Rz. 1

Nach § 28 Abs. 1 ErbStG hat ein Erwerber begünstigten Vermögens i. S. d. § 13b Abs. 2 ErbStG, der dieses von Todes wegen erwirbt, einen Rechtsanspruch auf Stundung der auf dieses Vermögen entfallenden Steuer für bis zu sieben Jahre, sofern er einen entsprechenden Antrag stellt. Die gestundete Steuer ist dann dem FA in sieben Jahresbeträgen zu entrichten, wobei der erste Jahresbetrag ein Jahr nach Steuerfestsetzung fällig wird. Die Stundung ist im ersten Jahr zinslos und dann verzinslich zu gewähren. Eine Stundung aus Billigkeitsgründen ist weiterhin möglich. Die Stundung nach § 28 Abs. 1 ErbStG endet, sobald der Erwerber entweder gegen die Lohnsummenbedingung des § 13a Abs. 3 ErbStG oder die Behaltefrist nach § 13a Abs. 6 (und ggf. Abs. 10) bzw. § 28a Abs. 4 Satz 1 ErbStG verstößt oder den Betrieb oder den Anteil am Betrieb überträgt oder aufgibt. Eine Nachsteuer nach § 13a Abs. 6 und 10 ErbStG kann nicht nach § 28 Abs. 1 ErbStG gestundet werden.

1.1 Neues Recht ab 01.07.2016

 

Rz. 2

§ 28 Abs. 1 ErbStG war mit Gesetz vom 04.11.2016 (BGBl I 2016, 2464) mit Wirkung zum 01.07.2016 völlig neu gefasst worden. Der ursprüngliche Gesetzesentwurf des Bundestages sah eine großzügige Stundungsregelung vor, die jedoch im Vermittlungsausschuss drastisch eingeschränkt wurde (vgl. Reich, BB 2016, 2647, 2649).

Abs. 2 des § 28 ErbStG ist im Vergleich zur Vorgängerregelung unverändert.

In Abs. 3 des § 28 ErbStG wurde lediglich der Verweis auf § 13c in § 13d ErbStG geändert, was eine redaktionelle Folgeänderung war. Dabei war vom Gesetzgeber nicht beachtet worden, dass der Verweis in § 28 Abs. 3 Satz 5 ErbStG auf § 28 Abs. 1 Satz 2 und 3 ErbStG sinnentstellt war (vgl. auch Kien-Hümbert in M/W, ErbStG 2016, § 28 Rn. 2). Vielmehr hätte es einer Änderung zu einem Verweis auf nunmehr § 28 Abs. 1 Sätze 4 und 5 ErbStG bedurft. Dieser Fehler wurde ausgebessert. Die nunmehrige Fassung des § 28 ErbStG ist durch das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 14.12.2018 (BGBl I 2018, 2338) eingeführt worden. Damit wurden die genannten Verweisungsfehler zwar beseitigt; die neue Fassung gilt aber nicht rückwirkend und ist damit erst auf Erwerbe nach dem 14.12.2018 anwendbar (vgl. Kien-Hümbert in M/W, § 28 Rn. 2).

 

Rz. 3

In dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17.12.2014 (1 BvL 21/12, DStR 2015, 31) zur Verfassungswidrigkeit des geltenden ErbStG a. F. und zur Unvereinbarkeit der Regelungen der §§ 13a, 13b ErbStG a. F. mit Art. 3 Abs. 1 GG wurde auch die Wechselwirkung dieser Paragrafen mit § 28 ErbStG a. F. angesprochen und als nicht ausreichend verworfen. § 28 ErbStG a. F. sei nicht geeignet, die Ungleichbehandlung von Erwerbern begünstigten Vermögens mit denen nicht begünstigten Vermögens praktisch zu beseitigen, was insb. an den dann geltenden, zehnjährigen Rückzahlungsverpflichtungen liege, die die Kreditwürdigkeit insb. von kleinen und mittleren Unternehmen gefährde. Zudem seien Erwerbe von Anteilen an KapG einer Stundung nach § 28 ErbStG a. F. nicht zugänglich (vgl. Litzenburger, FD-ErbR 2014, 364824; und auch Hiller/Eichholz/Kahle, DStR 2015, 183 (185); Piltz, DStR 2015, 97 (98)). Diesem Anspruch soll die Neufassung des § 28 Abs. 1 ErbStG nun Rechnung tragen.

Dabei sah der Gesetzesbeschluss des Bundestags nach der Sitzung des Finanzausschusses zunächst eine zinslos zu gewährende, bis zu zehn Jahre dauernde Stundungsregelung vor, die an keinerlei Voraussetzungen geknüpft worden wäre (vgl. BT-Drs. 18/8911 vom 22.06.2016 zu Nr. 8 (§ 28)), was jedoch vom Bundesrat nicht gebilligt wurde, vgl. BR-Drs. 344/16, 6 Nr. 8, da eine Ungleichbehandlung mit Erwerbern von PV gegeben sei. Im Vermittlungsausschuss wurde sich dann auf die vorliegende Gesetzesfassung geeinigt (BT-Drs. 18/9690 vom 22.09.2016). So wird nunmehr die restriktive Stundungsregelung des § 28 Abs. 1 ErbStG a. F. (Fassung bis 30.06.2016), die eine Existenzgefährdung des Betriebes durch die sofort fällige Erbschaftsteuer erforderte, vollumfänglich ersetzt (vgl. auch Eisele, Erbschaftsteuerreform 2016, 73 f.).

In den Erbschaftsteuerrichtlinien 2019 vom 16.12.2019 sind auch einige Aussagen zur Stundung und ihrer Berechnung enthalten, das einzige Anwendungsbeispiel findet sich unter H E 28 Abs. 4 ErbStR.

1.2 Altes Recht bis 30.06.2016

 

Rz. 4

Nach § 28 Abs. 1 ErbStG a. F. gewährte das ErbStG dem Erwerber von BV oder land- und forstwirtschaftlichem Vermögen auf Antrag einen Rechtsanspruch auf Stundung, wenn dies zur Erhaltung des Betriebes notwendig war.

Die ursprüngliche Regelung des § 28 ErbStG a. F. wurde durch die Reform des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts zum 01.01.2009 nicht geändert. Allerdings wurde im Gesetzgebungsverfahren seinerzeit nach Anregung des Bundesrates zur Reform des Erbschaftsteuerrechts der Abs. 3 neu eingefügt, der eine Stundungsregelung auch für zum Erwerb gehörendes Grundvermögen i. S. d. § 176 BewG eröffnet, wenn der Erwerber die hierauf entfallende Erbschaftsteuer nur durch Veräußerung dieses Vermögens aufbringen kann...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?