Rz. 248

Der Thesaurierungsgedanke, der schon den Erbschaftsteuerreformgesetzgeber 2009 zur Einführung des § 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG a. F. bewogen hat (schädliche Überentnahme) und mit § 13a Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 ErbStG beibehalten wurde, kommt verstärkt bei der Vorwegverschonung zum Tragen. Danach dürfen Entnahmen oder Ausschüttungen höchstens 37,5 % des jeweiligen Gewinnanteils i. S. d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG nach Abzug der hierauf entfallenden Steuern vom Einkommen betragen. Der Abzug der auf den Gewinnanteil entfallenden Steuern vom Einkommen trägt dem Umstand Rechnung, dass in den meisten Gesellschaftsverträgen von Familienunternehmen die Steuern auf den Gewinnanteil als Vorabentnahme zugelassen werden. Nicht abgezogen werden dürfen hingegen die Entnahmen zur Begleichung der Erbschaftsteuer (R E 13a.20 Abs. 3 Satz 6 ErbStR). Aufgrund der steuersystematischen Unterschiede bei Personen- und Kapitalgesellschaften sind bei der Prüfung der Entnahme- bzw. Ausschüttungsbeschränkung jeweils Besonderheiten zu beachten. Die Unterschiede bestehen z. B. darin, dass Kapitalgesellschaften auf den Ausschüttungsbetrag bereits vorab Ertragsteuern zu zahlen haben bzw. bei Personengesellschaften noch eine Kürzung des steuerlichen Gewinns um die auf den Gewinnanteil entfallenden Steuern vom Einkommen vorzunehmen ist (Weber/Schwind, ZEV 2016, 688, 690; Jülicher in T/G/J/G, § 13a Rz. 480).

 

Rz. 249

Gehören zum steuerlichen Gewinn eines Gesellschafters einer Personengesellschaft auch die Gewinne aus Sonder- und Ergänzungsbilanzen, sind diese bei der Ermittlung des Gewinnanteils des Gesellschafters für Zwecke des Vorwegabschlags nicht zu berücksichtigen (R E 13a.20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 ErbStR). Dies liegt daran, dass der Vorwegabschlag auch nur auf den Anteil an dem Gesamthandsvermögen, nicht jedoch auf das Sondervermögen vorzunehmen ist (R E 13a.20 Abs. 4 Satz 2 ErbStR). Demzufolge sind auch Entnahmen zur Begleichung der Einkommensteuer, soweit sie auf das Ergebnis in der Sonder- oder Ergänzungsbilanz entfallen, in die Entnahmebeschränkung einzubeziehen (R E 13a.20 Abs. 3 Satz 5 ErbStR). Für die steuerliche Gewinnermittlung eines Gesellschafters einer Personengesellschaft spielt es auch keine Rolle, ob der Gewinn(anteil) entnommen wird oder im Gesamthandsvermögen der Gesellschaft verbleibt.

 

Rz. 250

Die Finanzverwaltung gestattet es, dass in dem Gesellschaftsvertrag nicht auf den steuerlichen Gewinn, sondern auf den handelsrechtlichen Gewinn abgestellt wird, wenn die Entnahmegrenze von 37,5 % bezogen auf den steuerlichen Gewinn nicht offensichtlich überschritten wird (R E 13a.20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 ErbStR).

 

Rz. 251

Da sich aufgrund des individuellen Einkommensteuersatzes bei der Besteuerung des Gewinnanteils eines Gesellschafters einer Personengesellschaft beim Abzug der Entnahme zur Begleichung der auf den Gewinnanteil entfallenden Einkommensteuer Praxisschwierigkeiten ergeben können, nimmt die Finanzverwaltung zugunsten von Gesellschaftern mit einem ggf. deutlich geringeren tatsächlichen Steuersatz aus Vereinfachungsgründen in Anlehnung an § 202 Abs. 3 BewG einen Steuersatz von pauschal 30 % an (R E 13a.20 Abs. 3 Satz 2 ErbStR). Da nur 37,5 % des Gewinns entnommen werden dürfen, beträgt der maximale Entnahmebetrag vor Abzug der Steuer auf das Einkommen somit 26,25 % (= 37,5 % × 70 %). Dieser Betrag ist in den Gesellschaftsvertrag bzw. in die Satzung aufzunehmen, wenn die Steuer vorab nicht entnommen werden darf. Gesellschafter, die einem höheren individuellen Steuersatz unterliegen, können diesen entsprechend nachweisen und bei der Prüfung der Entnahmebeschränkung anwenden (R E 13a.20 Abs. 3 Satz 2 ErbStR).

 

Rz. 252

Der Entnahmebegriff ist nach ertragsteuerlichen Grundsätzen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG) zu beurteilen (R E 13a.20 Abs. 3 Satz 7 ErbStR). Für die Prüfung der Entnahmebeschränkung kommt es nicht auf die Summe der Entnahmen und der Gewinnanteile am Ende der Zwanzigjahresfrist des Abs. 9 Satz 5 an, sondern auf den Gewinn des jeweiligen Wirtschaftsjahres, in welchem die Entnahme erfolgt ist (R E 13a.20 Abs. 3 Satz 1 ErbStR). Dies bedeutet, dass ein einmaliger Verstoß innerhalb der Zwanzigjahresfrist bereits zu einem rückwirkenden Wegfall des Vorwegabschlags führt. Der Steuerpflichtige hat daher seine Entnahmen anhand der voraussichtlichen Gewinnprognose für das jeweilige Wirtschaftsjahr auszurichten. Selbst dies ist jedoch mit großen Unsicherheiten verbunden, falls eine Entnahme zu Beginn des Wirtschaftsjahres erfolgt ist und die Gewinnprognose sich, z. B. aufgrund von Sondereffekten, als falsch herausstellt. Wälzholz rät daher zur Aufnahme von Klauseln in den Gesellschaftsvertrag, wonach eine ungewollte Überentnahme zwingend zeitnah zurückzuführen ist (Wälzholz, GmbH-StB 2017, 54, 56). Die Rückführung einer Überentnahme ist jedoch nicht als "negative" Entnahme, sondern als Einlage zu qualifizieren. Es ist daher höchst fraglich, ob eine solche Einlage, wie etwa nach der Konzeption in Abs. 6 Satz 1 Nr. 3, dazu geeigne...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?


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