Rz. 836

Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil i. R.d. vorweggenommenen Erbfolge teilentgeltlich übertragen, ist die Einheitstheorie anzuwenden, wonach der gesamte Betrieb(steil)/Mitunternehmeranteil nebst den Betriebsschulden das Übertragungsobjekt bildet (BFH GrS vom 05.07.1990, BStBl II 1990, 847). Dies hat zur Folge, dass Gegenleistungen, die der Übernehmer zu erbringen hat, bis zur Höhe des Buchwerts nicht zu einem Veräußerungsgewinn des Übergebers führen. Übersteigt daher die Gegenleistung nicht den Buchwert des übernommenen Betriebes, so liegt eine vollunentgeltliche Übergabe vor, die einkommensteuerlich irrelevant ist. Der Übergeber hat keinen Veräußerungsgewinn zu versteuern, der Übernehmer führt die Buchwerte gem. § 6 Abs. 3 EStG fort, Verbleibensfristen und Vorbehaltszeiten z. B. nach § 6b EStG, § 2 InvZulG, § 2 FördG, § 15a UStG, laufen weiter (ebenso Reiß in Kirchhof, § 16 EStG Rn. 137). Der Übernehmer hat keine eigenen Anschaffungskosten in Höhe der Gegenleistung.

 

Rz. 837

Hat hingegen der Übernehmer Gegenleistungen zu erbringen, die über dem Buchwert des übertragenen Unternehmens/Mitunternehmeranteils liegen, so ist einkommensteuerrechtlich eine vollentgeltliche Übertragung gegeben. In Höhe der Differenz zwischen Buchwert und Gegenleistung hat der Übergeber einen (tarifbegünstigten) Veräußerungsgewinn zu versteuern, wenn die Übertragung auf einem einheitlichen Vorgang beruht. Ist ein negatives Kapitalkonto gegeben, erhöht dies den Veräußerungsgewinn entsprechend. Der Übernehmer hat sodann Anschaffungskosten in Höhe der Gegenleistung, die nach dem Verhältnis der Teilwerte auf die übernommenen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens zu verteilen sind. Die entsprechende Aufstockung der Buchwerte kann solange ohne Berücksichtigung eines eventuellen selbstgeschaffenen Geschäfts- oder Firmenwerts vorgenommen werden, wie nicht die gesamten in den sonstigen Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven aufgedeckt werden, was bei teilentgeltlichen Betriebs­übergaben regelmäßig nicht der Fall sein wird, da die Gegenleistung hinter dem Verkehrswert des Unternehmens zurückbleiben und die Teilwerte nur selten übersteigen wird (BMF vom 13.01.1993, BStBl I 1993, 80, Tz. 35, 37; Gebel in T/G/J/G, § 7 Rn. 442). Hinsichtlich der rechnerischen und technischen Durchführung der Aufstockung darf auf das anschauliche Beispiel im BMF-Schreiben vom 13.01.1993, (BStBl I 1993, 80, Tz. 35, 37) verwiesen werden. Vorbesitzzeiten und Verbleibensfristen bezüglich einzelner Wirtschaftsgüter werden hinsichtlich des unentgeltlichen Teils fortgeführt, hinsichtlich des entgeltlichen Teils wird eine Anschaffung angenommen, die ggf. neue Fristen in Gang setzt (BMF vom 13.01.1993, BStBl I 1993, 80, Tz. 41). Ob dies unter Anwendung der Einheitstheorie zutreffend ist, darf bezweifelt werden. Konsequenter erscheint es, in Fällen einer Gegenleistung über dem Buchwert (dann liegt nach der Einheitstheorie ein entgeltlicher Erwerb vor) Vorbesitzzeiten und Verbleibensfristen insgesamt neu beginnen zu lassen (ebenso wohl Wacker in Schmidt, § 16 Rn. 59).

 

Rz. 838

Zu Anschaffungskosten führende Gegenleistungen sind – wie im privaten Bereich – Abstands- und Gleichstellungsleistungen, die auch in der Übernahme privater Verbindlichkeiten bestehen können, nicht aber Versorgungsleistungen, die aus den Erträgen des übergebenen Betriebs/Mitunternehmeranteils bestreitbar sind. Private Verbindlichkeiten des Übergebers oder einer von ihm bestimmten Person wandeln sich beim Übernehmer zu betrieblichen Verbindlichkeiten mit der Folge, dass anfallende Schuldzinsen als Betriebsausgaben abziehbar sind. Gleiches gilt für den Fall, dass der Übernehmer den Übergeber von den aus der Übertragung resultierenden Steuerzahlungen freizustellen hat. Ist vom Übernehmer eine Abgeltungszahlung für einen Erb- oder Pflichtteilverzicht eines Dritten gegenüber dem Übergeber zu zahlen, handelt es sich um eine Gegenleistung, die zu Anschaffungskosten führt (BFH vom 16.12.2004, BStBl II 2005, 554). Vgl. aber auch Rn. 619 ff.

 

Rz. 839

Keine Gegenleistung ist hingegen die Verpflichtung des Übernehmers, bei Veräußerung des Betriebs Teile des Erlöses an Dritte, z. B. Geschwister, oder den Übergeber weiterzuleiten, Dritten eine Beteiligung am Gewerbebetrieb einzuräumen, dem Übergeber oder Dritten Nutzungsrechte (Nießbrauch, Wohnrecht) an Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens einzuräumen oder den Übergeber quotal am Gewinn des Betriebs zu beteiligen (s. auch Stahl in Korn, § 16 EStG Rn. 101).

 

Rz. 840

Wird der Übernehmer verpflichtet, ein Wirtschaftsgut des übernommenen Betriebsvermögens unentgeltlich an einen Dritten, z. B. an Schwester oder Bruder zu übertragen, so wird die Entnahme noch dem Übergeber zugerechnet, so dass bei ihm ein nicht begünstigter Entnahmegewinn entsteht (BMF vom 13.01.1993, BStBl I 1993, 80, Tz. 32; BFH vom 27.08.1992, BStBl II 1993, 225). Gleiches gilt für den Fall, dass der Übergeber das entsprechende Wirtschaftsgut zurückbehält und es selbst au...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Preißer, Erbschaft- und Schenkungsteuer (Schäffer-Poeschel) enthalten. Sie wollen mehr?