Rz. 779
Eine Konkurrenz zwischen § 7 Abs. 8 ErbStG und § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG kommt, soweit ersichtlich, jedenfalls in zwei Fallkonstellationen zum Tragen. So erfüllt die unentgeltliche Leistung eines Dritten an eine Kapitalgesellschaft sowohl die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG im Verhältnis zwischen Zuwendendem und Kapitalgesellschaft als auch die Voraussetzung des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG im Verhältnis zwischen dem Zuwendenden und den Gesellschaftern der Kapitalgesellschaft. Die andere Fallgestaltung der Anspruchskonkurrenz ist dann gegeben, wenn eine Kapitalgesellschaft unentgeltlich eine Leistung an eine Teilschwestergesellschaft erbringt. In diesem Fall ist ebenfalls § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG im Verhältnis zwischen den Kapitalgesellschaften erfüllt sowie § 7 Abs. 8 Satz 1 i. V. m. Satz 2 ErbStG im Verhältnis zwischen der zuwendenden Kapitalgesellschaft und den Gesellschaftern der Teilschwestergesellschaft. In beiden Fällen ist es erforderlich, das Konkurrenzverhältnis der beiden Normen zu beleuchten und festzustellen, welche Norm zurückzutreten hat, da eine Doppelbesteuerung desselben Sachverhaltes mit der gleichen Steuer ausscheidet (ebenso Fischer, ZEV 2012, 77, 79; Milatz/Herbst, ZEV 2012, 21, 22; St. Viskorf/Haag/Kerstan, NWB 2012, 927, 935 f.). Der Gesetzestext gibt auf das Vorrangverhältnis der einen oder anderen Norm keinen Hinweis. Allerdings ergibt sich aus der Gesetzesbegründung zu § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG (BR-Drs. 253/11 (B), 35), dass § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG als lex specialis auch Fälle erfassen soll, in denen der Zuwendende nicht Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ist und seine Zuwendung nicht auf eine originäre Bereicherung der Kapitalgesellschaft, sondern auf eine mittelbare Bereicherung der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft abzielt. Dies bedeutet, dass nach der Gesetzesbegründung § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dann einschlägig ist, wenn der die (disquotale) Leistung Tätigende die Kapitalgesellschaft bereichern will. Dementgegen soll § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG als lex specialis anwendbar sein, wenn der die disquotale Leistung Tätigende die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft bereichern will. Die in der Gesetzesbegründung vorgenommene Unterscheidung nach der Bereicherungsabsicht des Leistenden wurde nicht übernommen. Vielmehr ist in R E 7.5 Abs. 1 Satz 7 ErbStR geregelt, dass § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG als lex specialis § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG verdrängt.
Rz. 780
Hingegen soll nach R E 7.5 Abs. 1 Satz 4 ErbStR das Konkurrenzverhältnis zwischen § 7 Abs. 7 ErbStG und § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG zugunsten der speziellen Norm des § 7 Abs. 7 ErbStG gelöst werden. § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG tritt daher hinter § 7 Abs. 7 ErbStG zurück.