Dipl.-Kffr. Christina Vosseler, Francoise Dammertz
Rz. 301
Zur Veranschaulichung der komplexen Wirkungsweise des § 13b ErbStG soll am Abschluss ein zusammenfassendes Beispiel stehen. Der Sachverhalt stellt sich wie folgt dar:
Herr Albrecht ist 70 Jahre alt. Er denkt darüber nach, wie er seinen Anteil an einer GmbH an seine Tochter übertragen kann. Er besitzt 30 % an der Autohaus GmbH. Die Autohaus GmbH hat ihren Sitz in Kiel, bei der momentan 100 Mitarbeiter angestellt sind. Der Unternehmenswert der GmbH beträgt nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren 40 Mio. EUR; der Substanzwert der GmbH beträgt 15 Mio. EUR. Der Wert des Anteils des Herrn A beträgt somit 12 Mio. EUR. Die Bilanz der GmbH vom 31.12.2020 sieht wie folgt aus:
Aktiva |
Bilanz zum 31.12.2020 |
Passiva |
Sachanlagen |
5.000 TEUR |
Eigenkapital |
15.000 TEUR |
Finanzanlagen |
1.000 TEUR |
Rückstellungen |
1.000 TEUR |
Vorräte |
6.000 TEUR |
Verb. ggü. Kreditinstituten |
3.000 TEUR |
Forderungen aus LuL |
5.000 TEUR |
Verbindlichkeiten aus LuL |
4.000 TEUR |
Wertpapiere |
2.000 TEUR |
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Kasse |
4.000 TEUR |
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23.000 TEUR |
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23.000 TEUR |
In den Sachanlagen befinden sich zwei fremdvermietete Grundstücke im Wert von 2 Mio. EUR sowie Yachten im Wert von 1,5 Mio. EUR, die regelmäßig für Ausflüge mit wichtigen Kunden und Lieferanten genutzt werden. Die Finanzanlagen bestehen aus einer 10 %-igen Beteiligung an der Metall GmbH. Herr Albrecht möchte seine Anteile an der Autohaus GmbH an seine Tochter Laura verschenken.
1. Stufe: Begünstigungsfähiges Vermögen und Verschonung
Der Anteil an der Autohaus GmbH gehört zum begünstigungsfähigen Vermögen im Sinne des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes. Es handelt sich um einen GmbH-Anteil mit der notwendigen Beteiligungshöhe von mehr als 25 %, vgl. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG. Entscheidend für die spätere Schenkungsteuerbelastung ist, in welcher Höhe die Verschonung des Betriebsvermögens gem. §§ 13a–c ErbStG in Anspruch genommen werden kann. Hierfür ist es notwendig, aus dem begünstigungsfähigen Vermögen, dem GmbH-Anteil, die Höhe des sog. begünstigten Vermögens i. S. d. § 13b Abs. 2 ErbStG zu ermitteln. Nur für dieses Vermögen kommt eine Verschonung in Betracht. Die Höhe des begünstigten Vermögens wirkt sich wiederum auf die Höhe der Vergünstigung für dieses Vermögen aus. Das sog. schädliche Verwaltungsvermögen i. S. d. § 13b Abs. 4 ErbStG wird nicht begünstigt.
Begünstigungsfähiges Betriebsvermögen |
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Gemeiner Wert des Anteils des BV: |
12 Mio. EUR |
2. Stufe: Abgrenzung des begünstigungsfähigen Vermögens vom Verwaltungsvermögen
Zunächst muss das Verwaltungsvermögen ermittelt und bewertet werden. Dies kann sehr aufwändig sein und bietet erhebliches Streitpotenzial mit der Finanzverwaltung, da das Verwaltungsvermögen nicht verschont wird. Das Verwaltungsvermögen der Autohaus GmbH verteilt sich wie folgt:
Abgrenzung Verwaltungsvermögen: |
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Gemeiner Wert Verwaltungsvermögen: |
1,95 Mio. EUR |
Weiteres Verwaltungsvermögen kann sich aus den in der Autohaus GmbH befindlichen Finanzmitteln ergeben. Hierzu ist der sog. Finanzmitteltest vorzunehmen (3. Stufe).
Zwischenschritt: Übermäßiges Verwaltungsvermögen (90 %-Test)
In dem Zwischenschritt muss überprüft werden, ob übermäßiges Verwaltungsvermögen vorliegt. Wenn das begünstigungsfähige Vermögen zu mehr als 90 % aus – noch um Schulden unbereinigtem – Verwaltungsvermögen besteht, kommt überhaupt keine Verschonung nach den Vorschriften §§ 13a-c, 28 und 28a ErbStG in Betracht. Die weiteren Stufen 3 – 6 entfallen in diesem Fall.
Vom gemeinen Wert der GmbH entfallen laut BewG 1,95 Mio. EUR auf Verwaltungsvermögen (VV) und 2,7 Mio. EUR auf Finanzmittel (4 Mio. EUR Kasse + 5 Mio. EUR Forderungen) × 30 % = 2,7 Mio. EUR. Um in den Anwendungsbereich der Verschonungen für Betriebsvermögen zu gelangen, muss der 90 %-Test bestanden werden:
Ermittlung der Quote des Verwaltungsvermögens i. S. des § 13b Abs. 2 S. 2 ErbStG (Prüfung auf übermäßiges Verwaltungsvermögen; sog. 90 %-Test)
Verwaltungsvermögen für den 90 %-Test
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Verwaltungsvermögen, § 13b Abs. 4 Nr. 1 bis 4 ErbStG |
1,95 Mio. EUR |
+ |
Finanzmittel, § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 1 ErbStG |
2,7 Mio. EUR |
= |
Verwaltungsvermögen für den 90 %-Test |
4,65 Mio. EUR |
Wert des Anteils am Betriebsvermögen |
12 Mio. EUR |
Quote des Verwaltungsvermögens für den 90 %-Test |
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Verwaltungsmögen für den 90 %-Test (4,65 Mio. EUR) |
= 38,75 % |
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Wert des Anteils am BV (12 Mio. EUR) |
Der Anteil des Verwaltungsvermögens beträgt weniger als 90 % des begünstigungsfähigen Vermögens. Damit liegt kein übermäßiges Verwaltungsvermögen vor. Die Regelverschonung kann in Anspruch genommen werden.
3. Stufe: Finanzmitteltest
Beim Finanzmitteltest wird gem. § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG zunächst der gemeine Wert der Finanzmittel um den gemeinen Wert der betrieblichen Schulden gemindert. Für die Autohaus GmbH ergibt ...