Rz. 4
Auch das materielle Erbrecht ist in den einzelnen Bundesstaaten unterschiedlich ausgestaltet. Auch hier können daher nur allgemeine Grundsätze dargestellt werden.
In den meisten Bundesländern geht sowohl bei gesetzlicher auch bei gewillkürter Erbfolge zumindest der bewegliche Nachlass in der Regel nicht direkt auf die Erben über, sondern fällt zunächst an einen Nachlassverwalter (sog. Personal representative). Der vom EL testamentarisch bestimmte Nachlassverwalter wird als "Executor" bezeichnet, fehlt es an einer solchen Bestimmung, ernennt das Nachlassgericht einen sog. "Administrator". Erst nach Sicherung des Nachlasses und Tilgung der Nachlassverbindlichkeiten verteilt der Personal representative den verbleibenden Nachlass an die Erben. Bestimmte Vermögensanlagen können auch ohne Personal representative abgewickelt werden:
- die Joint tenancy am unbeweglichen und beweglichen Vermögen, bei der der länger lebende Miteigentümer aufgrund des Right of survivorship das gemeinsame Vermögen erhält;
- die sog. Joint bank accounts;
- der Pay-on-death (POD) account (oder auch Totten trust genannt), bei der eine jederzeit verfügbare Spareinlage im Todesfall an einen bestimmten Bezugsberechtigten ausgezahlt wird;
- Lebensversicherungen und Rentenversicherungen (Individual retirement accounts);
- die Schenkung auf den Todesfall (donatio mortis causa), die allerdings voraussetzt, dass der Schenkungsgegenstand bereits an den Beschenkten mit einem bis zum Tod widerruflichen Schenkungsversprechen übergeben wird;
- die lebzeitig begründeten Trusts.
Rz. 5
Die gesetzliche Erbfolge folgt einem Parentelsystem, das dem des deutschen Rechts vergleichbar ist. Abkömmlinge des EL gehen den Eltern und deren Abkömmlingen vor. Die dritte Ordnung umfasst die weiteren Blutsverwandten, insb. die Großeltern, Urgroßeltern sowie deren Abkömmlinge. In Ausnahmefällen werden Verwandte des vorverstorbenen Ehegatten in die gesetzliche Erbfolge einbezogen.
Rz. 6
Das gesetzliche Erbrecht des Ehegatten ist in den einzelnen Bundesstaaten sehr unterschiedlich ausgestaltet. Teilweise ist der überlebende Ehegatte kein gesetzlicher Erbe, sondern erhält einen güterrechtlichen Ausgleich, teilweise erbt er neben Abkömmlingen und anderen Verwandten und teilweise, soweit keine Abkömmlinge vorhanden sind, erbt er den gesamten Nachlass. Sind keine gesetzlichen Erben vorhanden, fällt der Nachlass an den Belegenheits-Bundesstaat (escheat).
Rz. 7
Die Pflichtteilsansprüche sind in den Einzelstaaten unterschiedlich geregelt. Ein echtes Pflichtteilsrecht für Abkömmlinge kennen nur Louisiana und Puerto Rico. Der überlebende Ehegatte wird dagegen auch hier geschützt. In Staaten, die güterrechtlich die Errungenschaftsgemeinschaft (community property) vorsehen, erfolgt dieser Schutz über den güterrechtlichen Ausgleich im Todesfall. In den anderen Staaten, die dem Common-Law-Prinzip der Gütertrennung folgen, erhält der Ehegatte in der Regel einen Pflichtteil (elective/statutory share). Dieser Anteil beträgt in den meisten Staaten zwischen einem Drittel und der Hälfte des Reinnachlasses bzw. ist prozentual bezogen auf die Dauer der Ehe ausgestaltet.
Ein Verzicht auf den Pflichtteil, wie auch auf das gesetzliche Erbrecht und andere erbrechtliche Ansprüche, ist durch schriftlichen Vertrag nach Common Law möglich. Der Verzicht kann schon vor der Eheschließung i. R. eines Ehevertrages erklärt werden. Zu beachten ist jedoch, dass nach amerikanischer Rechtsprechung Verzichte unwirksam sein können, wenn ein Vertragsteil seine Vermögensverhältnisse nicht offen legt (full and fair disclosure) oder wenn der Verzicht nicht fair und dem Verzichtenden zumutbar ist (fair and not unconscionable), z. B. weil der Verzichtende nicht anwaltlich vertreten wurde.
Rz. 8
Grundsätzlich empfiehlt es sich bei Berührung mit den USA, z. B. durch ein in den USA belegenes Grundstück, ein Testament zu errichten, in dem Testamentsvollstreckung vorgesehen ist, da auf diese Weise die Durchführung eines aufwendigen Nachlassverfahrens (Probate) in den USA vermieden werden kann. Dies kann aufgrund einer faktisch eintretenden Nachlassspaltung auch dann sinnvoll sein, wenn nach der EU-ErbVO grds. deutsches Erbstatut Anwendung findet und deutsche Gerichte für das Nachlassverfahren zuständig sind.
Rz. 9
Das US-amerikanische Recht kennt keinen Erbvertrag. Gemeinschaftliche Testamente werden in allen Bundesstaaten mit Ausnahme Louisianas, das französisch-rechtlichen Grundsätzen folgt, anerkannt Diese sind dabei grds. frei widerruflich und besitzen damit keine Bindungswirkung, es sei denn, es wird auf den Widerruf des Testaments verzichtet. Zuwendungen unter Lebenden auf den Todesfall können durch eine Verpflichtung zur Leistung auf den Todesfall, Lebensversicherungsverträge zugunsten Dritter, Eingehung einer Joint tenancy (d. h. die Einräumung des Rechts am gesamten Anteil des anderen auf den Todesfall) und durch Eingehung eines Partnership agreement oder die Errichtung eines Trusts erfolgen. Gerade die letzte Alternative ist...