Rz. 209

Unter Finanzmitteln versteht man den Bestand an Geschäftsguthaben, Zahlungsmitteln und Geldforderungen sowie sonstigen Forderungen (vgl. § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 1 ErbStG). Diese sind per se kein Verwaltungsvermögen, können aber zu Verwaltungsvermögen führen, soweit nach dem Finanzmitteltest schädliche Finanzmittel verbleiben.

 

Rz. 210

Es sind nur die positiven Zahlungsmittel unter den Finanzmitteln subsumierbar. Nach Auffassung der Finanzverwaltung fallen darunter (R E 13b.23 Abs. 2 ErbStR):

  • Bargeldbestände,
  • Sicht- und Spareinlagen,
  • Festgeldkonten,
  • Darlehensforderungen,
  • Forderungen aus Lieferungen und Leistungen,
  • Forderungen an verbundene Unternehmen,
  • Ansprüche aus Rückdeckungsversicherungen,
  • Forderungen im Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters einer Personengesellschaft, insbesondere Forderungen des Gesellschafters gegen die Personengesellschaft;
  • Forderungen von Personen- oder Kapitalgesellschaften gegen ihre Gesellschafter;
  • sonstige auf Geld gerichtete Forderungen aller Art, sofern sie nicht unter § 13b Abs. 4 Nr. 4 ErbStG fallen, insbesondere geleistete Anzahlungen, Steuerforderungen, Forderungen aus stillen Beteiligungen;
  • Kryptowährungen, z. B. Bitcoin
 

Rz. 211

Zudem zählt zu den Finanzmitteln die Instandhaltungsrückstellung bei Wohnungs- und Teileigentum i. S. d. § 93 BewG, da sie als gesonderte Kapitalforderung zu erfassen ist (vgl. OFD Frankfurt a. M. von 09.06.2020, ZEV 2020, 588).

 

Rz. 212

Nicht zu den Finanzmitteln zählen Wertpapiere, da diese bereits von § 13b Abs. 4 Nr. 4 ErbStG erfasst sind, sowie Sachleistungsansprüche. Bei Sachleistungsansprüchen handelt es sich nicht um Forderungen, die auf Geld gerichtet sind (vgl. Viskorf in V/W/S, ErbStG § 13b Rz. 217). Jüngst hat das FG Münster geurteilt, dass Anzahlungen auf Sach- und Dienstleistungsansprüche begünstigungsfähiges Vermögen darstellen, da es sich bei ihnen um Sachleistungsansprüche handelt (FG Münster vom 22.10.2020, BeckRS 2020, 30699; anhängiges Verfahren BFH – II R 36/20). Sie stellen somit keine "anderen Forderungen" i. S. d. § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG dar, da es sich dabei nur um Forderungen handelt, die auf Geld gerichtet sind. Das FG nimmt eine teleologische Reduktion des Begriffs der anderen Forderungen vor. Geleistete Anzahlung sind nur dann als andere Forderungen zu qualifizieren, wenn der Anzahlende ein Rückforderungsrecht hat, weil der Sachleistungsschuldner die ihm obliegende Leistung nicht erbringt (vgl. Geck in K/E ErbStG § 13b Rz. 145). In der Literatur wird jedoch die Ansicht vertreten, dass geleistete Anzahlungen auf Sach- und Dienstleistungsansprüche nicht per se zum begünstigungsfähigen Vermögen gehören. Erforderlich ist vielmehr, dass die Vorausleistung im Zusammenhang mit dem Erwerb eines begünstigten Wirtschaftsguts bzw. einer begünstigungsfähigen Dienstleistung steht (vgl. Bernhard, DStR 2021, 1089 (1091)). Hingegen geht die Finanzverwaltung (R E 13b.23 Abs. 2 ErbStR) zwar einerseits davon aus, dass unter Finanzmittel Geldforderungen aller Art zu fassen sind, weist jedoch andererseits an, dass Anzahlungen pauschal den Finanzmitteln zuzuordnen sind (vgl. Rz. 257). Ob der BFH die Entscheidung des FG Münster bestätigt oder sich der Ansicht des Schrifttums anschließt, bleibt abzuwarten (Korezkij, DStR 2021, 145 (147)). Der BFH ist jedoch nicht dafür bekannt, die Betriebsvermögensverschonung großzügig zu gewähren (vgl. Geck in K/E ErbStG § 13b Rz. 145).

 

Rz. 213

Sachleistungsansprüche einer Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter nehmen eine Sonderstellung ein. Es bestünde ein Missbrauchsrisiko, wenn sich ein Gesellschafter zur Einlage von Verwaltungsvermögen verpflichten, jedoch vor Erfüllung der Einlage die Gesellschaft steuerbegünstigt auf seinen Nachfolger übertragen könnte. Diese missbräuchliche Gestaltungmöglichkeit wurde auch von der Finanzverwaltung gesehen und veranlasste sie dazu, in R E 13b.23 Abs. 2 ErbStR ausdrücklich alle "Forderungen von Personen- oder Kapitalgesellschaften gegen ihre Gesellschafter" in den Finanzmitteltest einzubeziehen. Im Gesetz findet die Ansicht der Finanzverwaltung keine Stütze. Aufgrund der ausdrücklichen Aufzählung in der Richtlinie wird man allerdings davon ausgehen müssen, dass die Finanzverwaltung sämtliche Forderungen gegen Gesellschafter einbeziehen wird (vgl. Viskorf in V/W/S, ErbStG § 13b Rz. 218).

 

Rz. 214

Zu den Forderungen zählen auch Forderungen an verbundenen Unternehmen. Sie werden allerdings in Rahmen der Verbundvermögensaufstellung (vgl. siehe dazu Rz. 288 f.) saldiert, so dass sie sich im Ergebnis nicht auswirken. Dies folgt daraus, dass auf der Ebene des Schuldners eine Verpflichtung besteht, welche mit der Forderung auf der Ebene der Gläubigergesellschaft zu verrechnen ist. Folglich sind Inter-Company-Forderungen im Ergebnis nicht erbschaftsteuerbar (vgl. Geck in K/E ErbStG § 13b Rz. 145).

Dieser Inhalt ist unter anderem im Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?