tretenden) Europäischen Nachlasszeugnisses (Art. 62 ff.). Für alle Erbfälle seit dem 17.08.2015 richten sich also sowohl die internationale Zuständigkeit als auch das Erbkollisionsrecht nach den Regelungen der EU-ErbVO, nicht mehr nach den bisherigen nationalen kollisionsrechtlichen Regelungen der Mitgliedstaaten.

Seit 2019 sind zudem zwei weitere europäische Verordnungen, die auch i. R. erbrechtlicher Fragestellungen von Bedeutung sind, anwendbar: Die Neuordnung des ehelichen Güterstandes durch Verordnung (EU) 2016/1103 im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands (EuGüterVO) sowie die Verordnung (EU) 2016/1104 im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen der güterrechtlichen Wirkungen eingetragener Partnerschaften (EuPartVO).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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