Dipl.-Kffr. Christina Vosseler, Francoise Dammertz
Rz. 5
Nicht betriebsnotwendiges Vermögen gem. § 200 Abs. 2 BewG sind WG (einschließlich mit diesen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehende Schulden), deren Anwesenheit das operative Geschäft des zu bewertenden Unternehmens nicht beeinflusst. Zum nicht betriebsnotwendigen Vermögen gehören demnach WG, die sich aus dem Unternehmen herauslösen lassen, ohne die eigentliche Unternehmenstätigkeit zu beeinflussen (s. R B 200 Abs. 2 Satz 2 ErbStR). Dieses Vermögen wird auch als betriebsneutrales Vermögen bezeichnet (vgl. Piltz, DStR 2008, 745, 749; Eisele in R/T, § 200, Rn. 3). Eine Veräußerung dieser WG ist möglich, ohne dass die Leistungsfähigkeit des Unternehmens beeinträchtigt wird (s. Eisele in R/T, § 200, Rn. 3). Je nach Unternehmenszweck können dies beispielsweise Grundstücke, Gebäude, Kunstgegenstände, Beteiligungen, Wertpapiere oder Geldbestände sein.
Rz. 6
Die Zuordnung von WG (darunter auch Grundstücke) zum BV richtet sich nach ertragsteuerlichen Maßstäben (s. Ramb, NWB 2010, 524 (539); Mannek in S/L, § 200 Rn. 28). Dies betrifft jedoch lediglich die Frage, ob das WG zum BV gehört oder nicht. Anders gestaltet sich die Beurteilung, ob es sich um nicht betriebsnotwendiges BV handelt. Es muss aufgrund der Betriebsbezogenheit keine zwingende Deckungsgleichheit mit ertragsteuerlich gewillkürtem BV oder mit VV i. S. d. § 13b Abs. 4 ErbStG vorliegen (s. R B 200 Abs. 2 ErbStR). Folglich richtet sich der Begriff des nicht notwendigen BV nicht nach ertragsteuerlichen Grundsätzen (Mannek in S/L, § 200 Rn. 39). Es ist auch möglich, dass der Gegenstand des (ertragsteuerlich) notwendigen BV i. R.d. Hinzurechnung nach § 200 Abs. 2 BewG nur teilweise hinzugerechnet wird, wenn es nur teilweise für betriebsfremde Zwecke genutzt wird (auch wenn es sich um Sonder-BV handelt (s. ausführlich zum Thema Betriebsgrundstück: Ramb, NWB 2010, 524 (525 f.)).
Rz. 7
Beispiel:
Gesellschafter A (Privatperson) ist mit 10 % an der B-GmbH beteiligt. Er verstirbt im Dezember 2019. Zum BV der GmbH gehört ein nicht betriebsnotwendiges Mietwohngrundstück mit einem gesondert festgestellten Bedarfswert von 690.000 EUR. Im Jahr 2018 erwarb die B-GmbH einen 100 %igen Anteil an der C-GmbH (Tochtergesellschaft) für 400.000 EUR. Der Mindestwert der GmbH i. S. d. § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG beläuft sich auf 740.070 EUR.
Auszug aus der GuV-Rechnung der B-GmbH:
Lösung:
Bewertungsverfahren: Vereinfachtes Ertragswertverfahren
Die Bewertung im vereinfachten Ertragswertverfahren erfolgt wie nachfolgend dargestellt:
Der vom Betriebs-FA gesondert festzustellende Anteilswert von A beträgt demnach:
4.807.491 EUR × 10 % = 480.749 EUR
Rz. 8
vorläufig frei
Rz. 9
Zu dem nicht betriebsnotwendigem Vermögen gehören auch die mit diesem in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden (§ 200 Abs. 2 BewG). Ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Schulden und den jeweiligen WG des nicht betriebsnotwendigen Vermögens ist gegeben, wenn die Schulden zur Finanzierung ihrer Anschaffungs- und Herstellungskosten gedient haben und zu diesem Zweck aufgenommen wurden (vgl. Schnitter in W/J, § 200 Rz. 22). Verbindlichkeiten, die durch allgemeine Betriebsmittelkredite verwendet werden, können nicht direkt zugeordnet und damit berücksichtigt werden (vgl. Horn in F/P/W, § 12 ErbStG Rz. 331). Allgemein kann es vorteilhaft sein, direkt zuordenbare Kredite zum Erwerb von WG zu verwenden, die potenziell nicht zum betriebsnotwendigen Vermögen gehören, anstatt frei verfügbare liquide Mittel zu verwenden (s. Kowanda, Vereinfachtes Ertragswertverfahren, Rz. 226).
Rz. 10
Erträge und Aufwendungen, die mit dem nicht betriebsnotwendigen Vermögen im Zusammenhang stehen, sind bei der Ermittlung des Jahresertrags gem. § 202 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f und Nr. 2 Buchst. f BewG zu korrigieren (s. Eisele in R/T, § 200 Rn 3).
Rz. 11
Die WG des nicht betriebsnotwendigen Vermögens und die mit diesem in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden sind neben dem Ertragswert mit dem eigenständig zu ermittelnden gemeinen Wert anzusetzen (§ 200 Abs. 2 BewG). Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des WG bei einer Veräußerung erzielt worden wäre (s. R B 9.1 Satz 1 ErbStR). Für die Ermittlung des gemeinen Werts gilt R B 11.5 Abs. 5 bis 8 ErbStR entsprechend. Die Frage, wie der gemeine Wert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens zu ermitteln ist, wird vom Gesetzgeber nicht beantwortet. Allgemein dürften die üblichen Bewertungsvorgaben des Bewertungsgesetzes einzuhalten sein (s. auch Wälzholz, BBEV 2008, 139, 141). Folglich sind Grundbesitz, BV und Anteile an KapG, für die ein Wert nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BewG festzustellen ist, mit dem auf den Bewertungsstichtag festgestellten Wert anzusetzen. Die Basiswertregelung für die Feststellung des Werts des BVs nach § 151 Abs. 3 BewG ist hierbei zu beachten (s. Eisele in R/T, § 200 Rn. 5). Diese Regelung bewirkt, dass Werte, die innerhalb eines Jahres vor dem Bewertungsstichtag schon einmal vom FA ges...