1.1 Internationales Privatrecht
Rz. 1
Das US-amerikanische Recht kennt keine einheitliche Kodifikation des Internationalen Privatrechts auf Bundesebene. Die Anknüpfung erfolgt vielmehr auf der Basis der Regelungen der einzelnen Bundesstaaten. Nachfolgend können daher nur allgemeine Grundsätze dargestellt werden.
Rz. 2
Das Second Restatement of Conflict of Laws ist lediglich eine Zusammenstellung des American Law Institute, welches als Orientierungshilfe für die Einzelregelungen der Bundesstaaten herangezogen werden kann. Das Kollisionsrecht der Einzelstaaten folgt zwar ähnlichen Grundsätzen, muss aber im Einzelfall für jeden Bundesstaat ermittelt werden. In der Regel geht das Kollisionsrecht der Bundesstaaten vom Grundsatz der Nachlassspaltung aus, wobei der bewegliche Nachlass dem Recht am Domicile des EL unterliegt, während unbeweglicher Nachlass nach der Lex rei sitae vererbt wird. Die Definition des Begriffs "Domicile" bereitet erhebliche Schwierigkeiten. Es handelt sich um den Ort des tatsächlichen Aufenthalts (actual residence) mit der Absicht, dort zumindest für eine gewisse Zeit zu bleiben (animus manendi). Zu unterscheiden sind das "Domicile of origin", also das Domicile der Eltern bei der Geburt, und das "Domicile of choice", welches durch die Person selbst begründet wird. Die Annahme der Begründung eines Domiciles bedarf der genauen Prüfung unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls, wobei als Kriterium beispielsweise die Eingliederung in die örtliche Gesellschaft herangezogen werden kann.
Rz. 3
Aufgrund der Einzelregelungen in den Bundesstaaten ist bei der Anwendung der Regelungen des Haager Testamentsformübereinkommens Vorsicht geboten. Auch hier ist die Regelung des beteiligten Einzelstaates zu prüfen. Insgesamt empfiehlt es sich, die Formvorschriften aller beteiligten Staaten zu erfüllen, um Argumentationsdruck bei der Abwicklung des Nachlasses zu vermeiden.
1.2 Nationales Erbrecht
Rz. 4
Auch das materielle Erbrecht ist in den einzelnen Bundesstaaten unterschiedlich ausgestaltet. Auch hier können daher nur allgemeine Grundsätze dargestellt werden.
In den meisten Bundesländern geht sowohl bei gesetzlicher auch bei gewillkürter Erbfolge zumindest der bewegliche Nachlass in der Regel nicht direkt auf die Erben über, sondern fällt zunächst an einen Nachlassverwalter (sog. Personal representative). Der vom EL testamentarisch bestimmte Nachlassverwalter wird als "Executor" bezeichnet, fehlt es an einer solchen Bestimmung, ernennt das Nachlassgericht einen sog. "Administrator". Erst nach Sicherung des Nachlasses und Tilgung der Nachlassverbindlichkeiten verteilt der Personal representative den verbleibenden Nachlass an die Erben. Bestimmte Vermögensanlagen können auch ohne Personal representative abgewickelt werden:
- die Joint tenancy am unbeweglichen und beweglichen Vermögen, bei der der länger lebende Miteigentümer aufgrund des Right of survivorship das gemeinsame Vermögen erhält;
- die sog. Joint bank accounts;
- der Pay-on-death (POD) account (oder auch Totten trust genannt), bei der eine jederzeit verfügbare Spareinlage im Todesfall an einen bestimmten Bezugsberechtigten ausgezahlt wird;
- Lebensversicherungen und Rentenversicherungen (Individual retirement accounts);
- die Schenkung auf den Todesfall (donatio mortis causa), die allerdings voraussetzt, dass der Schenkungsgegenstand bereits an den Beschenkten mit einem bis zum Tod widerruflichen Schenkungsversprechen übergeben wird;
- die lebzeitig begründeten Trusts.
Rz. 5
Die gesetzliche Erbfolge folgt einem Parentelsystem, das dem des deutschen Rechts vergleichbar ist. Abkömmlinge des EL gehen den Eltern und deren Abkömmlingen vor. Die dritte Ordnung umfasst die weiteren Blutsverwandten, insb. die Großeltern, Urgroßeltern sowie deren Abkömmlinge. In Ausnahmefällen werden Verwandte des vorverstorbenen Ehegatten in die gesetzliche Erbfolge einbezogen.
Rz. 6
Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten ist in den einzelnen Bundesstaaten sehr unterschiedlich ausgestaltet. Teilweise ist der überlebende Ehegatte kein gesetzlicher Erbe, sondern erhält einen güterrechtlichen Ausgleich, teilweise erbt er neben Abkömmlingen und anderen Verwandten und teilweise, soweit keine Abkömmlinge vorhanden sind, erbt er den gesamten Nachlass. Sind keine gesetzlichen Erben vorhanden, fällt der Nachlass an den Belegenheits-Bundesstaat (escheat).
Rz. 7
Die Pflichtteilsansprüche sind in den Einzelstaaten unterschiedlich geregelt. Ein echtes Pflichtteilsrecht für Abkömmlinge kennen nur Louisiana und Puerto Rico. Der überlebende Ehegatte wird dagegen auch hier geschützt. In Staaten, die güterrechtlich die Errungenschaftsgemeinschaft (community property) vorsehen, erfolgt dieser Schutz über den güterrechtlichen Ausgleich im Todesfall. In den anderen Staaten, die dem Common-Law-Prinzip der Gütertrennung folgen, erhält der Ehegatte in der Regel einen Pflichtteil (elective/statutory share). Dieser Anteil beträgt in den meisten Staaten zwischen einem Drittel und der Hälfte des Reinnachlasses bzw. ist prozentual bezogen auf die Daue...