Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Preißer
Rz. 1
Während § 1 ErbStG sachliche Steuervorgänge und damit das Steuerobjekt definiert, regelt § 2 ErbStG grundsätzlich das Steuersubjekt. Dabei bestimmt § 2 ErbStG jedoch nicht bestimmte Personen generell als steuerpflichtig, sondern stellt auf Vorgänge zwischen bestimmten beteiligten Personen ab. Die Regelung ist somit ebenfalls steuerobjektbezogen. Für die Besteuerung gibt es dabei grundsätzlich drei Anknüpfungspunkte:
- den Erblasser oder Schenker,
- den Erben oder Beschenkten,
- das übergegangene Vermögen.
Rz. 2
Demgemäß knüpft § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ErbStG an die Inländereigenschaft des Erblassers/Schenkers einerseits oder (!) des Erwerbers andererseits an und ordnet für diesen Fall die unbeschränkte Steuerpflicht an. Hierbei reicht es für die Anwendung der unbeschränkten Steuerpflicht bereits aus, wenn eine am Übertragungsvorgang beteiligte Person die Eigenschaft als Inländer erfüllt. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass in dem Fall, da nur der Erwerber Steuerinländer ist, lediglich der auf ihn entfallende Erwerb die unbeschränkte Steuerpflicht auslöst. Diese Regelung (unbeschränkte Steuerpflicht aufgrund des alleinigen Inländerstatus des Erwerbers) ist ein deutsches Spezifikum, das zu Kollisionsfällen führen kann (Bsp.: Ausländer vererbt an Inländer), wenn das ausländische Recht diesen subjektiven Bezug nicht kennt (vgl. Jülicher in T/G/J/G, § 2 Rz. 7 f.) sowie unten Rn. 6 zur Thematik der Doppelbesteuerung sowie Rn .17 ). Als Inländer gelten nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG auch deutsche Staatsangehörige, die im Zeitraum von fünf Jahren vor der Übertragung ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt haben (erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht). Ist keiner der Beteiligten Inländer (Gebietsansässiger) und gilt das übergegangene Vermögen als Inlandsvermögen, so findet nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG eine beschränkte Steuerpflicht Anwendung. In § 4 AStG findet sich außerdem noch eine weitere Zwischenstufe der Steuerpflicht zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht, nämlich die erweiterte beschränkte Steuerpflicht. Gilt weder der Übergeber noch der Empfänger des Vermögens als Inländer und handelt es sich bei dem übergebenen Vermögen nicht um Inlandsvermögen, fehlt jede Verbindung zum Inland, sodass eine Besteuerung ausscheidet.
Rz. 3
In § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG finden sich Regelungen für die Steuerpflicht von Stiftungen und Vereinen. § 1 Abs. 2 ErbStG definiert den Begriff des Inlands.
Die Vorschrift des § 2 ErbStG ist von § 20 ErbStG abzugrenzen. Während § 2 ErbStG Vorgänge zwischen bestimmten Personen, bzw. die bestimmtes Vermögen betreffen, als steuerpflichtig definiert, enthält die Vorschrift keinerlei Aussage zur Frage der Steuerschuldnerschaft. Diese wird in § 20 ErbStG geregelt. Steuerschuldner können demnach nur natürliche und juristische Personen sein, jedoch beispielsweise nicht die Gesamthandsgemeinschaft.
Rz. 4
Das ErbStG knüpft grundsätzlich an Vorgänge des deutschen Zivilrechts an. Jedoch ist unbestritten, dass auch Vorgänge, die nach dem deutschen Internationalen Privatrecht einer ausländischen Rechtsordnung unterliegen, in den Anwendungsbereich des deutschen Erbschaftsteuerrechts fallen können (s. BFH vom 07.05.1986, BStBl II 1986, 615). In diesen Fällen ist eine Vergleichbarkeit mit Vorgängen des deutschen Zivilrechts zu suchen, sodass die Besteuerung entsprechend dieser vergleichbaren Fälle erfolgt. Maßgeblich ist hierbei die wirtschaftliche Vergleichbarkeit der Vorfälle. Hierzu ausführlich s. Anhang 2 Rn. 39 ff.
Rz. 5
Wegen des Vorrangs völkerrechtlicher Vereinbarungen gem. § 2 AO findet die Vorschrift des § 2 ErbStG nur Anwendung, soweit sich aus Doppelbesteuerungsabkommen keine abweichenden Regelungen ergeben. Zur Erläuterung einzelner Doppelbesteuerungsabkommen auf dem Gebiet des Erbschaftsteuerrechts s. Anhänge 3a bis 3d.
Rz. 6
Wegen der Anknüpfung der Vorschrift sowohl an den Erblasser oder Schenker, als auch an den Erwerber und auch an das übertragene Vermögen kann sich in grenzüberschreitenden Sachverhalten eine Doppelbesteuerung ergeben.
S mit Wohnsitz in Deutschland wird Erbe nach seinem Vater, der bereits vor 20 Jahren nach Spanien verzogen ist. Im Nachlass befindet sich eine Immobilie in Italien.
Lösung:
Auf die Immobilie in Italien können vorliegend drei Staaten einen Anspruch auf Besteuerung erheben, nämlich Deutschland als Wohnsitzstaat des Erwerbers, Spanien als Wohnsitzstaat des Erblassers und Italien als Belegenheitsstaat des Vermögens. Die Frage, welcher Staat letztlich besteuern darf, richtet sich vornehmlich nach DBA bzw. bei Fehlen eines DBA nach § 21 ErbStG.
Rz. 7
Die Doppelbesteuerung wird zum einen in Deutschland durch eine Anrechnung ausländischer Steuern nach § 21 ErbStG vermieden (s. § 21 Rn. 1 ff.). Sie kann außerdem durch Doppelbesteuerungsabkommen vermieden werden.
Rz. 8
Wegen der Vereinbarkeit der Vorschrift mit EU-Gemeinschaftsrecht s. Jülicher in T/G/J/G, § 2 Rn. 301 – 315
Rz. 9–11
vorläufig frei