Rz. 11
Im Erbschaftsteuergesetz ist der Begriff des Erwerbers nicht definiert. Erwerber kann jeder sein, der von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden einen Vermögenszuwachs erzielt, mithin bereichert ist. Als Erwerber in Betracht kommen daher in erster Linie natürliche Personen und juristische Personen des privaten Rechts. Gleichfalls kommen aber auch in Betracht sowohl inländische Gebietskörperschaften, wie Bund, Länder und Gemeinden, die allerdings gem. § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG steuerbefreit sind, als auch sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts (bspw. Anstalten) und ausländische Staaten (s. FG Sachsen-Anhalt vom 27.05.1999, EFG 2000, 24 [bezüglich Körperschaften des öffentlichen Rechts]; BFH vom 24.11.1976, BStBl II 1977, 213 [bezüglich ausländischer Staaten]).
Rz. 12
Längere Zeit streitig und einem Rechtsprechungswandel unterworfen war die Erwerbereigenschaft von Personengesellschaften (GbR, OHG, KG). Mit Entscheidung vom 14.09.1994 (s. BFH vom 14.09.1994, BStBl II 1995, 81; vom 15.07.1998, BStBl II 1998, 630; vom 05.02.2020, DStR 2020, 1721; vgl. auch FG Baden-Württemberg, Beschluss vom 01.03.2017, EFG 2017, 734 m. Anm. Wigand) hat der BFH unter Berufung auf § 718 BGB und das traditionelle Verständnis der Gesamthandsgemeinschaften als nichtrechtsfähige Personengesellschaften diesen die Erwerbereigenschaft versagt, und zwar unbeachtet ihrer zivilrechtlichen Teilrechtsfähigkeit (zu Einzelheiten s. § 20 Rn. 7 sowie Daragan, NWB 2017, 1601). Inwieweit diese Rechtsprechung zukünftig gegen den allgemeinen Trend, Personengesellschaften eine eigene Rechtsfähigkeit zuzubilligen (zur grundsätzlichen Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR s. BGH vom 29.01.2001, BGHZ 146, 341), Bestand haben kann, bleibt abzuwarten (vgl. hierzu auch Bäuml, NWB 2020, 3030 sowie die krit. Anmerkungen von Wachter, GmbHR 2020, 1041; ders., DB 2022, 350). Ob sie auch auf Partnerschaftsgesellschaften, die als Gesamthand mit eigener Vermögenszuständigkeit konzipiert sind, anzuwenden ist, scheint zweifelhaft. Dem hingegen ist sie für Erbengemeinschaften, die bereits zivilrechtlich nicht rechtsfähig sind, sicherlich zutreffend (s. BGH vom 11.09.2002, NJW 2002, 3389). Umgekehrt ist bei nichtrechtsfähigen Vereinen (§ 54 BGB) die Erwerbereigenschaft i. S. d. Erbschaftsteuerrechts gegeben, da trotz der zivilrechtlichen Verweisung auf §§ 705ff. BGB die strukturellen Unterschiede zwischen nichtrechtsfähigem Verein und GbR so grundlegend sind, dass sich ein Durchgriff auf die Vereinsmitglieder verbietet (s. FG Münster vom 18.01.2007, EFG 2007, 1037).
Rz. 13
Zuwendungen an Personengesellschaften werden daher nach der Rechtsprechung des BFH anteilig den Gesellschaftern zugeordnet. Erwerber sind die Gesellschafter, nicht die Gesellschaft. Die Rechtsprechung hat für die Praxis erhebliche Auswirkungen: So können Zuwendungen an die Gesamthand in individuelle Teilzuwendungen an die Gesamthänder aufgeteilt werden und deren jeweiliges Verhältnis zum Erblasser/Schenker hinsichtlich Freibeträgen, Steuerklasse, usw. herangezogen werden (vgl. auch Wachter, GmbHR 2020, 1141, 1051f.). Übertragen daher Eltern Grundstücke auf eine GbR, deren Gesellschafter die Kinder sind, so kommt Steuerklasse I für die einzelnen Teilerwerbe der Kinder zur Anwendung. Steuerklasse III (Erwerb durch die GbR) ist nicht einschlägig. Ebenfalls ist der Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG für jedes Kind zu gewähren. Des Weiteren hat die Rechtsprechung des BFH zur Folge, dass eine Schenkung zwischen gesellschafteridentischen Personengesellschaften nicht der Erbschaftsteuer unterliegt.